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Universität Heidelberg [Hrsg.]
Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1901 — 1901

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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Sommer-Halbjahr 1901, Nr. 8
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https://doi.org/10.11588/diglit.71028#0061

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Akademische Mitteilungen
FÜR DIE
STUDIERENDEN DER RUPRECHT-KARLS-UNIVERSITÄT HEIDELBERG.
HERAUSGEGEBEN VON J. HÖRNING, UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI
Fernsprecher. 119 HEIDELBERG Hauptstrasse 55 a.
Erscheint wöchentlich und wird unentgeltlich und frei allen Studierenden und Lehrern der Hochschule zugestellt.
Preis bei der Post vierteljährlich 75 Pfg. ausschliesslich Bestellgebühr.
Sommer-Halbjahr 1901. Nr. 8. Samstag, 15. Juni 1901.

Von anderen Hochschulen.
Berlin. Die neuen Vorschriften über die Appro-
bation der Aerzte hat der Bundesrat endgiltig genehmigt.
Von den einzelnen Bestimmungen wurde seinerzeit mit-
geteilt, dass künftig das Studium der Medizin von neun
auf zehn Semester verlängert wird, dass die Anforder-
ungen bezüglich des obligatorischen Besuchs der Vor-
lesungen und Kliniken erheblich erweitert und verschärft
werden, und dass die Kandidaten nach vollständig be-
standener ärztlicher Prüfung noch ein „praktisches Jahr“
an einer Universitätsklinik oder einem dazu besonders
ermächtigten Krankenhaus etc. zu absolvieren haben, be-
vor sie die Approbation als Arzt erhalten. Als neu ist
noch hervorzuheben, dass die ärztliche Vorprüfung, die
bisher nach vier Studiensemestern abgelegt werden konnte,
fortan erst nach dem fünften Semester abgelegt werden
kann, weil die Prüfung in den naturwissenschaftlichen
Fächern, insbesondere in der Anatomie und Physiologie,
in der Hauptsache schon in der Vorprüfung (Tentarnen
physicum) abgethan werden soll. Die Neuordnung soll
am 1. Oktober <1. J. in Kraft treten, lässt aber denjenigen
Studierenden, die vor diesem Termin das medizinische
Studium begonnen haben, noch eine Uebergangsfrist bis
1903 bezw. 1908 offen, in der sie die beiden Prüfungen
noch nach den alten Vorschriften ablegen können.
Berlin. (Burschenschafter und Flotten-
verein). Der diesjährige 20. ordentliche. Burschentag
der Deutschen Burschenschaft (A. D. C.) in Eisenach hat I
verschiedene bemerkenswerte Beschlüsse gefasst, die |
das Interesse weiterer Kreise zu erregen geeignet sind.

Seit Jahren gehört die Deutsche Burschenschaft in ihrer
Gesamtheit einer Reihe nationaler Vereine, nämlich dem
Alldeutschen Verband, der Deutschen Kolonialgesell-
schaft, dem Ostmarkenverein, dem Deutschen Schutz-
verein für das nördliche Schleswig und dem Schulverein
an; einer der letzten ausserordentlichen Burschentage
beschloss dann weiterhin, mit einem Jahresbeitrag von
1000 Mk. dem Flottenverein beizutreten. Schon damals
fand sich nur eine knappe Mehrheit für den Beschluss;
die Gründe dieser Thatsache waren in gewissen misslichen
Zuständen im Flottenverein zu suchen. Nunmehr teilen
die „Burschenschaftlichen Blätter“ mit, das der A.D.C.
in seiner Eisenacher Pfingstagung einstimmig beschlossen
hat, aus dem Flottenverein auszutreten. Den einzelnen
Burschenschaften soll die Teilnahme an dem Flotten-
verein auch in Zukunft anheimgegeben werden. Dagegen
wurde der Semesterbeitrag für die übrigen nationalen
Vereine auf 1500 Mk. erhöht und ausserdem dem. Salz-
burger Hochschulverein eine Zuwendung von 1000 Mk.
gemacht. Diese Beschlüsse sind durch eine Kommission,
die sich seit Monaten mit dem Verhältnis des A.D.C.
zu den genannten Vereinen zu befassen hatte, von langer
Hand vorbereitet worden.
Juristische Fakultät in Münster i. W. Die gleiche
Summe wie der westfälische Provinzialausschuss, nämlich
75000 Mk., hat die Stadt Münster i. W. zur Erweiterung
ihrer Akademie durch Hinzufügung einer juristischen
Fakultät bereit gestellt, so dass die auf 150 000 Mk.
veranschlagten Gesamtkosten der ersten Einrichtung
gedeckt sind. Wie man hört, wird die Staatsregierung
einen entsprechenden Betrag bereits in den Staatshaus-
halt für 1902 einstellen.

