ganz in Vergessenheit geratene Sitte kunstsinnigen Altwiener Bürgertums, die Wohnhäuser von
Künstlerhand mit Wahrzeichen schmücken zu lassen, auf vorbildliche Weise wieder belebt hat.
1909 schied Andri aus dem Verband der Sezession aus, in den er vor zehn Jahren als Mit-
glied eingetreten war. Die besprochenen kirchlichen Arbeiten reichen bereits bis ins Jahr 1912, wo
ein großer Teil von ihnen, wie bereits erwähnt, im Österreichischen Museum zu sehen war. 1913
beschickte der Künstler ausgiebig die Ausstellung im Glaspalast zu München.
1914/15, also schon zur Zeit des Krieges, schmückte Andri das Badezimmer der von Hoff-
mann erbauten Primavesi-Villa in Hietzing mit einfachen und ansprechenden, aber doch wohl-
abgewogenen und wohldurchdachten Kaseingemälden, die die mannigfachen Formen des Wassers
versinnlichen und, ohne Nachempfindungen zu sein, von antikem Geiste erfüllt sind. Auch die Holz-
schnitzereien über dem Eingang in den Baderaum rühren von Andris Hand her.
Mit dem Kriege aber hebt auch in Andris künstlerischer Entwicklung ein neuer, wichtiger
Abschnitt an. Er rückte zuerst als Offizier ein, später war er als Kriegsmaler an der Front. Er lernte
den Kriegsschauplatz in Serbien, Dalmatien, Montenegro, Albanien und Südtirol kennen.
Andri hatte auch als Stilist nie die große Lehrmeisterin vergessen. Allen seinen kirchlichen
Aufgaben, die er zugleich auf möglichst einfache und möglichst eindrucksvolle Weise zu lösen ver-
suchte, liegen stets gewissenhafte, ehrliche Naturstudien zugrunde, und an frischen, unbefangenen
Arbeiten nach der Natur, zum Beispiel nach Tiroler Bauern und Bäuerinnen, wie er ihnen etwa in
der Gegend von Klausen, wo er sich vor dem Krieg jeden Sommer aufzuhalten pflegte, begegnete,
erholte er sich gleichsam von seinen hieratischen Werken, an denen neben dem künstlerischen
Urtrieb immerhin auch der grübelnde Verstand Anteil hatte.
Nun aber sah er sich auf einmal einer überquillenden Fülle neuartiger und zum Teil malerisch
höchst anziehender Motive gegenüber, was Wunder, daß dieses Zusammentreffen seinem Schaffen
einen mächtigen Ansporn gab, es gewissermaßen auffrischte, verjüngte und steigerte. Der Künstler
will heute zwar von seinen in ihren Vorwürfen auf die Ostküste der Adria zurückgehenden Arbeiten
nichts wissen, sie interessieren ihn bereits nicht mehr und er ist geneigt, sie gering einzuschätzen,
das ändert aber nichts an der Tatsache, daß seine Skizzenbücher voll köstlicher Studien, besonders
nach albanischen, montenegrinischen und dalmatinischen Landestrachten sind, daß er mit flinkem,
sicherem Stifte etwa auch das Volksgewühl im Basar von Skutari oder eine scheinbar mit den
kahlen Karstfelsen zu eins verwachsene alte venezianische Festung naturgetreu festgehalten hat
und daß sich — und das gibt natürlich den Ausschlag — unter den hiehergehörigen Arbeiten
Meisterwerke wie zum Beispiel die 1918 auf Seite 3 der »Graphischen Künste« abgebildeten
»Essadleute« oder das hier wiedergegebene »Nachtlager« befinden. An der südtirolischen Front
war Andri in der Wahl der Vorwürfe weniger frei. Aber wie er die ihm gestellte, an sich keines-
wegs verlockende Aufgabe, von einem recht beleibten Heerführer ein lebensgroßes Porträt in
ganzer Figur und außerdem noch ein kleineres Reiterbildnis anzufertigen, künstlerisch einwand-
frei gelöst hat, verdient die höchste Anerkennung. Die beiden Gemälde sind geradezu muster-
gültige Repräsentationsporträte.
