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Graevenitz, George von; Gattamelata [Contr.]
Gattamelata (Erasmo da Narni) und seine Verherrlichung durch die Kunst — Leipzig: E.A. Seemann, 1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.68593#0030
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schloß sich Ende September zum Rückzug am westlichen und nörd-
lichen Ufer des Sees entlang über dessen Zufluß, die Sarca, und
dann durch Tirol nach Verona. Denn der nähere und gangbarere
Weg am Südufer war durch Piccinino versperrt, und Fahrzeuge, um
den Gardasee zu durchqueren, fehlten. Eine feindselige Bevölkerung,
Bedrohung der Marschkolonnen durch sie und den verfolgenden
Gegner und den von vorne sich entgegenstellenden mailändisch ge-
sinnten Bischof von Trento, dann aber weiter die verschiedensten
Naturhindernisse, das winterlich beschneite und vereiste Gebirge,
schlechte Wege und reißende Gießbäche, kurz Schwierigkeiten aller
Art, denen die Kriegführung damaliger Zeit sonst sorgsam aus dem
Wege ging, mangelnde Verpflegung — das alles erschwerte das
Unternehmen außerordentlich. Aber es gelang, und das kleine, nach
zahlreichen Verlusten nur noch 2000 Reiter und 200 Mann Fußtruppen
zählende, für Venedig aber in seiner damaligen Lage sehr wertvolle
Heer erreichte Verona und war für die Republik gerettet. Piccinino
ließ sich unter Anspielung auf den Namen seines Gegners die be-
wundernde Beurteilung dieses Rückzugs entreißen: >Ne ha saputo
piü il gatto ehe il sorcio«, die Grabrede Pontanos hat die winter-
liche Marsch- und Kampfleistung Gattamelatas mit dem Alpenüber-
gang Hannibals verglichen, und die italienische Geschichte und Kriegs-
geschichte hat ihn vielfach gefeiert. Für uns erscheint am wichtigsten,
daß dieser Rückzug das militärische Charakterbild Gattamelatas um
den Zug zäher Energie und Ausdauer unter widrigsten, einen Waffen-
erfolg ausschließenden Verhältnissen vermehrt. Gleiche Proben ent-
schlossener Zähigkeit bietet die Aufstellung einer Gardasee-Flotille,
um das heldenmütig gegen Piccinino sich wehrende Brescia verprovian-
tieren zu können. Aus dem weiteren Verlauf der Kämpfe sei nur noch
erwähnt, daß es Gattamelata gelang, den abtrünnigen Markgrafen
Gonzaga zu züchtigen und dessen persönliche Truppenmacht zu zer-
stören, und dann durch einen Marsch auf Brescia den tapferen Ver-
teidigern Luft zu schaffen: Piccinino wurde gezwungen, die äußerst
bedrohliche enge Belagerung der Stadt aufzugeben. Aber die Gesamt-
lage für Gattamelata blieb doch immer dieselbe: es galt, dem stärkeren
Gegner gegenüber vor entscheidenden Schlägen auszuweichen und
durch Geschicklichkeit die numerische Überlegenheit auszugleichen.6)
 
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