1901
Heidelberger Akademische Mitteilungen
Nr. 14
Hochscliulnaclirichten.
Heidelberg, 26. Juli 1901.
Ernennungen. Der ausserordentliche Professor Dr.
Hoops wurde zum ordentlichen Professor ernannt,
Privatdozent Dr. Ehrismann erhielt den Charakter
eines ausserordentlichen Professors.
Ausländer an der Hochschule. Auf den in Nr. 13
der „Akademischen Mitteilungen“ abgedruckten Artikel
der „Heidelberger Zeitung“ erhielt das Blatt folgende
Zuschrift: In der Nr. 161 der Heidelberger Zeitung finde
ich in dem Artikel, der die Protest-Eingabe der Kliniker
betrifft, die Behauptung, dass diese Herren „energisch
gegen das unbescheidene, anmassende Auftreten der
Ausländer, besonders der Polen, protestieren“, eine
Behauptung, die ich als durchaus unrichtig bezeichnen
muss. Denn zunächst studieren an den hiesigen Kliniken
nicht Polen, sondern Hin einziger Pole, der zudem Reichs-
deutscher-Angehöriger ist, ein deutsches Gymnasium be-
sucht, auf deutscher Universität die Vorprüfung abgelegt
und stets mit seinen Kollegen im besten Einvernehmen
gelebt hat. Nachdem ich gestern mit dem Ausschuss
der Petition, der nur sein Bedauern über einen solchen
unliebsamen Vorfall ausgedrückt und mich zur Abfassung
dieser Worte veranlasst hatte, Rücksprache genommen
habe, bitte ich Sie eine Berichtigung in entsprechender
Form veröffentlichen zu wollen.
. Hochachtungsvoll
V. J., cand. med.
Heidelberg, den 19. Juli 1901.
Von anderen Hochschulen.
Studierende an deutschen Universitäten. Die Zahl
der an den reichsdeutschen Universitäten immmatriku-
lierten Studierenden hat sich im'Sommersemester 1901
gegen das letzte Wintersemester (1900/01) wieder um
1195 vermehrt. Es sind 35 558 Studierende immatriku-
liert worden, während deren Zahl im letzten Winter
nur 34 363 betrug. Im Sommer 1900 waren es 34 385.
Die Steigerung um etwa 1000 in jedem Jahr hält seit
1896 an und zeigt eine wachsende Tendenz. Die bevor-
zugteste Wissenschaft ist die Rechtswissenschaft. Ihr
widmen sich 9974 Studierende. Es folgen die Medizin
mit 6474, Philosophie, Philologie und Geschichte mit
4963, Mathematik und Naturwissenschaften mit 4474,
die evangelische Theologie mit 2233, die katholische
Theologie mit 1599, die Pharmacie mit 1179, die Land-
wirtschaft, Geodäsie und Landeskultur mit 782, die
Forstwissenschaft mit 720, die Zahnheilkunde mit 422,
die Tierheilkunde mit 132 Studierenden. Eine Abnahme
von Studierenden zeigt sich nur bei der Medizin und
bei der evangelischen Theologie.
An den sämtlichen deutschen Universitäten befinden
sich zur Zeit 1500 Studierende der katholischen Theo-
logie, darunter 983 Preussen, 227 Bayern, 179 Württem-
berger, 156 Badener, 20 Oldenburger, 43 Elsass-Loth-
ringer, 4 aus dem Grossherzogtum Hessen, je 2 Braun-
schweiger und Hamburger, je 1 aus Lippe, Lübeck und
Waldeck. Berechnet man für diese Zahlen das Verhältnis
zu jedem Hunderttausend der betreffenden katholischen Be-
völkerung, wobei man auch heute noch auf die Konfessions-
statistik vom Jahre 1890 angewiesen ist, so ergiebt sich
folgende Uebersicht: es berechnen sich 38,4 für Oldenburg,
29,3 für Württemberg, 15,6 für Baden, 5,5 für Bayern,
1,4 für Hessen und 1,1 für Elsass-Lothringen.
Ausländer auf deutschen Universitäten. Die Zahl
der Ausländer, die im gegenwärtigen Sommer auf reichs-
deutschen Universitäten immatrikuliert sind, ist 2606.
