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Halpersohn, Rubin
Über die Einleitungen im altfranzösischen Kunstepos — Berlin: Mayer & Müller, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.51081#0061
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Anmerkungen.

’) Genau genommen, gehen die ältesten französischen Epen noch
über Horaz und seine Forderung hinaus. Dieser nennt ja das Verfahren
Homers, der mit einer Anrufung der Muse und mit einer Andeutung des
Inhalts beginnt, immer noch in médias res, während die ältesten französischen
Dichtungen in der Tat mit der Schilderung der Geschehnisse anheben.
Dieses Verfahren kann man wohl noch richtiger mit Balladentechnik be-
zeichnen. Im übrigen hat die Art Homers, die Muse um ihren Schutz an-
zurufen, im Helden- und auch im Kunstepos des französischen Volkes Nach-
ahmung gefunden, vgl. Anmerkung 20, wie auch 8 10 b, nur dass natürlich
Gott an die Stelle der heidnischen Muse getreten ist.
2) Vgl. die Bemerkung L. Clédats in seiner Ausgabe des Rolands-
liedes zu v. 1.
3) Und da hat man — neben anderen geltend gemachten Gründen —
aus den Anfangsworten des Chlothar-(gewöhnlich Faro-) liedes auf dessen
ch. de g.-Charakter schliessen wollen! Die Art der ältesten Volksepen —
und das Clotharlied würde, als ch. de g. betrachtet, den Rest des ältesten
Heldenepos darsfellen — ist aber, wie oben bemerkt, ohne jegliche Ein-
führung mit dem Thema zu beginnen. Was speziell die Eingangsworte des
Chlotharliedes angeht, so erinnern sie an die des Leodegarliedes, wie ja
beide Dichtungen als lyrisch-epischen Charakters zu einer Gattung zu
rechnen sind; hier wie dort bedeuten die Eingangsworte eine Ermunterung
des Dichters für seine Aufgabe. H. Morf (Kultur der Gegenwart I, n, \ S. 143)
bezeichnet das Clotharlied als eine chanson d’histoire.
4) Vgl. H. Steinthal in seiner Ztschr. f. Völkerpsych. II, 288 (Sich selbst
weiss er [der Dichter] noch nicht, er lebt in ungebrochener Einheit mit
dem Gegenstand seines Gesanges wie mit seiner Umgebung), Tobler ibid,
IV, 149 und wiederum Steinthal ibid. V, 8 und besonders S. 9.
6) Schon aus dem Grunde ist man daher kaum berechtigt, in der
Namensangabe Turoldus am Schlüsse des Rolandsliedes den Namen des Ver-
fassers zu erblicken, wie es z. B. Génin getan. Es würde dieses sozusagen
einen Anachronismus bedeuten.
6) Die Jongleurs — soweit sie, was ja vorkam, fremde Dichtungen
vortrugen — fühlten sich natürlich auch nicht veranlasst, vor dem Vortrage
den Namen des Verfassers anzugeben, wie es in unseren Tagen die Künstler
zuweilen tun, so besonders beim Vortrage von Stücken, die nicht auf dem
Programm angekündigt sind, zumeist bei sogenannten „Zugaben“. Der

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