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vom Wasser aus zugänglich waren. Das Ganze war fast wie eine Oase, von Haide umgeben, wo
zwischen Eriken undCallunen knorriges Eichen- und Kieferngestrüpp und weilse Birken in niedrigen
Gruppen wuchsen.
Diese abenteuerlichen Fahrten waren die liebslen Erholungen und konnten kaum überboten
werden, wenn die Eltern eine weitere Ferienreise bewilligten, denn sie gaben die volle, ungehemmte
Freiheit, die der Jugend den wahren Genuss gewährt. Doch in diesem Treiben gab es auch noch
Stunden der Beschaulichkeit genug, in denen das Auge an den prächtigen Linien hing, welche die
Baumgruppen an den hochansteigenden Ufern bildeten, an den farbenprächtigen Bildern, welche die
grauen, bemoosten oder hellrothen Dächer zwischen den schwarzgrünen Eichen auf hellenWiesen und
Feldern darboten. Unwiderstehlich aber wirkte der von Nymphäen umkränzte, klare Wasserspiegel.
Von modernen Gemälden kam dem Jungen wenig zu Gesicht, jedenfalls wurde die Neigung,
das Gesehene auch in der Zeichnung oder mit dem Pinsel wiederzugeben, dadurch nicht geweckt.
Von alten Bildern fesselten ihn ein kleiner Wynants ibwie eine niederländische Landschaft, welche
Hobbema zugeschrieben wurde, weil sie ihm die heimatliche Natur — und eine andere kannte er
damals kaum — wiederzugeben schienen. Die Bilder befanden sich in dem städtischen Museum auf
dem sogenannten Stadtkeller, der eine Sammlung altwestphälischer Meister, sowie von Gipsabgüssen
enthielt. Die wenigen dazu gehörigen Niederländer und ein kleines vorzügliches Gemälde von
C. F. LeITing kamen dem Gymnasiasten zuerst zu Gesseht, als der Vater ihm den Unterricht in der
Zeichenschule gestattete, welche der Maler Welsch in den Räumen der Kunstsammlung leitete. Hier
wurde nach Gips gezeichnet und wurden Bilder copirt, wobei dem Lehrer die ausgesprochene
Vorliebe des Schülers für die Landschaft auffiel.
Nachdem der Vater 1856 gestorben war, gab die Mutter dem dringenden Wunsche ihres
Sohnes, sich der Kunst zu widmen, nach. Sie fühlte, dass dem Studium eine ernstliche Richtung
gegeben werden musse und schickte ihn im Anfange des folgenden Jahres bereits nach Düsseldorf
auf die Akademie.
Beim Abschicde prägte ihm der bisherige Lehrer, welcher ein lebhaftes Interesse an den Fort-
schritten genommen hatte, ein, er möge (ich doch nicht der allzu realistischen Richtung Andreas
Achenbach's anschliessen, sondern sich der idealen Darstellungsweise des Bruders Oswald zu nähern
sliehen, welche leider der junge Kunstbeflissene nur dem Namen nach kannte. Aber seltsam war es,
dass Deiters, wie er erzählt, nachdem die ersten Eindrücke moderner Kunst in der Schulte'schen
Kunstausstellung zu einer kritischen Betrachtung sich abgeklärt hatten, gerade Andreas Achenbach
als den Mann ansah, dem unmittelbar zu folgen ihm der sicherste Weg erschien. Trotzdem wirkten
verschiedene Bilder, darunter eine vorzügliche Eichenlandschaft seines Landsmannes Alexander
Michelis so ausserordentlich auf ihn ein, dass er schon im folgenden Jahre dessen Schüler wurde.
Mehrere Jahre blieb er unter der Leitung dieses Meisters und theilte später noch einige Zeit das
Atelier mit ihm. Nach einigen kleinen Landschaften, deren Motive zumeist der Umgebung Münsters
und Burgsteinfurts entnommen waren, malte Heinrich Deiters ein Bild »Die Wasfermühle«, welches
er bei Schulte ausstellte. Er hatte die Freude, dass das Bild von dem von ihm so hochverehrten
Meister Andreas Achenbach rückhaltlos und lobend anerkannt wurde, und betrachtete dies als eine
Ermunterung auf dem Wege, indem er von seinem Lehrer abwich, nämlich in der detaillirten
Durchbildung des Einzelnen, fortzufahren. Seine Laufbahn erfuhr indessen schon im Jahre 1862 eine
Hemmung, indem ihm durch erhebliche Verluste, welche seine Mutter erlitt, die Sublistenzmittel
entzogen wurden. So sah sich denn der Zweiundzwanzigjährige sowohl bezüglich seiner künst-
lerischen Entwickelung als auch hinsichtlich des materiellen Lebens allein auf sich angewiesen. Mit
 
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