Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
III
Die Griechen

ie ägyptiſchen Altertümer ſind ſeit einigen Jahrhunderten in den abendländiſchen Ge-
D ſſichtskreis gezogen. Der Obelisk auf der Piazza del Popolo zu Rom, den man aus dem
ägyptiſchen Seliopolis geholt hatte, wurde 3587 aufgeſtellt. Spätrenaiſſance und
Barock, ſechzehntes und ſiebzehntes Jahrhundert waren dem ägyptiſchen Stil zugetan; der Auf-
tritt Ludwigs des Vierzehnten war ein gleichſam ägyptiſcher Auftritt — ein Auftritt im Zeichen
des „Sonnenkönigtums“. Alle heroiſchen Augenblicke der unumſchränkten Monarchie über-
haupt haben eine gewiſſe Ahnlichkeit mit dem ägyptiſchen Stil beſeſſen, ja ſogar gepflegt.
Napoleon, der 3797 einen Feldzug nach ügypten unternahm, um von dort aus nach Indien
vorzuſtoßen und auf dieſe Weiſe das engliſche Weltreich zu erſchüttern, hat bei den Pyra-
miden gekämpft. Die ſtiliſtiſche Würde des napoleoniſchen Kaiſertums (des
„Empire“ ) hat ſich dem ägyptiſchen Geiſt verwandt gefühlt. Wicht zufällig hat die ägypto-
logiſche Forſchung von Napoleons Degen und Jepter den erſten großen Zinweis empfangen:
Jean François Champollion, der Vater der ägyptologiſchen Altertumsforſchung, ge-
boren 3790, geſtorben 1832, iſt eine Figur des erſten franzöſiſchen Kaiſerreichs. Man muß ſich
daran erinnern, daß der Weg Napoleons, dieſer gewaltige und ſymboliſche Weg eines großen
Deſpoten in die Mutterlandſchaft der heroiſchen Deſpotie, ins Morgenland, von drei antiken
Geiſtern verwandten Weſens vorgeſpurt war: von dem römiſchen Kaiſer Auguſtus,
der einen Obelisken nach Rom verfrachten ließ; vorher von Julius Cäſar, der das
Reich der Kleopatra ſuchte; zuerſt von Alexander dem Großen, der Agypten im
Sturm unter ſeine Serrſchaft bog und in Babylon, der ſinnbildlichen Stadt meſopotamiſcher
Deſpotie, geſtorben iſt.

Alexander bedeutet den Beginn einer griechiſchen, das heißt abendländiſchen Durch-
dringung ugyptens. Eine neue Stadt, die Alexanders Wamen trägt, wird Hauptſtadt
Agyptens: Alexandria. Ein Feldherr Alexanders, Ptolemäus Lagi, wird im Jahre 306
König Agyptens, und aus ihm kommt eine Reihe mazedoniſch⸗ägyptiſcher Könige von
griechiſch⸗ägyptiſcher Faltung: die Dynaſtie der Ptolemäer oder Lagiden, die im dritten
Jahrhundert vor Chriſtus, in den Jahrzehnten des dritten Ptolemäus mit dem Beinamen
Euergetes ihre von griechiſchen Linien durchzeichnete Herrſchaft auch über die Bereiche der
alten babyloniſchen, mediſchen, perſiſchen Königtümer ausdehnt. Es iſt die Dynaſtie, an deren
Ende eine illegitime Ptolemäerin, Kleopatra, durch einen Vipernbiß ſich töten läßt, da ſie

24
 
Annotationen