Heidelberger Akademische Mitteilungen
Nr. 7
1901
Weibliche Studierende an der Leipziger Univer-
sität. Das sächsische Ministerium hat für das neue
Semester 20 Damen Erlaubnis zum Studium an der
Universität Leipzig erteilt. Von 70 im vorigen Semester
daselbst studierenden Damen sind nur 21 wieder zurück-
gekehrt.
Universität Würzburg. An der Würzburger Uni-
versität zählte man am 14. Mai 1023 Studierende.
Fakultäten und Studenten in Frankreich. Nach
dem soeben ausgegebenen Jahresbericht des französi-
schen Unterrichtsministeriums studierten im letzten Jahre
an den Universitäten Frankreichs 9786 Juristen, 8393
Mediziner, 2868 Pharmazeuten, 3762 Studenten der litte-
rarwissenschaftlichen Fakultäten, 3164 Studenten der
Fakultäten der exakten Wissenschaften. Paris zählte
12289 Studierende, Lyon 2458, Bordeaux 2119, Toulouse
2040. Geringer besucht waren die Hochschulen in Mont-
pellier, Rennes, Lille, Nancy, Aix.
Wartburgfest des Wingolf.
Vom 28.—31. Mai fand zu Eisenach das 25. Wart-
burgfest des Wingolf statt, zu welchem an 500 Teil-
nehmer, Vertreter aller aktiven Wingolfsverbindungen
und zahlreiche alte Herren aus allen deutschen Gauen
erschienen waren. Neben der Begrüssungskneipe im
lieblichen Ruhla, dem ein Frühschoppen auf der Hohen
Sonne folgte, der fröhlichen Vorkneipe und dem feier-
lichen Kommers in Eisenach fand ein Festzug auf die
Wartburg statt, in deren Hofe Professor Schöler aus
Friedberg i. H. die Festrede hielt. Beim Abstieg von
der Wartburg wurde an dem von Bildhauer Pfannschmidt-
Berlin (a. H. des Berliner Wingolf) entworfenen und
modellierten Denkmal zu Ehren der im Kriege 1870/71
gefallenen Wingolfiten eine kurze Gedenkfeier gehalten
und ein Kranz niedergelegt. Desgleichen wurde am
Grabe Sr. Kgl. Hoheit des verstorbenen Grossherzogs
Karl Alexander ein Kranz in den Wingolfsfarben nieder-
gelegt. Aus den belangreichen Verhandlungen der Ver-
treter-Konvente ist die Aufnahme von vier neuen
Wingolfsverbindungen, nämlich der an den technischen
Hochschulen zu Darmstadt, Karlsruhe, München und
Stuttgart neuerdings gegründeten Wingolfe in den
Wingolfsbund zu erwähnen. Zugleich vereinigten sich
die mehr als 5000 alten Herren des Wingolf zu einem
„Verbände alter Wingolfiten“. Für das Denkmal, welches
Sr. Kgl. Hoheit dem verstorbenen Grossherzog errichtet
werden soll, wurde eine grössere Summe dem Denkmal-
ausschuss überwiesen. Ein an den regierenden Gross-
herzog gerichtetes Telegramm fand huldreiche Beant-
wortung. Der Wingolfsbund umfasst im laufenden Se-
mester 21 Verbindungen mit annähernd 700 Aktiven und
Inaktiven, worunter ca. 290 Theologen, 120 Philologen
und Mathematiker, 90 Architekten und Ingenieure, 70
Mediziner, 60 Juristen, 20 Chemiker und 30 Studierende
anderer Berufsarten.
