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Graefe, Felix
Jan Sanders van Hemessen und seine Identification mit dem Braunscweiger Monogrammisten: [ein Beitrag zur Geschichte der Kunst der Niederlande im XVI Jahrhundert] — Kunstgeschichtliche Monographien, Band 13: Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.51234#0032
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Bei dieser noch altmeisterlich regelmäßigen Kompositionsart
des Gesamtbildes, die sich bis in die isokephale Anordnung der
einzelnen Gruppen verfolgen läßt, macht sich eine ungemein er-
findungsreiche Gestaltung in den Einzelmotiven und in der mannig-
fachen lebendigen Beziehung der Figuren zu einander geltend. Ich
greife nur einiges Wenige aus der Fiille beispielshalber heraus.
So der Gelegenheitsdieb an der Krücke,1) der aus dem Korb einer
Frau, die mit ihrem Kinde beschäftigt ist, zu stehlen versucht,
oder die beiden Männer rechts, die sich verwundert über die im
Korb sich mehrenden Brosamen unterhalten, oder — in der Ge-
samtauffassung — der Unterschied zwischen den Bauern, die voll
Freude die Gaben des Wunders genießen, und den vornehmen
Bürgern, die rechts mit Zurückhaltung und Mißtrauen dem Wunder
zuschauen. Dies sind alles Züge, die unmittelbar die Kunst Breug-
hels vorbereiten. In diesem Werk tritt uns bereits ein Meister von
so sicherer Gestaltungskraft entgegen, daß wir nach den Bildern
fragen müssen, in denen, sich die Vorstufen seiner Meisterschaft
erkennen lassen.
AMSTERDAM
Eine im Katalog unter Hemessen gehende Darstellung des
„Ecce homo“ im Reichsmuseum zu Amsterdam2) zeigt in der Gesamt-
anordnung und in den Einzelzügen Eigenschaften, die dem Braun-
schweiger Bilde aufs engste verwandt sind. Wiederum ist das
Bild durch eine architektonische Anordnung zentralisiert, zu deren
Seiten wir perspektivische Durch- und Ausblicke gewinnen. Auch
hier eine dichtgedrängte Menge von Figuren im Vordergründe.
Der in Renaissanceformen gehaltene Mittelbau ist geschickt be-
nutzt, um die Gruppe des von Pilatus gezeigten Heilands über die
Volksmenge herauszuheben, die mit lebhaft emporgestreckten Armen
die Verurteilung fordert. Rechts im Hintergrund wird die Szene
kulissenartig durch Renaissance-Kolonnaden einfacher Form abge-
schlossen, die zu einer kleinen Halle überleiten, in der die Geißelung
vollzogen wird. Links sehen wir gesondert und in sich abgeschlossen
eine Volksszene an einem Hafen. Das Hafentor erinnert an das

b S. Tafel V.
«) S. Tafel VI.
 
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