Eine Lokalsängerin hatte eine hübsche Stimme und ein ausgezeichnetes Gehör, kannte aber
keine einzige Note; gleichwohl sang sie mit größter Sicherheit auch die schwierigsten Partien. Ein
reicher Verehrer setzte es sich in den Kopf, ihr systematischen Musikunterricht erteilen zu lassen,
und die Folge war, daß sie auf der Bühne unsicher und befangen wurde und sich schließlich von
ihr zurückziehen mußte. Obwohl es sich natürlich bei Andri niemals so verhalten hat, weisen der
Fall der Sängerin und der unseres Künstlers dennoch eine entfernte, ganz, ganz schwache Ähnlichkeit
54
Ferdinand Andri, Nacht!
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Künstlerhand mit Wahrzeichen schmücken zu lassen, auf vorbildliche Weise wieder belebt hat.
1909 schied Andri aus dem Verband der Sezession aus, in den er vor zehn Jahren als Mit-
glied eingetreten war. Die besprochenen kirchlichen Arbeiten reichen bereits bis ins Jahr 1912, wo
ein großer Teil von ihnen, wie bereits erwähnt, im Österreichischen Museum zu sehen war. 1913
beschickte der Künstler ausgiebig die Ausstellung im Glaspalast zu München.
1914/15, also schon zur Zeit des Krieges, schmückte Andri das Badezimmer der von Hoff-
mann erbauten Primavesi-Villa in Hietzing mit einfachen und ansprechenden, aber doch wohl-
abgewogenen und wohldurchdachten Kaseingemälden, die die mannigfachen Formen des Wassers
versinnlichen und, ohne Nachempfindungen zu sein, von antikem Geiste erfüllt sind. Auch die Holz-
schnitzereien über dem Eingang in den Baderaum rühren von Andris Hand her.
Mit dem Kriege aber hebt auch in Andris künstlerischer Entwicklung ein neuer, wichtiger
Abschnitt an. Er rückte zuerst als Offizier ein, später war er als Kriegsmaler an der Front. Er lernte
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Andri hatte auch als Stilist nie die große Lehrmeisterin vergessen. Allen seinen kirchlichen
Aufgaben, die er zugleich auf möglichst einfache und möglichst eindrucksvolle Weise zu lösen ver-
suchte, liegen stets gewissenhafte, ehrliche Naturstudien zugrunde, und an frischen, unbefangenen
Arbeiten nach der Natur, zum Beispiel nach Tiroler Bauern und Bäuerinnen, wie er ihnen etwa in
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und daß sich — und das gibt natürlich den Ausschlag — unter den hiehergehörigen Arbeiten
Meisterwerke wie zum Beispiel die 1918 auf Seite 3 der »Graphischen Künste« abgebildeten
»Essadleute« oder das hier wiedergegebene »Nachtlager« befinden. An der südtirolischen Front
war Andri in der Wahl der Vorwürfe weniger frei. Aber wie er die ihm gestellte, an sich keines-
wegs verlockende Aufgabe, von einem recht beleibten Heerführer ein lebensgroßes Porträt in
ganzer Figur und außerdem noch ein kleineres Reiterbildnis anzufertigen, künstlerisch einwand-
frei gelöst hat, verdient die höchste Anerkennung. Die beiden Gemälde sind geradezu muster-
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Eine Lokalsängerin hatte eine hübsche Stimme und ein ausgezeichnetes Gehör, kannte aber
keine einzige Note; gleichwohl sang sie mit größter Sicherheit auch die schwierigsten Partien. Ein
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und die Folge war, daß sie auf der Bühne unsicher und befangen wurde und sich schließlich von
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