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A. Untersuchungen.

Auch später sehen wir Rathke* für die Bildung der Wirbelkörper Aehnliches aufstellen. Die um
die Chorda entstandene knorpelige Anlage schnürt mit der Verknöcherung die Wirbelsaite ein und ver-
drangt sie. Bei den Schildkröten ist jedoch einige Verschiedenheit gegeben, indem hier »die Rückensaite
nicht in der Mitte, sondern an dem Ende der einzelnen Wirbelkörper dünner und gleichsam eingeschnürt
wird«. »Spater aber erfährt sie an dem mittleren Theile der einzelnen Wirbelkörper eine stärkere Resorp-
tion, als gegen die Enden derselben und zwischen ihnen, infolge deren sie in den Wirbelkörpern selbst
schon früher verschwindet als zwischen ihnen.« Hierin liegen unverkennbare Andeutungen eines Entwicke-
lungsganges, wie ich ihn bei den Amphibien erkannt habe, allein es wird wie ein gewissermaassen aus-
nahmsweises Verhalten behandelt, da ja bei anderen Reptilien, den Schlangen und Eidechsen, eine an-
dere Bildungsweise angenommen war. Ueberdies ist die Angabe über die Gelenkbildung so abweichend
von dem von mir bei Batrachiern constatirten, dass eine erneute Untersuchung entschieden nach der einen
oder der andern Seite hin förderlich sein mussle. Durch Untersuchung einer Anzahl von Embryonen und
junger Exemplare von Lacerta agilis, Anguis fragilis und Coluber natrix ist es mir nun möglich geworden,
gerade über die mir wichtigsten Verhältnisse ausreichend sicheren Aufschluss zu erhalten.

Die jüngsten von mir untersuchten Embryonen von Anguis massen 2" an Länge und zeigten in
der ganzen Ausdehnung des Rückgrates die Chorda dorsalis als einen in regelmässigen Abständen etwas ein-
geschnürten, allein continuirlich verlaufenden Strang. Die glashelle structurlose Chordascheide besass eine

Dicke von 0,0008

Die Chordasubstanz war gleichmässig aus grossen hellen Zellen gebildet. Um die

Chorda fand ich eine gleichfalls continuirliche Knorpellage, die oben und unten äusserst dünn, seitlich
dagegen stärker entwickelt war, und sich regelmässig in die Bogenslücke fortsetzte, durch welche die ein-
zige, sogleich in die Augen fallende Gliederung in Wirbel gegeben schien. Aber auch die genauere Unter-
suchung des Knorpels liess die schon weiter vorgeschrittene Differenzirung der Wirbelsegmente erkennen.
Dicht um die Chorda fanden sich an den Slellen, welche durch Bogen ausgezeichnet waren, grössere Zellen
vor, die eine fast einfache Lage bildeten und durch Verkalkung ihrer übrigens sehr spärlichen Zwischen-
substanz einen Knochenring um die Chorda formirten. Am Rumpftheile des Körpers sassen die Bogen
ohne Spur einer Verknöcherung dem verkalkten Knorpelringe (vergl. Taf. IV. Fig. 2., welche ein etwas
späteres Stadium darstellt,) auf, und zeigten an ihrer Basis eine grosszellige centrale Zellenmasse (Fig. 2. b),
die bei geringer Vergrösserung wie ein heller Fleck sich ausnahm. Nach aussen von dieser Masse folgte
eine dunklere Knorpellage, die ohne Abgrenzung nach oben in den oberen Bogen, und am Schwanztheile
nach abwärts in den unteren Bogen überging. Wir haben somit auch hier eine einfachste Wirbelform.
Der Körper dieses Primordiahvirbels wird durch einen, von einer dünnen Knorpellage ringförmig umzogenen
Chorda-Abschnitt dargestellt, und vom Körper erheben sich continuirlich die Bogen. Nach vorn und hinten
geht der (verkalkte) Knorpelring des Wirbelkörpers in eine stärkere Lage von Knorpel über, dessen Zellen
kleiner sind als die ersteren, und der sich bis zum nächsten Wirbel erstreckt. So sind sämmlliche Wirbel
durch eine continuirliche Knorpelschichte untereinander in Zusammenhang. Ich unterscheide an dieser
Knorpelmasse den vertebralen Knorpel, der die Bogen trägt und verkalkt ist, vom intervertebralen klein-
zelligen, nicht verkalkten, und hebe besonders den Umstand hervor, dass die Chorda am vertebralen
Abschnitte fast um das Doppelte stärker ist als am intervertebralen. Die Einschnürung
der Chorda ist offenbar am intervertebralen Abschnitte durch das Wachsthum des Knorpels erfolgt. Eine
Differenzirung des Intervertebralknorpels ist auf eine doppelte Weise angedeutet, einmal verläuft um jeden
Intervertebralknorpel ein ringförmiger Streifen quergestellter Spindelzellen, nach Allem, was wir bei den
Amphibien erfahren haben, das Intervertebralligament. Es geht dieses nach unten in den Intervertebral-

* Ueber die Entwickelung der Schildkrölen. 1848, pag. öS. IT. — In dem grossen von Agassiz herausgegebenen Werke
über Entwickelung der Schildkröten finde ich über die Entwickelung der Wirbelsäule nur einzelne Andeutungen.

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