dessen große Namen man gleichfalls für die Alchemie in Anspruch nahm:
ein Albertus Magnus, ein Thomas von Aquino, ein Raimundus Lullus, ein
Arnold von Villanova zum Beispiel, die den hermetischen Lehren wirklich
gewisse Zugeständnisse gemacht haben mögen, wenn auch die ihnen zu-
geschriebenen Schriften dieser Richtung meist fälschlich unter ihren Na-
men gehen. Die Kette reichte aber noch weiter. Die Kompilatoren der Ba-
rockzeit - die pansophischen und rosenkreuzerischen also - betrachteten
noch das spätgotische Zeitalter als autoritär: Johann Valentin Andreae
verlegte seinen angeblichen Gewährsmann Christian Rosenkreuz ins fünf-
zehnte Jahrhundert; auch der viel genannte Basilius Valentinus, de facto
mit seinem »Triumphwagen des Antimon« wohl ein Autor aus den Jahren
um 1600, sollte gleichfalls damals gelebt haben und tatsächlich hat man vor
etwa siebzig Jahren in dem wiederentdeckten »BuchvonderHeiligenDrei-
faltigkeit« eine - nicht aus Abschriften und Zitaten bestehende - originale
Schrift entdeckt. Im 16. Saeculum war es dann der große Arzt Paracelsus,
auf den sich später eine ganze >paracelsistische< Schule berief: auch dieser
>Jatro-Chemiker< (Arzt-Chemiker) galt mit all seinen pharmazeutischen
Neuerungen (den Gold-Komplex hatte er völlig überwunden) als großer
Adept, während man ihn heute eher als einen Reformator, wenn nicht
Überwinder der Alchemie betrachten möchte: einen solchen, der nun
wirklich in dieser Disziplin >Geschichte< gemacht hat. Wie dem aber auch
sein möge: das schizophren anmutende Nebeneinander von brauchbaren
chemischen Ansätzen und von mythologisierender >Chymie< war auch
schon vor Paracelsus für viele Autoren kennzeichnend und ragtalseinim
Grunde zeitloser Charakterzug bis ins 17. und 18. Jahrhundert hinein, wo
wir noch bei berühmten Gelehrten ein solches Doppelwesen beobachten
müssen.
Ob gewisse andere Momente, die innerhalb der hermetischen Bekundun-
gen im 16. und frühen 17. Jahrhundert hervortreten, wirklich so neu und
umstürzend waren, wie sie uns auf den ersten Blick erscheinen, wird erst
spätere Forschung klären können. Des lutheranischen Joh. Val. Andreae
»Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz« (1606), ein hermetisches
Märchen, dessen nur versteckt symbolische Alchemie damals eine Art von
Massenwahn auslöste, aber in seiner traumhaften Poesie noch auf Goethe
gewirkt hat, gehörte möglicherweise einer schon älteren literarischen Gat-
tung von >hermetischer Romantik< an, wie wir sie auch in der Malerei an-
treffen werden: der hochmittelalterliche Rosenroman zum Beispiel sowie
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ein Albertus Magnus, ein Thomas von Aquino, ein Raimundus Lullus, ein
Arnold von Villanova zum Beispiel, die den hermetischen Lehren wirklich
gewisse Zugeständnisse gemacht haben mögen, wenn auch die ihnen zu-
geschriebenen Schriften dieser Richtung meist fälschlich unter ihren Na-
men gehen. Die Kette reichte aber noch weiter. Die Kompilatoren der Ba-
rockzeit - die pansophischen und rosenkreuzerischen also - betrachteten
noch das spätgotische Zeitalter als autoritär: Johann Valentin Andreae
verlegte seinen angeblichen Gewährsmann Christian Rosenkreuz ins fünf-
zehnte Jahrhundert; auch der viel genannte Basilius Valentinus, de facto
mit seinem »Triumphwagen des Antimon« wohl ein Autor aus den Jahren
um 1600, sollte gleichfalls damals gelebt haben und tatsächlich hat man vor
etwa siebzig Jahren in dem wiederentdeckten »BuchvonderHeiligenDrei-
faltigkeit« eine - nicht aus Abschriften und Zitaten bestehende - originale
Schrift entdeckt. Im 16. Saeculum war es dann der große Arzt Paracelsus,
auf den sich später eine ganze >paracelsistische< Schule berief: auch dieser
>Jatro-Chemiker< (Arzt-Chemiker) galt mit all seinen pharmazeutischen
Neuerungen (den Gold-Komplex hatte er völlig überwunden) als großer
Adept, während man ihn heute eher als einen Reformator, wenn nicht
Überwinder der Alchemie betrachten möchte: einen solchen, der nun
wirklich in dieser Disziplin >Geschichte< gemacht hat. Wie dem aber auch
sein möge: das schizophren anmutende Nebeneinander von brauchbaren
chemischen Ansätzen und von mythologisierender >Chymie< war auch
schon vor Paracelsus für viele Autoren kennzeichnend und ragtalseinim
Grunde zeitloser Charakterzug bis ins 17. und 18. Jahrhundert hinein, wo
wir noch bei berühmten Gelehrten ein solches Doppelwesen beobachten
müssen.
Ob gewisse andere Momente, die innerhalb der hermetischen Bekundun-
gen im 16. und frühen 17. Jahrhundert hervortreten, wirklich so neu und
umstürzend waren, wie sie uns auf den ersten Blick erscheinen, wird erst
spätere Forschung klären können. Des lutheranischen Joh. Val. Andreae
»Chymische Hochzeit Christiani Rosenkreutz« (1606), ein hermetisches
Märchen, dessen nur versteckt symbolische Alchemie damals eine Art von
Massenwahn auslöste, aber in seiner traumhaften Poesie noch auf Goethe
gewirkt hat, gehörte möglicherweise einer schon älteren literarischen Gat-
tung von >hermetischer Romantik< an, wie wir sie auch in der Malerei an-
treffen werden: der hochmittelalterliche Rosenroman zum Beispiel sowie
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