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FRITZ NOVOTNY / HOLZSCHNITT UND STRICHÄTZUNG IM WERK

WILHELM BÜSCHS

Es ist eine weitverbreitete Erkenntnis, daß Wilhelm Busch zu den Künstlern zählt, deren
persönliche Eigenart nach einer kurzen Werdezeit bereits früh entwickelt ist und daß von da
ab in seiner Kunstform tief einschneidende Wandlungen nicht mehr auftreten. Zu dieser
Erkenntnis von relativer, im Verhältnis zu anderen Künstlern geltender Richtigkeit steht auch
die Vielfalt graphischer Ausdrucksformen nicht in Widerspruch, die für Büschs Gesamtwerk
bezeichnend ist, denn dieses Vielerlei tritt mehr im Nebeneinander als im Nacheinander auf.
Eingeschränkt aber wird sie durch einen Umstand, der bisher wenig beachtet oder in miß-

1 a, b. Wilhelm Busch, Aus „Der Eispeter" (Holzschnitt und Zeichnung).

verstehender Weise gedeutet wurde: der Wechsel von der Holzschnittreproduktion zu der
zinkographischen Vervielfältigung, der sich in den Bildergeschichten Büschs mit dem Jahre
1876 vollzog, bedeutet doch mehr als nur die Änderung einer graphischen Reproduktions-
technik, es zeigen sich bei eingehenderem Vergleich ziemlich tief das Wesen der künstlerischen
Gestaltungs- und Anschauungsweise berührende Unterschiede.

Es seien zunächst an einem Gegensatzpaar die bedeutsamsten Unterschiede dargelegt:
an einem der Holzschnitte aus dem „Eispeter" von 1864 (Abb. 1 a) und einer Zeichnung der
thematisch verwandten „Kalten Geschichte", aus den 1878 erschienenen, zinkographisch
gedruckten „Haarbeuteln" (Abb. 2). Der rasch Urteilende wird geneigt sein, auf der einen
Seite einfach ein von den charakteristischen Eigentümlichkeiten und Unvollkommenheiten
der Holzschnittillustration bestimmtes Werk zu sehen, und nur in dem Bild aus der „Kalten
Geschichte" eine wirkliche, unverfälschte Zeichnung Büschs in einer nichts Wesentliches
unterdrückenden oder abändernden Wiedergabetechnik. Nach dieser Anschauung — sie ist
die übliche, fast durchwegs unwidersprochene — wäre ein Vergleich im eigentlichen Sinn
gar nicht angebracht.

Das mit dieser Meinung verbundene abschätzige Werturteil über die Holzschnittübersetzung
soll hier zunächst nicht kritisiert, sondern es soll zuerst einmal nur die Verschiedenheit der

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