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EBERHARD PREIME (f) / NACHTRÄGE UND ZUSÄTZE ZU DEM
STOLLSCHEN VERZEICHNIS DER RADIERUNGEN VON L. E. GRIMM

Als Wessely für den V. Band von Andresens „Deutschen Malerradirern des neunzehnten
Jahrhunderts" (S. 117—96) 1878 das Oeuvre von L. E. Grimm bearbeitete, lag ihm ein von der
Hand des Künstlers geschriebenes Verzeichnis vor, das 211 Nummern enthielt, aber selbst
schon am Schluß bemerkte, daß nicht alles aufgenommen sei. Wessely konnte die Zahl der
Radierungen um sechzehn Blätter vermehren. A. Stoll hat dann 1911 gelegentlich seiner
liebevoll kommentierten Herausgabe der „Erinnerungen aus meinem Leben" von L. E. Grimm
vier Nummern (eigentlich drei, da W. 106 und 160 identisch sind) des Wesselyschen Kataloges
mit Recht verworfen, seinerseits aber noch zwanzig neue Blätter hinzufügen können, sodaß
sein Verzeichnis nun 244 Radierungen enthält. (St. 240 ist aber irrtümlich hier eingeordnet,
es ist eine Lithographie). Nachdem unlängst zu dem schon vorhandenen reichen Grimm-
Bestand des Kasseler Kupferstichkabinettes die Grimm-Schätze einer vorzüglichen Privat-
sammlung erworben werden konnten, förderte eine neue Durcharbeitung des gesamten Materials
noch allerlei Neues zutage, das ich an dieser Stelle in einem kleinen Nachtragi-verzeichnis
mitteilen möchte. Die von Stoll „jetzt wohl als fast vollständig" erachteten Angaben über die
Zustände der Grimm-Radierungen ließen sich nicht unwesentlich durch die Auffindung von
etwa zwanzig neuen Zuständen vermehren, die insofern besonderes Interesse verdienen können,
als es sich meist um unbekannte erste handelt, die wichtige Einblicke in den Entstehungs-
und Arbeitshergang gestatten. Überdies aber sind fünf bisher nirgends beschriebene Blätter
aufgetaucht. Ich möchte aber auch bei dieser Gelegenheit die Stollschen Angaben über unter-
schiedliche Etats hier und da ergänzen, weil zwar die Kennzeichnung eines Zustandes durch
fehlende oder beigefügte oder wieder gelöschte Schrift oder Numerierung zur Identifi-
zierung und Kenntnis des Plattenalters ausreichend sein mag, aber die viel wichtigeren Dinge,
nämlich das Fortschreiten der künstlerischen Arbeit und der Bildidee selber, gar nicht zum
Ausdruck bringt, woran doch dem Kunstforscher vor allem gelegen sein muß, während jene
mechanischen Dinge eigentlich nur dem Händler zur Seltenheitsempfehlung und Preiserhöhung
nützen können. Wo also Stoll, vielleicht um Platz zu sparen, abweichende Zustände nur
äußerlich kennzeichnet, in der Tat aber wirkliche Veränderungen der Bilderscheinung vor-
handen sind, trage ich eine ausführlichere Beschreibung der charakteristischen neuen oder
gelöschten Arbeiten nach. Das Werk gewinnt, denke ich, auf diese Art an Mannigfaltigkeit
und Interesse.

Um L. E. Grimm als Künstler hat sich die Forschung nur sehr stiefmütterlich gekümmert.
Gewiß, er ist keiner der Großen im Reich der Kunst, aber um seiner treuherzigen und auf-
richtigen Schlichtheit und echten Bescheidenheit willen verdiente er, da er außerdem gerade
in seiner Stille einer der liebenswürdigsten Repräsentanten seiner beschaulichen, innerlichen
und gemütversunkenen Zeit ist, mehr Beachtung, als ihm gezollt wird. Es ist noch niemals
versucht worden, den Entwicklungsgang des Radierers Grimm aufzuzeigen, eine Arbeit,
die zwar keine überraschenden persönlichen Effekte erzielen würde, aber dem Allgemeinen,
von dem diese Kunst und dieser in der Stille wirkende Mann getragen wird, einen tieferen
und volleren Klang zu geben vermöchte, als ihn bloße Stilbegriffe haben können. Der größere
Teil der Grimmschen Radierungen trägt Namen und Datum und mit seiner Hilfe müßte der
übrige Rest sich chronologisch und entwicklungsgeschichtlich einordnen lassen. Erst eine
solche Darstellung würde Umfang und Art der Grimmschen Radierkunst innerhalb der
Grenzen seiner Epoche zu erkennen und zu schätzen erlauben. H. Altmüller schrieb 1901
im Hessenland (S. 240 ff. und 258 ff.) für unseren Künstler eine herzliche und teilnahmsschöne

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