Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 30.1917

DOI Artikel:
May, Ernst: Friedhöfe in Russisch-Polen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.21302#0076

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die polnischen Friedhöfe werden nie planiert,
sondern schmiegen sich natürlich dem Gelände
an. Auf der Stelle der höchsten Erhebung wird
häufig ein starkes Holzkreuz als Mittelpunkt
der Anlage aufgestellt. Die Einfriedigung folgt
gleichfalls dem Verlauf des Bodens. Diese An-
passung trägt viel dazu bei, den Anlagen den
Eindruck elementaren Wachstums zu verleihen.

Wenn wir nun die bei aller Schlichtheit, bei
aller Beschränkung in den Mitteln so große Wir-
kung zu erklären suchen, uns Rechenschaft geben
wollen, warum wir im Innersten erschüttert sind,
wenn wir auf einem solchen Friedhofe einsam
weilend beim Rauschen der Stürme in den
Wipfeln der uralten Baumriesen den geheimnis-
vollen Schlag der Fittiche der Ewigkeit zu ver-
nehmen vermeinen, dann gibt es darauf nur die
Antwort: diese Ruhestätten verkörpern Werden
und Vergehen in der Urform, die dem Natür-
lichen, Ungewollten von jeher den Vorrang gab

vor dem Gekünstelten, Bewußten. Hier ist alles
wahr und groß, es sind da keine Phrasen. Durch
Jahrhunderte rauschen diese Bäume, sehen Ge-
schlechter kommen und vergehen, blutige Kriege
in den nahen Gefilden toben, einfache Menschen
in sonnigen Friedensjahren ihre Felder bestellen.
Zu ihren Füßen wächst von Zeit zu Zeit ein
neues Holzkreuz aus der Erde, wenn wieder ein
Menschlein zur letzten Ruhe bestattet wird. Ein
anderes verfällt, verschwindet unter den Ein-
flüssen der Witterung; eine Unterhaltung der
Friedhöfe kennt der Pole nicht. Vielleicht folgt
er auch darin einem tiefinneren Empfinden, der
Vergänglichkeit alles Irdischen nicht in die Arme
zu greifen.

Lassen wir uns von diesen Gesichtspunkten
durchdringen, und wir werden auf den Schlacht-
feldern Friedhöfe schaffen, die in schlichter
Größe den einheimischen Totenstätten nicht nach-
stehen.

f_<fc d% 4fc du 1 M%

Ansicht der Hauptterrasse des Parkes von Troisfontaines bei Brüssel.

Nach einer älteren Aufnahme. Im Novemberheft 1916 sprach Herr von Wulffen-Mahndorf, Haus Wendgraeben, zurzeit Major in
Brüssel, die Ansicht aus, daß das jetzige Orangeriegebäude im Hintergrunde des Bildes ursprünglich das Landhaus gewesen ist,
auf welches die Gründung der Anlagen bezogen war; erst später sei dann das jetzige Herrenhaus am entgegengesetzten Ende
errichtet und die Hauptzufahrt und andere Teile des Parkes dementsprechend umgeändert. Diese Auffassung findet durch dieses

Bild ihre Bestätigung.

74
 
Annotationen