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Die Gartenkunst — 30.1917

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Röthlisberger, H. H.: Von schweizerischen Gärten
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https://doi.org/10.11588/diglit.21302#0084

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itzt noch bei niemand angetroffen habe. Auf
dieser Insel ist, ohngeachtet ihrer Kleinheit, eine
besondre Mannigfaltigkeit, sowohl in dem Erd-
reich als den Gegenden, so daß sie vielerlei Aus-
sichten darbietet, und auf verschiedene Art an-
gebauet werden kann. Man trift daselbst Aek-
ker, Weinberge, Baumgärten, fette Viehweiden,
beschattete Oerter mit allerlei Baumgattungen,
die das Wasser frisch erhält, eingefaßt."

„Die Insel ist ihrer Länge nach mit einem
hohen Wall, darauf zwei Reihen Bäume ge-
pflanzt sind, versehen, und in der Mitte dieses
Walles ist ein hübscher Saal gebauet, worinn
sich in der Weinlese des Sonntags die Bewohner
der benachbarten Ufer versammeln und tanzen.
Auf dieser Insel war ich nach der Steinigung zu
Motiers hingeflüchtet. Ich fand den Aufenthalt
daselbst so reizend, und meiner Laune so an-
gemessen, daß, da ich entschlossen war, mein
Leben daselbst zu beschließen, ich keine andere
Bekümmerniß hatte, als daß man mich meinen
Vorsatz nicht würde ausführen lassen, der sich
mit dem, mich nach England zu schleppen, und
dessen erste Wirkungen mir schon fühlbar wur-
den, nicht reimte. Bei den beunruhigenden Vor-

empfindungen, die ich damals hatte, wäre es mir
lieb gewesen, wenn man mir diesen Zufluchtsort
zum immerwährenden Gefängniß gemacht, und
mich auf Lebenslang dahin verbannt hätte. Man
würde es dadurch so weit gebracht haben, daß,
indem mir alle Gelegenheit und Hofnung, die
Insel zu verlassen, benommen gewesen wäre,
bei einer völligen Unwissenheit was in der Welt
vorginge, ich ihr Daseyn und sie das meinige
vergessen hätte."

„Man hat mir nicht viel länger als zwei Mo-
nath auf dieser Insel zu bleiben verstattet; ich
aber hätte wohl zwei Jahre, zwei Jahrhunderte,
ja die ganze Ewigkeit ohne Langeweile daselbst
bleiben können, ob ich gleich keine andere Gesell-
schaft, als die des Einnehmers und seiner Haus-
genossen hatte, die alle sehr ehrliche Leute, aber
auf der Welt nichts weiter waren. Das war aber
gerade was mir recht war! Ich halte diese beiden
Monate für die glücklichste Zeit meines Lebens,
und so sehr glücklich, daß sie mir zur Ausfüllung
meines ganzen Daseins zugereicht hätte, ohne
auch nur einen Augenblick einen Wunsch für et-
was anderes in meiner Seele zuzulassen."

„Worin bestand denn nun dieses Glück und

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