EINLEITUNG XLI
fiosst wurde, von der dies am wenigsten zu erwarten stand.
Der grosse Umschwung, aus welchem die Kunst des 19. Jahr-
hunderts hervorging, kam nicht aus diesen friedlichen, des
Friedens bedürftigen Anfängen langsam näher, sondern er
ward auf gewaltsamem Wege hervorgebracht durch den all-
gemeinen Besitzwechsel unzähliger Kunstwerke in Folge
der französischen Revolution und der Kriege unter Napo-
leon. Das gewaltigste dieser Phänomene war die, vor An-
bruch des neuen Jahrhunderts, in Paris zusammengeraubte
Sammlung von Kunstwerken, in welche Italien und die Nie-
derlande ihre kostbarsten Schätze liefern mussten.
I In Paris nun standen sie einem Blicke übersehbar zu-
sammen. Soviel Werke Raphael's waren nirgend je vereint
gewesen. Alles an beweglichem Raphaelischen Gute Erreich-
bare umfasste das Musee National: zwischen zwanzig und
dreissig Gemälde seiner Hand allein aus Italien, nebst un-
zähligen Handzeichnungen zu der bereits ungeheuren Masse
der vorhandenen. Glänzend dotirte Institute wurden geschaffen,
Preise ausgesetzt, Aufträge ertheilt, litterarische Protection
veranlasst. Unangefochten hatte innerhalb der bildenden Kunst
auch für die Malerei die antike Sculptur immer noch als
höchstes Vorbild geherrscht: Raphael erhob sich nun auf ganz
neuer Grundlage in Frankreich neben ihr und erlangte in
den folgenden Jahren einen Einfluss auf die französische,
italiänische und Deutsche Kunst, der als das bedeutendste
Ereigniss der Neueren Kunstentwicklung betrachtet werden
muss.
I Jetzt endlich trat Deutschland in seinen eignen Gren-
zen tonangebend in die Entwicklung der europäischen
Kunst ein.
; Goethe zufolge zerfällt Deutschland in zwei Theile, von
denen er den nördlichen den bildlosen nennt, ,wo es zur
Verehrung des Guten und Schönen zwar nicht an Wahrheit,
fiosst wurde, von der dies am wenigsten zu erwarten stand.
Der grosse Umschwung, aus welchem die Kunst des 19. Jahr-
hunderts hervorging, kam nicht aus diesen friedlichen, des
Friedens bedürftigen Anfängen langsam näher, sondern er
ward auf gewaltsamem Wege hervorgebracht durch den all-
gemeinen Besitzwechsel unzähliger Kunstwerke in Folge
der französischen Revolution und der Kriege unter Napo-
leon. Das gewaltigste dieser Phänomene war die, vor An-
bruch des neuen Jahrhunderts, in Paris zusammengeraubte
Sammlung von Kunstwerken, in welche Italien und die Nie-
derlande ihre kostbarsten Schätze liefern mussten.
I In Paris nun standen sie einem Blicke übersehbar zu-
sammen. Soviel Werke Raphael's waren nirgend je vereint
gewesen. Alles an beweglichem Raphaelischen Gute Erreich-
bare umfasste das Musee National: zwischen zwanzig und
dreissig Gemälde seiner Hand allein aus Italien, nebst un-
zähligen Handzeichnungen zu der bereits ungeheuren Masse
der vorhandenen. Glänzend dotirte Institute wurden geschaffen,
Preise ausgesetzt, Aufträge ertheilt, litterarische Protection
veranlasst. Unangefochten hatte innerhalb der bildenden Kunst
auch für die Malerei die antike Sculptur immer noch als
höchstes Vorbild geherrscht: Raphael erhob sich nun auf ganz
neuer Grundlage in Frankreich neben ihr und erlangte in
den folgenden Jahren einen Einfluss auf die französische,
italiänische und Deutsche Kunst, der als das bedeutendste
Ereigniss der Neueren Kunstentwicklung betrachtet werden
muss.
I Jetzt endlich trat Deutschland in seinen eignen Gren-
zen tonangebend in die Entwicklung der europäischen
Kunst ein.
; Goethe zufolge zerfällt Deutschland in zwei Theile, von
denen er den nördlichen den bildlosen nennt, ,wo es zur
Verehrung des Guten und Schönen zwar nicht an Wahrheit,