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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 31.1908

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Kuzmany, Karl Michael: Jüngere österreichische Graphiker, [2]: II. Holzschnitt
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https://doi.org/10.11588/diglit.4232#0089
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Originalholzschnitt von Rudolf Jettmar.

hergab, vervielfäl-
tigt unter die Leute
zu bringen. Indem
man aber dem kon-
ventionellen An-
schauungsbild ge-
flissentlich auswich
und die Umrisse so-
wie die koloristi-
sche Erscheinung
auf primitive For-
men herabstimmte,
ging man bis zum
äußersten. Wie ja
die ganze Bewe-
gung als eine Anti-
these zu der über-
feinerten Malweise
des Impressionis-

mus zu beurteilen ist, müssen auch viele der Holzschnitte antithetisch als gekünstelt-einfach,
als geschraubt-treuherzig bezeichnet werden. Ein Kalender für das Jahr 1903 zeigt mehr Besonnen-
heit und Geschmack, so daß die poetischen Eingebungen der Illustratoren nicht durch plumpe
Übertreibungen zu leiden haben. Allgemach befreundet man sich auch damit, farbig zu drucken,
freilich nicht im realistischen Aufteilen vieler Lokaltöne, sondern man verwendet die Farbe
lediglich als eine Stütze für die Gesamterscheinung; zu dem Stimmungselement kommen dann
keckere Akzente, ohne daß man sich dazu verstünde, das Naturbild in seinem vielstimmigen Akkord
wiederzugeben. Das ist der Scheidepunkt für zwei später weit auseinander gehende Richtungen
des farbigen Holzschnitts.

Viele Neubekehrte kamen aus dem Lager derer, die sich mit der kunstgewerblichen Flächen-
kunst beschäftigten. Auch der Zusammenhang des auf dekorative Wirkung bedachten Holzschnitts
mit dem Plakat- und Illustrationswesen ist nicht zu übersehen. Alle diese Bestrebungen hatten an
der Wiener Kunstgewerbeschule einen triebkräftigen Nährboden, seit sie unter dem Direktor
Felizian Freiherrn von Myrbach den modernen Lehrmethoden erschlossen war. Es wurde nicht
mehr nach Vorlagen ein Kultus mit historisch gewordenen Stilen getrieben; auf Grund genauen
Naturstudiums empfing das Auge die Schulung, das Wesentliche schnell zu erfassen und es für
den jeweiligen Zweck flächenmäßig umzudeuten. Die Professoren Alfred Roller (geb. Brünn 1864),
Koloman Moser (geb. Wien 1868) und, an einer Privatanstalt tätig, Adolf Böhm (geb. Wien 1861)
sind hier zu nennen, obwohl nur Moser, das biegsamste Talent unter den Jüngeren, mit Holz-
schnitten an die Öffentlichkeit getreten ist. Das geschah im »Ver Sacrum«, wo auch die Schüler
und Schülerinnen jener Künstler ganze Hefte mit ihren Probeleistungen füllten, von deren
wichtigsten, sofern sie nicht überholt wurden, späterhin die Rede sein soll. Die eigentliche Ver-
suchsstation war das Untergeschoß im Hause der Sezession; dort haust heute noch Leopold
Stolba, in eine absonderliche Welt maltechnischer Tüfteleien versponnen — es wurde seiner schon
anläßlich der Radierer-Monotypien gedacht — und bewirtschaftet das Laboratorium. In der durch
 
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