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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1901 — 1901

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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Sommer-Halbjahr 1901, Nr. 6
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Nr. 6

Heidelberger Akademische Mitteilungen

1901

Hochschulnachrichten.
Heidelberg, 31. Mai 1901.
Statistische Zählkarten. Auf die im amtlichen Teile
der heutigen Nummer unseres Blattes enthaltene Be-
kanntmachung betr. Ausfüllung der statistischen
Zählkarte seien die Studierenden hiermit besonders
aufmerksam gemacht.
Die 8. Versammlung süddeutscher Laryngologen
fand hier wie alljährlich am zweiten Pfingstfeiertage
statt. Um 8 Uhr früh wurde die wissenschaftliche Sitz-
ung bei einer Anwesenheitsliste von 50 Teilnehmern
im Hörsaale der medizinischen Klinik durch den Vor-
sitzenden Dr. Betz-Mainz mit einigen geschäftlichen
Mitteilungen eröffnet. Der Verein zählt jetzt 193 Mit-
glieder. Zum Vorsitzenden für das nächste Jahr wurde
Dr. Fischen ich-Wiesbaden, zum Schriftführer Dr.
A ve lli s - Frankfurt a. M. und zum Ort der Versamm-
lung wieder Heidelberg gewählt. Die 14 gehaltenen
Vorträge boten den Zuhörern verschiedenes Neue dar.
Besonders interessant war die Mitteilung von Dr. Wild-
Freiburg über einen Fall, in welchem ein künstliches
Zahngebiss aus einem Bronchus entfernt wurde, die Mit-
teilung von Dr. Auerbac h-Baden-Baden über eine
Steinbildung in der Unterkieferspeicheldrüse und die
Schilderung seiner eigenen Krankengeschichte von Dr.
Krebs-Hildesheim. Den Glanzpunkt bildete aber der
Vortrag von Dr. H. Müll er-Heidelberg über das natür-
liche Sprechen und Singen. Der Redner, im Besitze
einer glänzenden Tenorstimrae, hat in seinem Vortrage,
zu welchem auch die Damen der Laryngologen einge-
laden waren, die natürliche Tongebung ausführlich be-
sprochen und sowohl sprachlich als auch gesanglich in
klarster Weise zu Gehör gebracht. Der reiche Beifall,
den der Redner zum Schlüsse erntete, konnte ihn über-
zeugen, dass seine durch vorzügliche Stimmproduktionen
illustrierten Auseinandersetzungen alle Anwesenden im
hohen Grade interessiert haben. Nach der Beendigung
der wissenschaftlichen Sitzung versammelten sich die
Teilnehmer mit ihren Damen um 2 Uhr mittags im
„Grand-Hotel“ zum Festessen, unternahmen später einen
Spaziergang nach der Stiftsmühle und kehrten abends
mit der Bahn zurück, um zum Abschied noch bis gegen
Mitternacht im Hause des Prof. Juras z in. fröhlichster
Stimmung zu verweilen.

Von anderen Hochschulen.
Universitäts-Jubiläum. Die Universität Glasgow
wird im Juni d. J. die Feier ihres hundertfünfzigjährigen
Bestehens begehen. Wie die „Academy“ und nach ihr
die „Allgemeine Zeitung“ meldet, wird beabsichtigt, ein
Gedenkalbum herauszugeben, zu dem Beiträge von sol-
chen noch lebenden ehemaligen Studierenden der Hoch-
schule, die Hervorragendes in der Wissenschaft geleistet
haben, erbeten wurden. Die bisher eingelaufenen Bei-
träge lassen schon jetzt auf den Wert des Albums
schliessen. Lord Lister, Sir Henry Campbell-Banner-
mann, Professor James Bryce u. a. schreiben Erinne-
rungen aus der Zeit, als die Schule noch in der High-
Street war. Der Reverend Henry Grey Graham, dessen
unlängst erschienenes Werk über Schottland im 18ten
Jahrhundert in England allgemein bekannt ist, beschäf-
tigt sich mit einer historischen Skizze der Universität.
Die aktiven Professoren Phillimore, Raleigh, Sir Hector
Cameron, Barr und Biles haben es übernommen, Artikel
über die Entwickelung der Medizin, der Ingenieur- und
der Schiffsbaukunst an der Universität zu schreiben.
Das litterarische Jung-Glasgow wird vertreten sein durch
John Buchan, „Benjamin Swift“ und eine Menge Jour-
nalisten und Dichter. Beiträge von auswärts liefern
Sir Lewis Morris, Neil Monro und W. E. Henley, auch
haben die Künstler D. J. Cameron, J. Guthrie und Muir-
head Bone ihre Mitwirkung zugesagt.

