Innen- und Aufsenssügel van Jan van SchoreeVs Altarbild zu Ober-Vellach.
,HEILIGE FAMILIE," ALTARBILD ZU OBER-VELLACH VON JAN VAN SCHOREEL
GESTOCHEN VON WILHELM HECHT.
ß [ICHT gering war das Erstaunen der Wiener Kunstforscher, als 1878 aus Ober-Vellach, einer kleinen Orts-
jM [ gemeinde in Kärnten, ein grosses Altarbild in die Restaurirschule der Wiener Gemälde-Galerie gelangte,
•eJEtlj welches den Namen Joannes Scorel hollandius und die Jahreszahl 1520 aufwies. Als nach zweijähriger
Arbeit das ungemein beschädigte, auf Kastanienholz in Tempera untermalte und mit Harzfarben in zartem Auftrag
fertig gemalte Bild, Dank der pietätvollen und geschickten Restaurirung durch den Custos Schellein, in neuem Glänze
dastand, fand man an demselben die hohe Schönheit der Composition wie der Malweise nicht minder zu bewundern
als den Reiz der Empfindung. Der innere Werth dieses Meisterwerkes, sowie desfen kunstgeschichtliche Bedeutung,
veranlassten unsere Gesellschaft, bei dem für solch' eine Aufgabe besonders geeigneten Stecher Wilhelm Hecht eine
in grossen Dimensionen gehaltene Reproduktion zu bestellen, die ganz ungewöhnlich gelungen ist.
Das Werk besteht aus dem 141 Centimeter breiten und 139 Centimeter hohen Mittelbilde und zwei, auf beiden
Seiten bemalten, 62 Centimeter breiten, die Höhe des Mittelbildes einhaltenden Flügeln. Die Innenseite der
letzteren hat die Hand des Urhebers des Mittelbildes selbst geschmückt: der das Jesuskind durch die Fluth
tragende heilige Christoph und die heilige Apollonia mit dem in der Zange sleckenden Zahn bilden den Gegen-
stand der Darstellung, die ein nach Renaissancemotiven entworfener, reicher Rahmen nach Oben abschliesst, wie
die beiden Eckstücke unserer vorstehenden Illustration zeigen. Die Aussenseiten der Flügel, welche auf unserer
Illustration die Mitte einnehmen, stellen die Geisselung Christi und das Darreichen des Schweisstuches durch die
heilige Veronika dar; sie sind von einer Hand componirt und gemalt, die weit roher und ungeübter war, als die
des holländischen Meisters, entbehren jedoch keineswegs eines erheblichen Interesses, das sich namentlich auch
auf den architeftonischen Hintergrund erstreckt. Das Mittelbild weist eine Anzahl von Personen auf, welche sich zu
dem, von der jungfraulichen Mutter auf einen freien Platz einer kleinen Ortschaft hinausgetragenen, von dem heiligen
Joseph begleiteten Jesuskinde begeben. Obwohl die in malerischer Hinsicht vortresflich berechnete Gruppirung der
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