X. V.-C.-Turnfest in Gotha.
In der Woche nach Pfingsten wurde, vom herrlichsten
Wetter begünstigt, in Gotha das X. Turnfest des V.-C.,
des Verbandes der Turner schäften auf deut-
schen Hochschulen, gefeiert. Die Beteiligung
alter und junger Turnerschafter aus ganz Deutschland
war eine überaus rege, etwa 400 bunte Mützen gaben
dem Festbilde ein farbenprächtiges Aussehen. Die Ver-
anstaltungen wurden durch die wiederholte Anwesen-
heit Sr. Durchlaucht des Erbprinzen von Hohenlohe-
Langenburg, Regenten der Herzogtümer Sachsen-Co-
burg und Gotha ausgezeichnet. Auf dem Festkommers
am Dienstag, dem die Spitzen der Civil- und Militär-
behörden beiwohnten, betonte Se. Durchlaucht in längerer
Rede die Notwendigkeit der Körperübungen gerade in
den gebildeten Ständen, sie seien ein kräftiges Heilmittel
gegen den Pessimismus, der sich bei uns mehr breit
mache. So dürften auch die Turnerschaften auf ihre
hervorragenden turnerischen Leistungen mit Stolz zu-
rückblicken. Der Regent wohnte an zwei Tagen den
turnerischen Vorführungen mit dem grössten Interesse
bei. Äusser einer grossen Zahl von Musterriegen wurden
volkstümliche Wettkämpfe, Gerätewettturnen, Turnspiele,
Tennis, Keulen- und Stabübungen u. a. vorgeführt. Die
hervorragendsten Gesamtleistungen wies die Turner-
schaft Alsatia-Strassburg unter Leitung des Herrn
Kabus auf; sie errang den künstlerisch ausgestatteten,
bronzenen Ehrenschild des „Verbandes Alter Turner-
schafter“, welcher von der Altherrenschaft des V.-C.
als Wanderpreis gestiftet und durch ihren Vorsitzenden,
Herrn Oberlehrer Dr. Knörk-Gross-Lichterfelde, am
Mittwoch den Aktiven feierlich überreicht worden war.
Auch zeigte ein Alsate, Herr stud. iur. v. d. Way die
besten Einzelleistungen im volkstümlichen und Geräte-
wettturnen mit 644/ß Punkten. Der Donnerstag und
Freitag war Ausflügen in die Umgegend nach Georgenthal
und Bad Elgersburg gewidmet, dessen Besitzer ein alter
Turnerschafter ist. Die Gesamtleitung des Festes lag in
der Hand der präsidierenden Turnerschaft Cheruscia, ins-
besondere des Herrn Dr. Bock-Göttingen. Die turneri-
schen Vorführungen leitete mit ausgezeichnetem Erfolge
Herr Oberturnlehrer Schroeder-Bonn. An Se. Majestät
den Kaiser wurde folgendes Huldigungstelegramm ab-
gesandt:
„Die zum X. V.-C.-Turnfest in Gotha versammelten
Turnerschaften auf deutschen Hochschulen, deren Fest-
kommers sich durch die Anwesenheit Sr. Durchlaucht
des Erbprinzen zu Hohenlohe-Langenburg, Regierungs-
verwesers in den Herzogtümern Sachsen-Coburg und
Gotha, zu einer erhebenden vaterländischen Feier ge-
staltet, legen Ew. Majestät als Schützer deutschen
Studententums und kraftvoller Waffenerziehung das
Gelübde unwandelbarer Liebe und Treue huldigend
zu Füssen.“
Auf das an den Kaiser gerichtete Huldigungstele-
gramm lief nachfolgende Antwort ein:
„Der Kaiser und König haben Allerhöchst sich
über den Huldigungsgruss der zum Turnfest dort ver-
sammelten Turnerschaften auf deutschen Hochschulen
gefreut und lassen für die patriotische Kundgebung
vielmals danken. Auf Allerhöchsten Befehl. Ge-
heimer Kabinetsrat v. Lucanus.“
Veranstaltungen der Vereine.
Histor.-philos. Verein. Montag, den 10. Juni 1901, abends
8 J/2 Uhr, im roten Saale des Museums: Vortrag des
Herrn K. Pfaff: „Ausgrabungen in Heidelberg, Wies-
loch und Kirchheim 1900—1901.“
Sozialökonomische Vereinigung. Montag, den 10. Juni
1901, abends 8’/4 h. c. t. im Cafe Mai (Heidelberger
Hof), Wredeplatz. Vortrag des Herrn Privatdozenten
Dr. Hatschek: „Das australische Gemeinwesen im
Rahmen des englischen Imperialismus“. Kommilitonen
als Gäste auch ohne Einführung stets willkommen.