Die Zahl ist etwas geringer als im letzten Winter, wo
sie 2698 betrug, und viel höher als im Sommerhalbjahr
1900, das nur 2322 Ausländer verzeichnet hat. Von
obiger Zahl studieren 646 Philosophie, Philologie und
Geschichte, 579 Mathematik und Naturwissenschaften,
568 Medizin, 313 Rechtswissenschaft, 147 evangelische
Theologie, 25 katholische Theologie, 146 Forstwissen-
schaft und Cameralia, 138 Landwirtschaft, 25 Pharmacie,
19 Zahnheilkunde. Die meisten Ausländer, nämlich 717,
sind Russen; die anderen Staatsangehörigen reihen sich
ihnen mit folgenden Ziffern an: Oesterreicher und
Ungarn 507, Schweizer 259, Engländer 157, Bulgaren 68,
Holländer 50, Franzosen 47, Griechen 46, Italiener 44,
Serben 44, Luxemburger 38, Rumänen 37, Türken 35,
Schweden und Norweger 26, Belgier 22, Dänen 8,
Spanier 5, Portugiesen 2, Montenegriner 2. Aus ausser-
europäischen Ländern kommen 492. Von diesen letzteren
sind 323 Amerikaner, weit überwiegend aus den ver-
einigten Staaten; 154 kommen aus Asien und zwar fast
ausschliesslich aus Japan, 12 aus Afrika, 3 aus Au-
stralien.
Universitätsbibliothek za Berlin. Ein sehr be-
deutendes Wachstum der Universitätsbibliothek zu Berlin
im letzten Jahrzehnt veranschaulicht der soeben vom
Direktor der Bibliothek veröffentlichte Jahresbericht 1900,
der die Ziffern des Berichtsjahres mit denen des Jahres
1890 in Vergleich stellt. Während 1890 die Zahl der
erledigten Bestellungen 32 943 betrug, zeigt das Jahr
1900 mit 64689 erledigten Bestellungen beinahe die
doppelte Anzahl. Die Zahl der studentischen Benutzer
ist von 14,3 Prozent aller Studierenden im Jahre 1890
auf 52,7 Prozent im Jahre 1900 gestiegen, der Lesesaal,
der 1890 von 15 657 Personen besucht wurde, hatte 1900
eine Besucherzahl von 47 043. Der Anschaffungsfond
ist von 10 500 Mk. im Jahre 1890 auf 21000 Mk. ge-
stiegen, wozu noch ausserordentliche staatliche Zuschüsse
zur Ausfüllung von Lücken kommen, die im letzten
Jahre 25000 Mk. betragen haben.
Aus der Gelehrten-Welt.
Wissenschaftlicher Kongress. Ein grosser inter-
nationaler Kongress der Geschichtsforscher aller Rich-
tungen wird im Frühjahr 1902 in Rom abgehalten werden.
Das Ehrenpräsidium hat König Viktor Emanuel III.
übernommen, die offiziellen Einladungen erfolgen durch
das Ministerium des Auswärtigen. Generalsekretär des
Kongresses ist der Archivdirektor dieses Ministeriums,
Professor Dr. Gorrini in Rom.
Preise für wissenschaftliche Arbeiten. Die König-
liche Akademie der Wissenschaften in Berlin teilte in
ihrer „Leibniz-Sitzung“ am 4. d. M. folgende Preise aus:
3000 Mk. Herrn Dr. phil. Ernst Cassirer für seine Dar-
stellung des Leibniz’schen Systems, — den ersten Preis
der Charlotte-Stiftung Herrn Dr. phil. Johannes Schöne
und eine Prämie von 1200 Mk. Herrn Dr. phil. Wilhelm
Croenert, beiden für ihre Arbeiten über die griechischen
Doppelnamen —, den Preis der Graf Loubat-Stiftung
im Betrage von 3000 Mk. dem amerikanischen Geschichts-
schreiber James Rhodes für sein dreibändiges Werk:
History of the United States from the compromise of
1850 (1892/95), — aus der Eduard Gerhard-Stiftung
dem Professor Ferdinand Noack, Jena, 2000 Mk. für
seine Aufnahmen alter Städte in Akarnanien und Aetolien.
