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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg: Sommer-Halbjahr 1901 — 1901

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Akademische Mitteilungen für die Studierenden der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg Sommer-Halbjahr 1901, Nr. 8
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1901

Heidelbebgeb Akademische Mitteilungen

Nr. 8

Von der Universität Dorpat. Die Zeitung „Rossija“
berichtet, dass heuer in der Universität Dorpat (Jurjew)
einhundertundsechsundsiebzig Studenten wegen Nicht-
bezahlung der Kollegiengelder ausgeschlossen wurden.
Früher dispensierte man eine weit grössere Anzahl von
Studenten von diesen Zahlungen als jetzt; auch wurden
in früheren Jahren von den üniversitätsprofessoren zahl-
reiche Vorträge während der Fastenzeit vor Ostern zum
Besten der „Gesellschaft zur Unterstützung hilfsbedürf-
tiger Studenten“ gehalten; in diesem Jahre fand nur ein
einziger von diesen Vorträgen statt.
Aus der Gelehrten-Welt.
Gesellschaft für deutsche Erziehungs- und Schul-
geschichte. Die Gesellschaft für deutsche Erziehungs-
und Schulgeschichte hielt am 23. v. M. im Berliner Rat-
hause ihre achte Generalversammlung ab, der, wie wir
dem Reichsanzeiger entnehmen, der Bevollmächtigte zum
Bundesrat, Grossherzoglich sächsische Geheime Lega-
tionsrat Dr. Paulssen als Vertreter der thüringischen
Staaten, der Archivar Dr. Brunner als Vertreter des
Grossherzogtums Baden, sowie viele Berliner und aus-
wärtige Mitglieder beiwohnten. Den Vorsitz führte der
Schulinspektor Dr. Fischer-Berlin, der zunächst des ver-
storbenen I. Vorsitzenden, Prof. Dr. Schwalbe, gedachte
und sodann mitteilte, dass die Reichssubvention im Betrage
von 30 000 Mk. auch für das Jahr 1901 bewilligt und eine
Erhöhung der Subvention auf 50 000 Mk. angeregt sei.
Dem Bericht des Schatzmeisters, Professors Fechner,
war zu entnehmen, dass die Mitgliederzahl von 762 auf
803 angewachsen ist. Aus der Reichssubvention von
30 000 Mk. sind im letzten Jahre 27 695 Mk. verausgabt
worden, so dass noch 2305 Mk. zur Verfügung stehen.
Eigene Einnahmen hatte die Gesellschaft 4849 Mk.; für
Honorare, Druck- und Geschäftskosten und dergleichen
wurden 4370 Mk. verausgabt.
Den Bericht über die wissenschaftlichen Veröffent-
lichungen der Gesellschaft und die Thätigkeit der Grup-
pen erstattete Professor Kehrbach. Die Arbeiten der
„Monumenta Germaniae Paedagogica“ sind wesentlich
gefördert worden. Von den badischen Schulordnungen
liegt der erste Band druckfertig vor, weitere können in
kurzer Frist folgen. Die hessischen Schulordnungen wer-
den einer kritischen Bearbeitung unterworfen; der erste
Band wird im Jahre 1903 fertig werden. Wegen Bearbei-
tung der Schulordnungen anderer Landesteile schweben

die sich in früheren Wettfahrten die „obersten Plätze“ errungen
haben, kommen zuletzt dran.
Wegen der geringen Breite des Stromes gruppieren sich
die 7 oder 8 Boote nicht neben- sondern hintereinander, mit
einem Zwischenräume von 6o Fuss zwischen den Fahrzeugen.
Jede Mannschaft, mit Ausnahme der vordersten und letzten,
hat also die doppelte Aufgabe, das vor ihr hineilende Boot ein-
zuholen, und sich von der hinter ihr rudernden Mannschaft nicht
einholen zu lassen.
Jetzt hat sich die erste Abteilung gruppiert, ein Kanonen-
schuss vom Start-Ende her warnt die unzähligen Vergnügungs-
boote, dass die Bahn freigemacht werden muss. Alle Blicke
richten sich nach dem Start; eine dichte Menschenmenge hat
sich dort neben den Booten aufgestellt, die grosse Mehrzahl ist
sportsmässig gekleidet, ein gestrickter Wams (sweater), Knie-
hosen und niedrige Schuhe zeigen, dass sie nicht nur zusehen,
sondern neben dem Boote ihres College herlaufen wollen, um
mit Handglocken, Knarren, Zurufen, Pistolenschüssen und Sieges-
versicherungen der Mannschaft den nötigen Mut und Enthusias-
mus einzuflössen. — Was, da sind ja einige mindestens 40 Jahr
alte akademischeWürdenträger unter denen, die mitlaufen wollen!
Gewiss, so mancher Oxforder Professor oder Dozent lässt sein
Interesse am Sport trotz seiner Jahre nicht alt werden. Wenn
sein College den Wettkampf auf dem Flusse aufnimmt, so legt
er seine ehrwürdige akademische Gewandung beiseite, wirft sich
in Sportskleidung und, trotz grauer Haare oder Glatze, trotz

