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Seine »Zurückgekehrte Wall-
fahrerin« vom Jahre 1838, sein
»Morgen nach dem Kirchtag«
von 1846 mit dem gähnenden
Schulmeister — sie wollen noch
immer Jan Steenisch anmuten.

In diese Zeit fällt Danhausers
rasches Aufblühen und Ver-
gehen. Er ist mit Fendi und Eybl
der bedeutendste Vertreter der
Wiener Sittenmalerei, nicht
bloß des Vormärz; wodurch
Waldmüller über ihn emporragt,
ist auf einem anderen Gebiete,
im Bildnis und in der Land-
schaft zu suchen. Danhausers
hundertjähriger Geburtstag
(18. August) und sein sechzig-
jähriger Todestag (4. Mai) sind
Anlaß genug, seiner ausführ-
licher zu gedenken.

Wodurch sich des Künstlers
stärkere Eigenart erweist, ist
sein Abfall von den Nieder-
landen. Er ist Wiener. Er gibt
sein Volkstum mit den Empfin-
dungen seiner Zeit, mit den
romantischen Neigungen, die
zwischen Übermut, Sarkasmus
und Weltschmerz schwanken.

Aber er gibt sie — das ist sehr widerspruchsvoll und doch verständlich - ■ als Schüler Peter
Kraffts, der ein Feind der Romantiker war, im vermeintlichen Gegensatz zu ihr, mit bewußtem
Streben nach realistischer Erfassung der Gegenwart und offensichtlicher Hintansetzung der
hergebrachten historischen Vcrgangenheitsschilderungen.

Schließlich gibt Danhauser vor allem die Farbensehnsucht seiner Zeit. Rubens ist sein Mann,
derselbe Rubens, welchen in Paris zur selben Stunde Delacroix bewundernd den »Homer der
Malerei« nennt. Für ihn zu schwärmen fand sich in Wien genug Gelegenheit. Daß er darin von
seinem Lehrmeister Krafft bestärkt wurde, lehren dessen Geschichtsmalereien, namentlich der
»Zriny« im Hofmuseum. Dieser im Jahre 1826 gemalte Brückenkampf mit seinem kühn dahintobenden
Menschengewühl deutet im Entwurf wie in dem neuartigen Bestreben nach kraftvoller Schön-
farbigkeit auf den großen Vlamen. In flüchtigen Aufzeichnungen seines Tagebuchs kehrt Danhauser,
den Kraffts Zriny in seinem empfänglichsten Alter getroffen hatte, wiederholt auf Rubens zurück.
Was er in ihm suchte, dafür ist namentlich folgende Stelle seiner bisher unveröffentlichten Tagebuch-
blätter bezeichnend. Es heißt darin: »Je weiter uns die Gegenstände entrückt werden, je deutlicher

Josef Danhauser, Ölgemälde vom Jahre 1836 im Historischen Museum der Stadt Wien.

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