Heidelberger Akademische Mitteilungen
Nr. 14
Hochscliulnaclirichten.
Heidelberg, 26. Juli 1901.
Ernennungen. Der ausserordentliche Professor Dr.
Hoops wurde zum ordentlichen Professor ernannt,
Privatdozent Dr. Ehrismann erhielt den Charakter
eines ausserordentlichen Professors.
Ausländer an der Hochschule. Auf den in Nr. 13
der „Akademischen Mitteilungen“ abgedruckten Artikel
der „Heidelberger Zeitung“ erhielt das Blatt folgende
Zuschrift: In der Nr. 161 der Heidelberger Zeitung finde
ich in dem Artikel, der die Protest-Eingabe der Kliniker
betrifft, die Behauptung, dass diese Herren „energisch
gegen das unbescheidene, anmassende Auftreten der
Ausländer, besonders der Polen, protestieren“, eine
Behauptung, die ich als durchaus unrichtig bezeichnen
muss. Denn zunächst studieren an den hiesigen Kliniken
nicht Polen, sondern Hin einziger Pole, der zudem Reichs-
deutscher-Angehöriger ist, ein deutsches Gymnasium be-
sucht, auf deutscher Universität die Vorprüfung abgelegt
und stets mit seinen Kollegen im besten Einvernehmen
gelebt hat. Nachdem ich gestern mit dem Ausschuss
der Petition, der nur sein Bedauern über einen solchen
unliebsamen Vorfall ausgedrückt und mich zur Abfassung
dieser Worte veranlasst hatte, Rücksprache genommen
habe, bitte ich Sie eine Berichtigung in entsprechender
Form veröffentlichen zu wollen.
. Hochachtungsvoll
V. J., cand. med.
Heidelberg, den 19. Juli 1901.
Von anderen Hochschulen.
Studierende an deutschen Universitäten. Die Zahl
der an den reichsdeutschen Universitäten immmatriku-
lierten Studierenden hat sich im'Sommersemester 1901
gegen das letzte Wintersemester (1900/01) wieder um
1195 vermehrt. Es sind 35 558 Studierende immatriku-
liert worden, während deren Zahl im letzten Winter
nur 34 363 betrug. Im Sommer 1900 waren es 34 385.
Die Steigerung um etwa 1000 in jedem Jahr hält seit
1896 an und zeigt eine wachsende Tendenz. Die bevor-
zugteste Wissenschaft ist die Rechtswissenschaft. Ihr
widmen sich 9974 Studierende. Es folgen die Medizin
mit 6474, Philosophie, Philologie und Geschichte mit
4963, Mathematik und Naturwissenschaften mit 4474,
die evangelische Theologie mit 2233, die katholische
Theologie mit 1599, die Pharmacie mit 1179, die Land-
wirtschaft, Geodäsie und Landeskultur mit 782, die
Forstwissenschaft mit 720, die Zahnheilkunde mit 422,
die Tierheilkunde mit 132 Studierenden. Eine Abnahme
von Studierenden zeigt sich nur bei der Medizin und
bei der evangelischen Theologie.
An den sämtlichen deutschen Universitäten befinden
sich zur Zeit 1500 Studierende der katholischen Theo-
logie, darunter 983 Preussen, 227 Bayern, 179 Württem-
berger, 156 Badener, 20 Oldenburger, 43 Elsass-Loth-
ringer, 4 aus dem Grossherzogtum Hessen, je 2 Braun-
schweiger und Hamburger, je 1 aus Lippe, Lübeck und
Waldeck. Berechnet man für diese Zahlen das Verhältnis
zu jedem Hunderttausend der betreffenden katholischen Be-
völkerung, wobei man auch heute noch auf die Konfessions-
statistik vom Jahre 1890 angewiesen ist, so ergiebt sich
folgende Uebersicht: es berechnen sich 38,4 für Oldenburg,
29,3 für Württemberg, 15,6 für Baden, 5,5 für Bayern,
1,4 für Hessen und 1,1 für Elsass-Lothringen.
Ausländer auf deutschen Universitäten. Die Zahl
der Ausländer, die im gegenwärtigen Sommer auf reichs-
deutschen Universitäten immatrikuliert sind, ist 2606.