Nr. 7
1901
Weibliche Studierende an der Leipziger Univer-
sität. Das sächsische Ministerium hat für das neue
Semester 20 Damen Erlaubnis zum Studium an der
Universität Leipzig erteilt. Von 70 im vorigen Semester
daselbst studierenden Damen sind nur 21 wieder zurück-
gekehrt.
Universität Würzburg. An der Würzburger Uni-
versität zählte man am 14. Mai 1023 Studierende.
Fakultäten und Studenten in Frankreich. Nach
dem soeben ausgegebenen Jahresbericht des französi-
schen Unterrichtsministeriums studierten im letzten Jahre
an den Universitäten Frankreichs 9786 Juristen, 8393
Mediziner, 2868 Pharmazeuten, 3762 Studenten der litte-
rarwissenschaftlichen Fakultäten, 3164 Studenten der
Fakultäten der exakten Wissenschaften. Paris zählte
12289 Studierende, Lyon 2458, Bordeaux 2119, Toulouse
2040. Geringer besucht waren die Hochschulen in Mont-
pellier, Rennes, Lille, Nancy, Aix.
Wartburgfest des Wingolf.
Vom 28.—31. Mai fand zu Eisenach das 25. Wart-
burgfest des Wingolf statt, zu welchem an 500 Teil-
nehmer, Vertreter aller aktiven Wingolfsverbindungen
und zahlreiche alte Herren aus allen deutschen Gauen
erschienen waren. Neben der Begrüssungskneipe im
lieblichen Ruhla, dem ein Frühschoppen auf der Hohen
Sonne folgte, der fröhlichen Vorkneipe und dem feier-
lichen Kommers in Eisenach fand ein Festzug auf die
Wartburg statt, in deren Hofe Professor Schöler aus
Friedberg i. H. die Festrede hielt. Beim Abstieg von
der Wartburg wurde an dem von Bildhauer Pfannschmidt-
Berlin (a. H. des Berliner Wingolf) entworfenen und
modellierten Denkmal zu Ehren der im Kriege 1870/71
gefallenen Wingolfiten eine kurze Gedenkfeier gehalten
und ein Kranz niedergelegt. Desgleichen wurde am
Grabe Sr. Kgl. Hoheit des verstorbenen Grossherzogs
Karl Alexander ein Kranz in den Wingolfsfarben nieder-
gelegt. Aus den belangreichen Verhandlungen der Ver-
treter-Konvente ist die Aufnahme von vier neuen
Wingolfsverbindungen, nämlich der an den technischen
Hochschulen zu Darmstadt, Karlsruhe, München und
Stuttgart neuerdings gegründeten Wingolfe in den
Wingolfsbund zu erwähnen. Zugleich vereinigten sich
die mehr als 5000 alten Herren des Wingolf zu einem
„Verbände alter Wingolfiten“. Für das Denkmal, welches
Sr. Kgl. Hoheit dem verstorbenen Grossherzog errichtet
werden soll, wurde eine grössere Summe dem Denkmal-
ausschuss überwiesen. Ein an den regierenden Gross-
herzog gerichtetes Telegramm fand huldreiche Beant-
wortung. Der Wingolfsbund umfasst im laufenden Se-
mester 21 Verbindungen mit annähernd 700 Aktiven und
Inaktiven, worunter ca. 290 Theologen, 120 Philologen
und Mathematiker, 90 Architekten und Ingenieure, 70
Mediziner, 60 Juristen, 20 Chemiker und 30 Studierende
anderer Berufsarten.
