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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 17.1894

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Heft V
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Bode, Wilhelm von: Die Kleinmeister der holländischen Schule in der Galerie des Fürsten Liechtenstein in Wien, [1]: Holländische Bildnismaler, Das holländische Sittenbild, Die holländische Landschaftsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.3327#0127
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gutes Bild von Nicolas Macs angeschafft worden, die »Näherin«, ein Bild von besonders tiefer,
rothbrauner Färbung.
Dem N. Maes kommt Quirin van Brckelcnkam in den schlichten Motiven aus dem mittleren
Bürgerstande, in der gemüthlichen Ausfasfung wie in dem warmen Ton und dem Yorherrschen von
Roth in der Färbung nahe, wenn er auch selbst in seinen hesten Bildern noch hinter Maes zurückbleibt.
Die Sammlung besitzt von ihm ein kleines Bild der späteren Zeit (Nr. 434), sowie ein zweites
grösseres Bild, »die Kartenspieler« (Nr. 428). Auch dieses letzte Bild hat alle Eigenthümlichkeiten von
Brekelenkam: seine Typen, seine Compositionsart, die Farben und selbst seine Behandlung; daher
ist mir nicht recht verständlich, was es mit der Aufschrift auf dem Bilde »B. H. van Cesan« auf (Ich
hat. Sollte ein Künstler dieses Namens (der freilich meines Wissens nicht bekannt ist und jedenfalls
dem XVII. Jahrhundert noch angehört haben müsste) ein Gemälde von Brekelenkam treu copirt
haben? Oder wäre der Name aus sonst einem Grunde auf ein echtes Bild des Brekelenkam später
aufgeschrieben worden ?
Unter Gerard Ter Borclis Namen führte der alte Katalog verschiedene Bilder der Sammlung
auf; sie sind sämmtlich unecht. Von den drei Bildern, welche Fürst Johann erworben hat: ein kleines
ovales Bildnis des Landschaftsmalers Jan van Goyen, von feiner Individualität und malerischer
Wirkung, sowie die grösseren Bildnisse eines vornehmen Holländers und seiner Gemahlin, Verwandte
des Malers, stehend, in ganzer Figur, sind die beiden letzten durch die Liberalität des Fürsten der
wiederholt schon glänzend bedachten Galerie des Rudolfinums überwiesen. In solchen Bildnissen
kommt der Feinmaler Ter Borch, trotz der kleinen Dimensionen seiner Bilder, dem Yelazquez nahe
durch den schlichten Ernst der Auffassung; wie der grosse Spanier, weiss Ter Borch in solchen
Einzelbildnissen durch die Verbindung der grössten Einfachheit mit einer raffinirten Ausübung
aller malerischen Mittel und voller Meisterschaft der Zeichnung eine wahrhaft grosse Wirkung
hervorzubringen.
Im entsehiedensten Gegensatz zu Ter Borch sleht Jan Stcen. Ist jener einfach, ja anseheinend
zuweilen fast einförmig in seinen Motiven, schlicht in der Composition und ohne grössere Bewegung,
so ist Steen stets neu und pikant; nicht die schlichte Zuständlichkeit, sondern belebte Scenen mit
humoristischen Bezügen wählt er zu leinen Vorwürfen. Kein anderer Künstler hat die kleinen
Schwächen des mensehlichen Lebens, die komischen Seiten des holländischen Philisterthums seiner
Zeit so mannigfach und humoristisch wiedergegeben, so treffend gegeisselt, wie gerade Jan Steen.
Freilich nicht seiten, namentlich in seiner späteren Zeit, auf Kosten der Durchführung und der
malerischen Wirkung. Die Liechtenstein-Galerie hat aus neueren Erwerbungen zwei seiner Gemälde
aufzu weisen.
Das eine, »die Zecher«, ist ein Bild von derbem, schlichten Humor, von kräftiger, tiefer
Färbung, dem Ostade verwandt. Das zweite Bild, »der Brief«, erscheint in der Einfachheit des Motivs
und der wunderbaren malerischen Durchbildung dem Ter Borch und Frans Mieris verwandt. Bilder
von dieser höchsten malerischen Vollendung bei der grössten Einfachheit der Darstellung hat
der Künstler nur ausnahmsweise gemalt. Ein bekanntes Hauptwerk dieser Art ilt »die Dame
am Ciavier« in der National Gallery zu London; diesem Bilde ist das Liechtenstein'sche Gemälde
vollständig gewachsen. In der Feinheit der Färbung, in dem emailartigen Schmelz der Farben, in
derDelicatesse der Durchbildung steht der Künstler hier einem Frans Mieris in seinen besten Arbeiten
gleich; dabei ist er ihm aber in der Frische der Auffassung, in der Freiheit der Pinseiführung weit
überlegen. Nach der Ausschrift auf dem Briefe »an de schoone Batseba« hat Jan Steen hier ein
biblisches Motiv ganz einfach als Scene aus dem holländischen Leben behandelt.
 
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