Skizzen aus der ©^forder ^niVeusifätsstadt
von W.
III.
Ein Nachmittag auf der Isis.
Der Mai ist gekommen, auch die Oxforder Bäume haben
mit ungestümer Macht ausgeschlagen, das frische Grün steht in
herrlichem Gegensätze zu den grauen alten Colleges und scheint
ihrem ehrwürdigen Alter noch einige Jahrhunderte zuzufügen.
Reges Leben herrscht auf den Strassen, alles strömt in einer
Richtung, und eine ungewöhnlich grosse Anzahl muskulöser Ge-
stalten in knapper Sportskleidung ist unter der Menschenmenge
sichtbar. Wohin geht es? Nach dem Flusse, wo ein sechs Tage
dauernder hochinteressanter Wettkampf ausgefochten wird, d. i.
ein Bootrennen zwischen den 23 Colleges um die Ehre, den ober-
sten Platz auf dem Flusse- einnehmen zu dürfen.
Wir lassen uns also von der strömenden Menschenmenge
mitforttragen; jetzt stehen wir an der blauen Isis und ein wirk-
lich reizendes Bild entfaltet sich vor uns: Am linken Ufer des
Flusses liegt eine Reihe massiver, reichverzierter Barken; jede
trägt eine Fahne, deren Farben uns verraten, dass jede dieser
Barken einem der Colleges angehört; auf dem Verdecke wogt
und wallt es von duftigen Kleidern und Sonnenschirmen in allen

erdenklichen Farben; die Damenwelt hat sich dort auf die Ein-
ladung der ihnen bekannten oder verwandten Studenten hin,
versammelt, und trotz den Klängen der Kapelle, die das Ende
des Verdecks einnimmt, werden die Aussichten der verschiedenen
Colleges eifrig besprochen. Plötzlich richten sich alle Blicke
nach unten, denn acht herkulische Gestalten entsteigen jetzt dem
Inneren der Barke, wo sie eben ihre Ruderkleidung angelegt
haben. Manche stolze Mutter mustert da ihren Sohn mit wohl-
gefälligem Blick, ist er doch erwählt worden, für die sportliche
Ehre seines College zu fechten.
Die Bootsleute haben währenddessen einen schlanken Achter,
62 Fuss lang und kaum mehr als einen Fuss tief, in Bereitschaft
gestellt. Die Mannschaft steigt ein, der kleine Steuermann zu-
letzt, dessen kurze Statur und leichte Gestalt einen merkwürdigen
Gegensatz zu den Körper- und Muskeldimensionen der unter
seinem Befehl stehenden Ruderer bildet. Forward — Ready —
Paddle! ruft er und das leichte Boot fliegt von dannen, um seinen
Platz am Start einzunehmen; unsere Blicke folgen ihm mit wah-
rem Vergnügen, jedes Anziehen der Ruder zeigt äusserste Kraft-
anstrengung und zugleich vollendete Grazie; blitzschnell wendet
sich das leichte Handgelenk, wie aus einem Stücke gefertigt
schwingen die acht Ruderblätter wieder nach hinten und die
Bewegung beginnt von neuem.
Die 23 Achter können natürlich nicht alle auf einmal starten.
Sie werden in drei Abteilungen zu je 7 oder 8 Booten einge-
teilt; die unterste Abteilung kommt zuerst dran, die acht Boote,
 
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