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Deutscher Altphilologenverband / Landesverband Rheinland-Pfalz [Hrsg.]; Glücklich, Hans-Joachim [Gefeierte Pers.]; Loos, Hartmut [Bearb.]
Athlon: Festschrift für Hans-Joachim Glücklich — Speyer: Landesverband Rheinland-Pfalz im Deutschen Altphilologenverband, 2005

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.53136#0209
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Andreas Fritsch
Was heißt heute „lebendiges“ Latein?

203

Was heißt heute „lebendiges” Latein?1
Andreas Fritsch

Man mag es begrüßen oder bedauern, jedenfalls ist es eine Tatsache, dass das Lateini-
sche auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts - nach Englisch und Französisch - die dritt-
häufigste Fremdsprache an den Schulen der Bundesrepublik Deutschland ist. Aber ist
Latein überhaupt eine „Fremdsprache”? Ist es überhaupt eine „richtige” Sprache? Es
wird zwar an deutschen Schulen als erste, zweite oder auch spätere Fremdsprache ge-
lehrt, und zwar von der 5., 6., 7., 9. oder 11. Jahrgangsstufe an. Doch ist das eigentlich
ein erstaunliches Kulturwunder, weil das Lateinische - nach der Definition mancher
Sprachwissenschaftler und nach landläufiger Vorstellung - bereits seit anderthalb Jahr-
tausenden eine „tote” Sprache ist. Aber was heißt hier „tot”? GOETHE und SCHILLER
dichteten gemeinsam: „Tote Sprachen nennt ihr die Sprache des Flaccus und Pindar, /
Und von beiden nur kommt, was in der unsrigen lebt!”2 Für den Lehrer der lateinischen
Sprache, für sein eigenes Verhältnis zum Unterrichtsgegenstand ist es nicht unwichtig,
ob er diese Sprache als „toten” Stoff empfindet, den er bestenfalls mit allerlei methodi-
schen „Tricks” künstlich „verlebendigen” kann, oder ob das Latein etwas „Lebendi-
ges” ist, das in einer „lebendigen” Beziehung zum kulturellen „Leben” der Gegenwart
steht und auch „lebendig” vermittelt werden kann. Was ist in Bezug auf den modernen
Lateinunterricht mit der Bezeichnung „lebendiges” Latein gemeint? Die folgenden
Überlegungen wollen einen kleinen Beitrag zur Klärung dieser Frage leisten.
1 Diesen (ursprünglich bereits zum 60. Geburtstag von HANS-JOACHIM GLÜCKLICH verfassten)
Aufsatz habe ich - dem jeweiligen Adressatenkreis entsprechend abgewandelt - als Referat
am 9. November 2001 auf der Tagung „Berliner November 2001“ der „Academio Internacia
de la Sciencoj, San Marino“ (in Zusammenarbeit mit der „Gesellschaft für Kybernetik“, der
„Stiftung Europaverständigung e.V.“ und der „Gesellschaft für sprachgrenzübergreifende eu-
ropäische Verständigung - Europa Klub e.V.“; Ltg. Prof. Dr. Helmar G. Frank) im Club-
haus der Freien Universität Berlin und am 24. Nov. 2001 auf der Tagung der „Gesellschaft
für Interlinguistik“ im Jagdschloss Glienicke (Ltg. Dr. Detlev Blanke) auswahlweise vor-
getragen. Er ist von den jeweiligen Veranstaltern in ihren Publikationsorganen (a und b) in
unterschiedlicher Version veröffentlicht worden und erscheint in der hier vorliegenden Fest-
schrift für Hans-Joachim Glücklich in seiner (aktualisierten) Originalform.
a) Was heißt heute „lebendiges“ Latein? In: Siegfried Piotrowski, Helmar G. Frank
(Hgg.): Europas Sprachlosigkeit. Vom blinden Fleck der „European Studies“ und seiner euro-
logischen Behebung. München: KoPaed Verlag 2002, S. 203-214.
b) Lebendiges Latein - was ist das und wer spricht es? In: Interlinguistische Informationen -
Mitteilungsblatt der Gesellschaft für Interlinguistik, Beiheft 8, November 2002, S. 53-67.
2 Goethe, Gedichte in zeitlicher Folge. Hg. von Heinz Nicolai. Wiesbaden 1978, 1. Bd., S.
413 (Tabulae Votivae). - Erinnert sei an das Distichon eines neulateinischen Dichters des 20.
Jahrhunderts, JOSEF Eberle (1901-1986): O quoties obitum linguae statuere Latinae! / Tot
tarnen exsequiis salva superstes erat. - Immer von neuem sagen sie tot die lateinische Spra-
che, / jedes Begräbnis jedoch hat sie gesund überlebt. (J. Eberle: Sal Niger. Stuttgart 1964,
S. 19.)
 
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