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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 54.1931

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Eckhardt, Ferdinand: Berliner Graphiker der Nachkriegszeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6346#0036
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Rottluff, Heckel und
Pechstein ist er der
malerischeste. In sei-
nen Holzschnitten, in
denen er wohl das
beste geleistet hat,
reißt er das Holz
förmlich auf und zer-
fasert es, und erreicht
dadurch Wirkungen,
die sonst fast nur in
Gemälden erreichbar
sind. Bei aller Ex-
pressivität beherrscht
er die Fläche,daß kein
Fleckchen mehr Weiß

herausgeschnitten
sein dürfte. Das Groß-
artigste sind seine
Gebirgslandschaften,
daneben halten sich
aber mancher Kopf

Radierung.

Max Pechstein, Getändel (Paul Cassirer, Berlin).

und manche Figurenkomposition. In der Radierung reißt er die Umrisse ganz scharf aus dem Metall
oder er ätzt sie ganz tief hinein, füllt sie durch ein unruhiges Zickzack in der Fläche aus und gibt dann
der Platte durch Anätzen einen leichten Ton. Da er seine Drucke fast ausschließlich alle selber herstellt,
ist es ihm möglich, noch durch die verschiedensten Drucktechniken malerische Wirkungen zu erzielen.
Dies gilt sowohl für den Holzschnitt, bei dem er wohl mit den Fingern und mit dem Ballen fast model-
lierend nachhilft, um die Struktur der ausgehobenen Stellen gleichfalls herauszubekommen, als auch
für die Lithographie,bei der er sich nicht immer nur auf die Lithographenfarbe beschränkt, sondern auch
Drucke mit anders haftenden Farben versucht, vor allem aber gilt es für die Radierung, bei der er durch
Aufsetzen von hauchartig feinem Lappen- und Handton die malerische Wirkung zu steigern versteht.1
Unter den in Berlin gebliebenen Künstlern der »Brücke« ist Karl Schmidt-Rottluff, geboren
1884 in Rottluff (Chemnitz), die eigentliche Kraftnatur. Am liebsten arbeitet er in Holz, und zwar
in gewöhnlicher Fichte, weil diese am meisten den Charakter des Holzes trägt. Hie und da aber
auch auf der Platte, dann meist mit dem Stichel in Zink oder Kupfer, weil jede andere Technik zu
schwächlich wäre, um seine Evolutionen auszudrücken. Während des Krieges hat er längere Zeit
in Rußland gelebt, und fast scheinen seine Figuren etwas von der Schwere, Plumpheit, aber
auch etwas von dem tiefen Inhalt, der Religiosität des russischen Bauern zu haben. Seine Schwarz-
Weiß-Holzschnitte, vereinfacht auf wenige große Flächen, die meist in eine Reihe heller Schnitte
und dunkler Streifen aufgelöst sind, wirken wie kaum eine andere Graphik farbig. Überall fühlen
wir die kräftigen und leuchtenden Farben seiner Bilder, und sie machen, zusammen mit den auf
symbolhafte Deutlichkeit vereinfachten Gesten der Figuren, den packenden Inhalt seiner Arbeiten

1 Graphische Folgen: .David und Absalon« (Holzschn.). ,Das Stiftsfräulein und der Tod« (Holzschn. Döblin, 1920). .Triumph der Liebe«
(Holzschn.). Boühart, .Neben der Heerstraße. (Holzschn., 1923). G. Heym, .Umbra Vitae« (47 Holzschn., 1924). — Literatur: G. Schiefler, Das
Graph.Werk E. L. Kirchners bis1924(Euphorion-Vert., 1924-1926). Grohmann. DasWerk E. L. K. (Dresden 1920). Kunstblatt, 1925, Heft 3 (Grohmann).

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