X. V.-C.-Turnfest in Gotha.
In der Woche nach Pfingsten wurde, vom herrlichsten
Wetter begünstigt, in Gotha das X. Turnfest des V.-C.,
des Verbandes der Turner schäften auf deut-
schen Hochschulen, gefeiert. Die Beteiligung
alter und junger Turnerschafter aus ganz Deutschland
war eine überaus rege, etwa 400 bunte Mützen gaben
dem Festbilde ein farbenprächtiges Aussehen. Die Ver-
anstaltungen wurden durch die wiederholte Anwesen-
heit Sr. Durchlaucht des Erbprinzen von Hohenlohe-
Langenburg, Regenten der Herzogtümer Sachsen-Co-
burg und Gotha ausgezeichnet. Auf dem Festkommers
am Dienstag, dem die Spitzen der Civil- und Militär-
behörden beiwohnten, betonte Se. Durchlaucht in längerer
Rede die Notwendigkeit der Körperübungen gerade in
den gebildeten Ständen, sie seien ein kräftiges Heilmittel
gegen den Pessimismus, der sich bei uns mehr breit
mache. So dürften auch die Turnerschaften auf ihre
hervorragenden turnerischen Leistungen mit Stolz zu-
rückblicken. Der Regent wohnte an zwei Tagen den
turnerischen Vorführungen mit dem grössten Interesse
bei. Äusser einer grossen Zahl von Musterriegen wurden
volkstümliche Wettkämpfe, Gerätewettturnen, Turnspiele,
Tennis, Keulen- und Stabübungen u. a. vorgeführt. Die
hervorragendsten Gesamtleistungen wies die Turner-
schaft Alsatia-Strassburg unter Leitung des Herrn
Kabus auf; sie errang den künstlerisch ausgestatteten,
bronzenen Ehrenschild des „Verbandes Alter Turner-
schafter“, welcher von der Altherrenschaft des V.-C.
als Wanderpreis gestiftet und durch ihren Vorsitzenden,
Herrn Oberlehrer Dr. Knörk-Gross-Lichterfelde, am
Mittwoch den Aktiven feierlich überreicht worden war.
Auch zeigte ein Alsate, Herr stud. iur. v. d. Way die
besten Einzelleistungen im volkstümlichen und Geräte-
wettturnen mit 644/ß Punkten. Der Donnerstag und
Freitag war Ausflügen in die Umgegend nach Georgenthal
und Bad Elgersburg gewidmet, dessen Besitzer ein alter
Turnerschafter ist. Die Gesamtleitung des Festes lag in
der Hand der präsidierenden Turnerschaft Cheruscia, ins-
besondere des Herrn Dr. Bock-Göttingen. Die turneri-
schen Vorführungen leitete mit ausgezeichnetem Erfolge
Herr Oberturnlehrer Schroeder-Bonn. An Se. Majestät
den Kaiser wurde folgendes Huldigungstelegramm ab-
gesandt:
„Die zum X. V.-C.-Turnfest in Gotha versammelten
Turnerschaften auf deutschen Hochschulen, deren Fest-
kommers sich durch die Anwesenheit Sr. Durchlaucht
des Erbprinzen zu Hohenlohe-Langenburg, Regierungs-
verwesers in den Herzogtümern Sachsen-Coburg und
Gotha, zu einer erhebenden vaterländischen Feier ge-
staltet, legen Ew. Majestät als Schützer deutschen
Studententums und kraftvoller Waffenerziehung das
Gelübde unwandelbarer Liebe und Treue huldigend
zu Füssen.“
Auf das an den Kaiser gerichtete Huldigungstele-
gramm lief nachfolgende Antwort ein:
„Der Kaiser und König haben Allerhöchst sich
über den Huldigungsgruss der zum Turnfest dort ver-
sammelten Turnerschaften auf deutschen Hochschulen
gefreut und lassen für die patriotische Kundgebung
vielmals danken. Auf Allerhöchsten Befehl. Ge-
heimer Kabinetsrat v. Lucanus.“
Veranstaltungen der Vereine.
Histor.-philos. Verein. Montag, den 10. Juni 1901, abends
8 J/2 Uhr, im roten Saale des Museums: Vortrag des
Herrn K. Pfaff: „Ausgrabungen in Heidelberg, Wies-
loch und Kirchheim 1900—1901.“
Sozialökonomische Vereinigung. Montag, den 10. Juni
1901, abends 8’/4 h. c. t. im Cafe Mai (Heidelberger
Hof), Wredeplatz. Vortrag des Herrn Privatdozenten
Dr. Hatschek: „Das australische Gemeinwesen im
Rahmen des englischen Imperialismus“. Kommilitonen
als Gäste auch ohne Einführung stets willkommen.