Die Zahl ist etwas geringer als im letzten Winter, wo
sie 2698 betrug, und viel höher als im Sommerhalbjahr
1900, das nur 2322 Ausländer verzeichnet hat. Von
obiger Zahl studieren 646 Philosophie, Philologie und
Geschichte, 579 Mathematik und Naturwissenschaften,
568 Medizin, 313 Rechtswissenschaft, 147 evangelische
Theologie, 25 katholische Theologie, 146 Forstwissen-
schaft und Cameralia, 138 Landwirtschaft, 25 Pharmacie,
19 Zahnheilkunde. Die meisten Ausländer, nämlich 717,
sind Russen; die anderen Staatsangehörigen reihen sich
ihnen mit folgenden Ziffern an: Oesterreicher und
Ungarn 507, Schweizer 259, Engländer 157, Bulgaren 68,
Holländer 50, Franzosen 47, Griechen 46, Italiener 44,
Serben 44, Luxemburger 38, Rumänen 37, Türken 35,
Schweden und Norweger 26, Belgier 22, Dänen 8,
Spanier 5, Portugiesen 2, Montenegriner 2. Aus ausser-
europäischen Ländern kommen 492. Von diesen letzteren
sind 323 Amerikaner, weit überwiegend aus den ver-
einigten Staaten; 154 kommen aus Asien und zwar fast
ausschliesslich aus Japan, 12 aus Afrika, 3 aus Au-
stralien.
Universitätsbibliothek za Berlin. Ein sehr be-
deutendes Wachstum der Universitätsbibliothek zu Berlin
im letzten Jahrzehnt veranschaulicht der soeben vom
Direktor der Bibliothek veröffentlichte Jahresbericht 1900,
der die Ziffern des Berichtsjahres mit denen des Jahres
1890 in Vergleich stellt. Während 1890 die Zahl der
erledigten Bestellungen 32 943 betrug, zeigt das Jahr
1900 mit 64689 erledigten Bestellungen beinahe die
doppelte Anzahl. Die Zahl der studentischen Benutzer
ist von 14,3 Prozent aller Studierenden im Jahre 1890
auf 52,7 Prozent im Jahre 1900 gestiegen, der Lesesaal,
der 1890 von 15 657 Personen besucht wurde, hatte 1900
eine Besucherzahl von 47 043. Der Anschaffungsfond
ist von 10 500 Mk. im Jahre 1890 auf 21000 Mk. ge-
stiegen, wozu noch ausserordentliche staatliche Zuschüsse
zur Ausfüllung von Lücken kommen, die im letzten
Jahre 25000 Mk. betragen haben.
Aus der Gelehrten-Welt.
Wissenschaftlicher Kongress. Ein grosser inter-
nationaler Kongress der Geschichtsforscher aller Rich-
tungen wird im Frühjahr 1902 in Rom abgehalten werden.
Das Ehrenpräsidium hat König Viktor Emanuel III.
übernommen, die offiziellen Einladungen erfolgen durch
das Ministerium des Auswärtigen. Generalsekretär des
Kongresses ist der Archivdirektor dieses Ministeriums,
Professor Dr. Gorrini in Rom.
Preise für wissenschaftliche Arbeiten. Die König-
liche Akademie der Wissenschaften in Berlin teilte in
ihrer „Leibniz-Sitzung“ am 4. d. M. folgende Preise aus:
3000 Mk. Herrn Dr. phil. Ernst Cassirer für seine Dar-
stellung des Leibniz’schen Systems, — den ersten Preis
der Charlotte-Stiftung Herrn Dr. phil. Johannes Schöne
und eine Prämie von 1200 Mk. Herrn Dr. phil. Wilhelm
Croenert, beiden für ihre Arbeiten über die griechischen
Doppelnamen —, den Preis der Graf Loubat-Stiftung
im Betrage von 3000 Mk. dem amerikanischen Geschichts-
schreiber James Rhodes für sein dreibändiges Werk:
History of the United States from the compromise of
1850 (1892/95), — aus der Eduard Gerhard-Stiftung
dem Professor Ferdinand Noack, Jena, 2000 Mk. für
seine Aufnahmen alter Städte in Akarnanien und Aetolien.