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Graefe, Felix
Jan Sanders van Hemessen und seine Identification mit dem Braunscweiger Monogrammisten: [ein Beitrag zur Geschichte der Kunst der Niederlande im XVI Jahrhundert] — Kunstgeschichtliche Monographien, Band 13: Heidelberg, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.51234#0048
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Grund der kleinen Hintergrunds-Figuren dem Jan Sanders zu. Scheib-
ler einigte sich dann auch auf die großen Vordergrundsfiguren mit
Woermann1).
2. AUFGEHEN IM ITALIENISIERENDEN STILE
Der italienische Einfluß ist bei den frühen sittenbildlichen Dar-
stellungen fast noch gar nicht zu konstatieren, nimmt dann aber
zu Ende der 30er Jahre bedeutend zu und wird in den späten Bildern
immer verderblicher, da er unsern Meister immer mehr und mehr
seiner Eigenart entfremdet.
MÜNCHEN (Heil. Familie)
Ein Bild von rein italienischer Komposition ist die Münchener
„Fleilige Familie“2). Hier hat der Meister seine nationale Eigenart
völlig aufgegeben. Wir werden an Bilder der Lionardo-Schule er-
innert. Zwischen dem sinnenden Josef und der anbetenden Elisa-
beth sitzt die Jungfrau. Alle drei schauen auf das Christuskind,
welches sich vom Schoße der Madonna herab zu dem anbetenden
Johannesknaben wendet. Völlig italienisch ist der Typus der Maria
mit den regelmäßigen Zügen und den gesenkten Augenlidern. Die
übertriebenen Formen und Bewegungen der Kinder erinnern an
ähnliche Erscheinungen in der Kunst des Franz Floris und des
Marten de Vos. Am meisten wahrt Hemessen seine Eigenart in
den scharf charakterisierten Köpfen des Josef und der alten Frau.
Für die direkte Benutzung fremder Vorbilder scheint der Umstand
zu sprechen, daß die Figur des Josef in zu großen Verhältnissen
gehalten ist. Die Landschaft zeigt in der Einfachheit der Anlage
den Einfluß südlicher Kunst, wenn auch deren Gebäude, Baum-
gruppen und kleine Figuren, sowie die durch die Luft eilenden
Vögel an Motive seiner frühen Bilder erinnern. Die „Heilige
Familie“ ist 1541 datiert und voll signiert.
Mit dieser Jahreszahl möchten wir den Beginn seiner letzten
Schaffensperiode ansetzen, in der seine Kunst völlig im italieni-
sierenden Stil aufgeht und welcher auch die späteren Darstellungen

Repert. Bd. 7, p. 207 ff.
2) S. Tafel XIX b.
 
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