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STILGESCHICHTE

DER BRESLAUER GOLDSCHMIEDEARBEITEN


Fund noch mehrere schlesische Goldschmiedearbeiten erhalten. Sie haben jedoch auf die
spätere künstlerische Entwicklung des Edelmetalls keinerlei Einssuß gehabt, da zwischen
der Wandalenbesiedlung Schlesiens und der Eindeutschung des Landes im dreizehnten
und vierzehnten Jahrhundert der tiefe, einschneidende Bruch liegt, der durch die
slawische Besiedlung Schlesiens entstanden war. Auf diese Arbeiten und die der Wikinger
ist daher in dieser Darstellung bewußt verzichtet worden, läßt sich doch mit ihnen keine
Entwicklungsgeschichte aufstellen. Eine Stilgeschichte der Breslauer Goldschmiede-
arbeiten muß daher mit dem hohen Mittelalter beginnen.
Von den frühesten Zeiten der Breslauer Goldschmiedekunst besitzen wir nur ver-
schwindend wenige Zeugnisse. Das hat seinen Grund darin, daß Schlesien erst deutsch
geworden ist, als das Mutterland schon einige Jahrhunderte Goldschmiedetradition mit
herrlichsten Arbeiten hinter sich hatte; dann aber haben Mongolensturm und Hussiten-
kriege die vorhandenen Schätze sehr stark dezimiert. So sind wir bei der Betrachtung der
ersten Jahrhunderte der Breslauer Goldschmiedekunst auf nur wenige Stücke angewiesen.
Diese wenigen Stücke aber lassen ahnen, daß von Anfang an ausgezeichnete Meister hier
in Breslau arbeiten. Alle diese Werke sind anonym, wir wissen bei keiner dieser Arbeiten,
wer sie verfertigt hat. Da Breslau als die Hauptstadt des Landes lange die einzige Stadt
war, in der Goldschmiede in Schlesien arbeiteten, so geht man wohl kaum fehl, wenn man
die ältesten Erzeugnisse als Arbeiten Breslauer Meister annimmt.
Das älteste Stück schlesischer Goldschmiedekunst ist der getriebene, silbervergoldete
Kelch aus Alt-Lomnitz, der der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts angehören
dürfte (Tafel 1). Er zeigt die typischen Formen der deutschen Kaiserzeit: Flacher kreis-
runder Fuß, kurzer Schaft, kräftiger genärbelter Knauf und fast halbkugelige große Kuppa.
Es ist klar, daß die Formen dieses Kelches sich ganz an das anschließen, was wir im
Westen und im Süden des Reiches finden, zumal ja die Handwerker aus dem Mutterland
ihre gewohnten Formen mitbraebten. Auf Kuppa und Fuß sind in kreisrunden Feldern
die Evangelistensymbole und Szenen aus der Bibel in kräftigem Relief getrieben. In die
zwischen den Feldern entstehenden Zwickel sind palmettenartige Blätter in ssachem
Relies gesetzt. Der Lomnitzer Kelch hat in späterer Zeit durch Erhöhung des Schaftes
eine Veränderung erfahren und bietet sich uns heute nicht mehr in seinem ganzen ur-
sprünglichem Zustand. Die gleiche Art des Aufbaues zeigt das Rauchfaß aus der katholi-
schen Pfarrkirche in Trebnitz (Tafel 2). Auch hier finden wir die Medaillons und die in
den Zwickeln liegenden Blattpalmetten. Der Aufsatz des Rauchfasses besteht aus in
Ranken gefaßten Medaillons mit den Evangelistensymbolen und darüber einer stadt-

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