Verhandlungen. Von dem vierbändigen Werke über die
evangelischen Katechismusversuche von Luther ist der
dritte Band unlängst fertig geworden. Von der in Arbeit
befindlichen Ausgabe der ältesten deutschen Grammatiken,
einem Werke, das auf fünf Bände berechnet ist, wird
der erste Band erst in fünf Jahren druckfertig; von der
Geschichte des geographischen Unterrichts im Zeitalter
des Humanismus und der Reformation soll der erste
Teil vom Verfasser, Professor Votsch-Magdeburg, Mitte
dieses Jahres abgeliefert werden. Professor Stengel-
Greifswald hat eine Geschichte der französischen Schul-
grammatiken in Bearbeitung genommen. Beschäftigt sind
ferner der Schulrat Israel-Dresden mit einer Pestalozzi-
Bibliographie, der Professor Kvaesala-Dorpat mit einer
Sammlung der bedeutendsten Briefe und Schriften der
deutschen Mitarbeiter des Comenius. Von dem Werk über
die Geschichte der Erziehung der Prinzen und Prinzes-
sinnen aus dem Hause Hohenzollern ist der erste Band in
Druck gelegt, der zweite wird bald folgen. Ein ähnliches
Werk über die Prinzenerziehung in Weimar wird vorberei-
tet, desgleichen ist eine Schulgeschichte von Frankfurt
a. Main in Bearbeitung. Prof. Bauch-Breslau veröffentlicht
unter der Aegide der Gesellschaft eine Geschichte der
Universität Frankfurt a. O. Auch die einzelnen Gruppen
der Gesellschaft, so die von Oesterreich, Bayern und
Pommern, gaben Veröffentlichungen heraus. Von der
grossen Bibliographie des gesamten Erziehungs- und
Bildungswesens in den Ländern deutscher Zunge ist
der zweite, die Litteratur des Jahres 1897 umfassende
Band erschienen, in dem 2400 Bücher, über 6000 Auf-
sätze aus 440 Zeitschriften und Sammelwerken und 290
Verordnungen aufgeführt und besprochen sind.
Neu in den Vorstand wurden zum Schluss Staats-
minister D. Dr. Bosse, Geheimer Regierungsrat Professor
Dr. Slaby und Prälat Professor Bach (München) gewählt.
Veranstaltungen der Vereine.
Histor.-philos. Verein. Montag, den 17. Juni 1901, abends
8*/2 Uhr, im Museum (Speisezimmer): Vortrag des
Herrn 0. Neumann: „Eindrücke und Skizzen einer
Reise nach St. Petersburg.“ '
Sozialökonomische Vereinigung. Montag, den 17. Juni
1901, abends 8’/2 h. c. t. im Cafe Mai (Heidelberger
Hof), Wredeplatz. Vortrag des Herrn stud. cam. Pfan-
nenschmidt: „Zur Frage der landwirtschaftlichen
Konkurrenz Argentiniens. Kommilitonen als Gäste auch
ohne Einführung stets willkommen.

aller Gelehrsamkeit und aller Amtswürde, läuft er inmitten der
Schar seiner Jünger neben seinem Boote her, vom Start bis
zum Ziel; und gelingt es seiner Mannschaft ein Boot einzuholen
und so „einen Platz heraufzukommen“, so hat er trotz eines
etwa 10 Minuten langen, scharfen Trabes immer noch Atem
genug, um mit ganzem Herzen und voller Kehle in drei dröh-
nende „cheers“ für sein siegreiches Boot einzustimmen.
Am folgenden Tage wiederholt sich der ganze Wettlauf nur
mit dem Unterschiede, dass die Boote in der neuen Reihenfolge
antreten, die die Resultate des vorhergehenden Tages bestimmt
haben, und so geht es eine ganze Woche lang, während welcher
ganz Oxford von nichts anderem als dem Wettkampf und den
Leistungen der verschiedenen Colleges spricht.
Man kann sich also denken, mit welch’ ungeheurem Interesse
der weit wichtigere Wettkampf zwischen Oxford und der
Schwester-Universität Cambridge verfolgt wird. Scharen von
Oxfordern pilgern nach London, Scharen von Londonern be-
geben sich 4-5 Stunden vor Beginn des Wettrennens an die
Ufer der Themse und sind dann ganz zufrieden, wenn sie die
dahinschiessenden Boote auch nur einen Augenblick zu Gesichte
bekommen.
Der Durchschnittsstudent an einer englischen Universität
stellt eben die Ausbildung des Körpers der des Geistes gleich;
sein erstes und wichtigstes Sprichwort ist: mens sana in cor-
pore sano. _
 
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