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heiteren Sonnenscheinlaune, der Frische seines Natursinnes, der spielenden Lebhaftigkeit seiner
Phantasie und der Gewalt des wahrhaften Humoristen, Tausende mit seiner Freude anzustecken.
In diesem glücklichen Lebensschicksal liegt etwas von demselben Gesetze des Kontrastes, das aus
dem in einer finsteren Londoner Gasse geborenen Turner einen begeisterten Verehrer der Natur
und einen malerischen Zauberer des Lichts gemacht hat.

Einen Vergleich zwischen Larsson und seinem um sieben Jahre jüngeren Landsmann Zorn
anzustellen, mag sonderbar erscheinen, so verschieden sind die beiden; gerade aber die Verschieden-
heit, die in fast allen Dingen zwischen ihnen besteht, beleuchtet scharf die Eigenart eines jeden.

Beide stammen aus dem schwedischen Bauernstand. Der Vater Larssons ist ein Bauern-
sohn aus Södermanland, der nach Stockholm kam und dort Arbeiter (Getreideträger) wurde.
Die Mutter Zorns ist Dalekarlierin und er selbst wuchs in Mora auf, im Herzen von Dalekarlien,
der alten stolzen schwedischen Landschaft, wo zu Beginn der neueren Zeit die Freiheit des
Landes ihre Rettung fand. In allem Übrigen aber welche Verschiedenheit!

Zorn ist ein Künstler von mehr kosmopolitischem als spezifisch schwedischem Charakter. Schon
von Geburt aus ist er ja nur zur Hälfte schwedisch (sein Vater war ein deutscher Brauer) und von
seinen Kunstwerken mit schwedischen Motiven sind es außer einigen seiner Bildnisse von
Dalekarlierinnen und einigen Gemälden mit landschaftlichem Hintergrund meines Wissens
eigentlich nur zwei, die einen wirklich schwedischen Eindruck machen: der Johannistanz (National-
museum zu Stockholm) und die Statue Gustaf Wasas (in Mora).

Was die künstlerische Begabung Zorns betrifft, so ist sie nicht in dem Grade ausschließlich
malerisch, wie man es sich gewöhnlich vorstellt. Er hat ja einige vollkommen meisterhafte
Skulpturen geschaffen, die nicht spezifisch malerisch behandelt sind, sondern eine Betrachtung
von allen Seiten vortrefflich vertragen (die kleine Holzbüste »Großmutter«, die kleine Bronze-
gruppe »Faun, eine Nymphe küssend« und die Statue Gustaf Wasas). Aber sobald er zum
Pinsel oder zur Radiernadel greift, ist er ganz ausschließlich Maler. Alles erscheint ihm wie
Brechungen von blitzendem Lichte und dunkler Finsternis und die Umrisse werden scheinbar
verschlungen, dennoch aber gleichsam verborgen erhalten in dem schimmernden Spiel der Farben-
flecken oder der fast noch unbegreiflicheren Zauberei der parallelen radierten Strichlagen.

Für Larsson, der in seiner Technik direkt und bewußt sich an die schwedische Bauernmalerei
anschließt und dessen echt schwedischer Charakter in seinen Typen und Landschaften jedem
gleich in die Augen fällt, wird ebenso ausschließlich alles, was er sieht, in erster Reihe zum
Umriß, zur fest begrenzten Gestaltung, woran die lichte Farbe sich wie eine liebenswürdige,
diskrete Begleitung anschließt. Es sind die Meister der Linie, die er liebt und die seine geistigen
Lehrmeister geworden sind. Dürer, dessen heiligen Hubertus er als Knabe Strich für Strich ab-
zeichnete, ist ihm mit den Jahren immer lieber geworden, er erscheint ihm als der Größte von
allen. Die Japaner haben auf ihn eingewirkt, sowohl durch ihre allgemeine Weise zu zeichnen
und den Raum einzuteilen, als auch besonders durch ihre anmutigen und dekorativen Blumen-
malereien mit ihrem liebevollen Betonen jeder einzelnen Pflanze. Ja, der Künstler hat selbst einmal
(indem Buche »Die Meinen« 1895) Japan »sein künstlerisches Vaterland« und die Japaner »die
einzigen wirklichen Künstler der Gegenwart auf der Welt« genannt. In seinem dekorativen Wand-
gemälde »Kunst der Gegenwart« läßt er auch einen Japaner als Lehrmeister bei der Staffelei des
Freilichtmalers stehen.

Eine ebenso mächtige Anregung hat die Kunst Larssons durch die alten schwedischen Bauern-
malereien aus dem Ende des XVIII. Jahrhunderts erhalten, mit ihrer einfachen, stilisierenden

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