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A. Untersuchungen.

Am stärksten finde ich die intervertebrale Einschnürung an den Halswirbeln von Platydactylus. Dies scheint
das am weitesten vorgerückte Stadium der Wirbelgenese der Geckonen zu sein.* Zu einer wirklichen
Abschnürung der Chorda durch den Intervertebralknorpel. oder gar zu einer Differenzirung des letzteren
ist es jedoch auch hier nicht gekommen, und es stehen die Geckonen in dieser Beziehung sogar noch
unter den Salamandrinen, und würden sich an die Derotremen anschliessen, wenn nicht durch die reich-
lichere Verkalkung des knorpeligen Theiles der Wirbelkörper und durch die ausserordentliche Entwicke-
lung von Markcanälen, in deren Umfang Knochenlamellen gebildet sind, ein Moment der weiter fortgeschrit-
tenen Entwickelung gegeben wäre.

VIII. Von der Entwickelung der Wirbel bei den Vögeln,

besonders in Beziehung zur "Wirbelsaite.

Hier sind vornehmlich die mehrfachen Untersuchungen über die Entwickelung des Hühnchens von
Wichtigkeit, und es ist namentlich Remak's Werk, in welchem auch von den ersten Vorgängen bezüglich
der Wirbelgenese die gründlichste Darstellung geliefert wird. Desshalb kann manches von den von mir
zu speciellem Zwecke angestellten Untersuchungen übergangen werden, oder braucht nur der kurzen An-
führung. Zumal habe ich hier nur die Absicht, die Anknüpfungspunkte an die bei Amphibien und Rep-
tilien gefundeneu Thatsachen aufzudecken und hervorzuheben.

Nach Kemak** sind die aus den unteren inneren Kanten der »Urwirbel« hervorgehenden Anlagen
der Wirbel (primitive Wirbel) nur von kurzer Dauer, denn es tritt in ihren Körpern eine Quertrennung auf,
so dass die hintere Hälfte eines primitiven Wirbels sich mit der vorderen des nächstfolgenden zu einem
secundären Wirbel verbindet. Der mit dem hinteren Abschnitt des primitiven Wirbels verbunden ge-
wesene Bogen trifft nun auf den vorderen Abschnitt des secundären. Die Anlagen der Zwischenwirbel-
scheiben gehen aus dem hinteren Abschnitte des primitiven Wirbelkörpers, oder aus dem vorderen des
secundären hervor.

Die Bedeutung der von Remak als »Urwirbel« bezeichneten Theile ist bekanntlich von ihm in
einer von den Vorgängern abweichenden Weise gefasst worden. Nach meinen Beobachtungen kann ich

" Ich gab eine Zeit lang dem Gedanken Raum, dass mir hier nur individuelle Entwickelungszustände vorlägen, so
dass die Ascalaboten erst sehr spät zu ihrer definitiven Wirbelausbildung gelangten, und zuletzt doch noch Wirbelkörper mit
wahren Gelenken erhielten. Die von mir zur Untersuchung verwendeten Exemplare hatten nämlich bei weitem nicht die bei
Ddmeril und Bibhon angegebenen Grössen erreicht, und so konnte es leicht der Fall sein, dass ältere Exemplare auch andere
Verhältnisse bieten würden, so dass dann nur die langsam vor sich schreitende Entwickelung und das lange Fortbestehen
früherer Zustände von Interesse w:äre. Ich habe jene Meinung jedoch wieder aufgegeben, und zwar vornehmlich aus folgenden
Gründen: Erstlich ist, wie bekannt, das Waehsthum der Reptilien, wie das der übrigen niederen Wirbelthiere, kein mit einer
gewissen Grösse ganz abschliessendes, sondern es geht beständig, wenn auch immer langsamer vor sich, so dass die grössten
Individuen zwar die ältesten sein werden, allein damit nicht ausschliesslich den ausgebildeten Zustand repräsentiren, wie dies bei
dem einmal die definitive Grösse erlangt habenden Vogel oder Säugelhier der Fall ist. Eines der von mir untersuchten Exem-
plare von Phyllodaclylus halle die Hälfte der in Dumekil et Bibbon's Werk angegebenen Länge, und doch fand sich ein reifes
Ei im Eileiter. Das Thier war geschlechtsreif. — Zweitens finde ich im Wirbelbaue eines 9 Zoll langen Platydactylus guttatus
keine Verschiedenheit von den Structurverhältnissen der Wirbel eines nur 5 Zoll messenden, so dass dadurch eine spälere Um-
bildung in die Verhältnisse anderer Reptilien, eine mit der Grössenzunahme des Körpers fortschreitende Weiterentwickelung der
Wirbelsäule mir höchst unwahrscheinlich werden musste.

Ueberdies steht der von mir gefundene Bau der Wirbel, als einen niederen Enlwickelungszusland repräsentirend,
mit den übrigen Lebenserscheinungen der Thiere ganz im Einklänge. Er darf übrigens nicht einlach als eine niedere Bildungs-
stufe des Reptilienwirbels überhaupt angesehen werden, denn es ist in ihm eine Fortentwickelung der früheren Anlage
nach einer ganz bestimmten, von der der übrigen Reptilien abweichenden Richtung unverkennbar vorhanden.

** Untersuchungen über die Entwickelung der Wirbelthiere, p. 42.
 
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