Veranstaltungen der Vereine.

Sozialökonomische Vereinigung. Montag, den 3. Juni
1901, abends 8’/4 h. c. t. im Cafe Mai (Heidelberger
Hof), Wredeplatz. Vortrag des Herrn cand, cam. Karl
Theodor Stöpel: „Die Entwicklung der chemischen
Industrie im allgemeinen und der Kali-Industrie im be-
sonderen.“ Kommilitonen als Gäste auch ohne Einführung
stets willkommen.
Histor.-philos. Verein. Montag, den 10. Juni 1901, abends
81/2 Uhr, im roten Saale des Museums: Vortrag des
Herrn K. Pfaff: „Ausgrabungen in Heidelberg, Wies-
loch und Kirchheim 1900—1901.“
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an kunstgerechter Ausführung und zierlicher Arbeit. Hier soll
nur das Hauptmeisterwerk erwähnt werden. Die Altartafel ist
es, die im Jahre 1664 von den Puritanern vermauert und erst
im Jahre 1876 wieder ans Licht befördert und neu hergestellt
wurde. Es befinden sich auf derselben nicht weniger als
36 Statuen und über 100 Statuetten, von denen die Mehrzahl
Portrait-Figuren sind.
Auch Magdalen-College besitzt eine Altartafel, die den Namen
eines Meisterwerks wohl verdient. Der Gründer dieser Gesell-
schaft, (denn die Colleges bildeten ursprünglich Gesellschaften)
hinterliess in seinem Testamente die Bestimmung, dass der
Kirchenchor dieser Kapelle unter keiner Bedingung verringert
werden dürfe, und so versammelt sich denn hier bei jedem
Morgen- und Abendgottesdienst eine stattliche Anzahl Männer
und Knaben in weissem Talar, und Oxford kann mit Recht
auf ihre Gesangsleistungen stolz sein.
Doch wir wollen unseren Musensohn auf seinem täglichen
Studiengang weiter begleiten. Nach dem Morgengottesdienst
kehrt er in sein Wohnzimmer zurück, wo alsbald ein Diener
mit dem stereotypen „What’ll you have for breakfast, sir?“ er-
scheint und das Menu aufzählt. Das Frühstück nimmt unser
Oxforder entweder allein ein, oder, wenn das Ende des Monats
noch in der fernen Zukunft liegt, so ladet er sich einige Kommi-
litonen dazu ein, und dann geht’s gewöhnlich sehr lustig zu;
doch die üppigen Champagnerfrühstücke, die früher an der Tages-
ordnung waren, werden glücklicherweise immer seltener.

Zwischen 10 und 1 Uhr widmet er sich seinem hohen Berufe;
in den meisten Fällen hat er bei einigen Professoren belegt, die
nicht in seinem College lesen. Er hüllt sich also in seine
akademische Gewandung und begiebt sich von dannen, — oder
auch nicht, denn wenn sich der Wissensdurst nicht allzu stark
in ihm regt, so nimmt er eine Visitenkarte, schreibt das ma-
gische Wort „aegrotus“ darauf und schickt sie an den betreffen-
den Professor. — Also ganz so leicht wie in Deutschland ist
das Schwänzen in Oxford doch nicht.
Um 1 Uhr erscheint der dienstbare Geist wieder und erkun-
digt sich nach den Wünschen des Herrn Studenten für das
luncheon, die leichte Mahlzeit, die ebenfalls in der Stille des
Sitting room eingenommen wird.
Und nun kommt der Teil des Tages, der allen guten Ox-
fordern ihre Universitätszeit so lieb macht, dem die akademisch
gebildeten Greise Englands ihr kräftiges Alter und ihre zähe
Konstitution verdanken; denn die Stunden zwischen 2 und 4
nachmittags werden mit wenigen Ausnahmen dem Sporte ge-
widmet. Während dieser Zeit wimmeln daher die Strassen von
Athleten-Gestalten in leichtem Kostüm. Dort geht eine Partie
zum Flusse, um zu rudern; das kleine Mützchen mit dem College-
Abzeichen passt gut zu den kurzen Beinkleidern, den Socken
und niedrigen Schuhen, eine Tracht, die für’s Rudern sehr be-
quem ist, die aber einem Fremden nicht gerade sehr musen-
sohnmässig vorkommt. (Fortsetzung folgt.)
 
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