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1899/1900

Heidelbebgeb Akademische Mitteilungen

Nr. 7

Stadt ein Gesuch an den Senat unserer Universität gerichtet
und diesen gebeten, bei der Einrichtung solcher Volkshoch-
schulkurse mitwirken zu wollen. Der Senat konnte schon
damals aus sich heraus auf dies Gesuch eine grundsätzlich
wohlwollende Antwort erteilen, musste jedoch, des nahe be-
vorstehenden Schlusses des Sommerhalbjahrs wegen, auf eine
erst im Beginn des Winterhalbjahrs einzuberufende allgemeine
Dozentenversammlung verweisen, der die Sache vorzulegen
sei, um vorerst festzustellen, wie viele und welche der hie-
sigen Hochschullehrer sich bereit erklären würden, den in
Bede stehenden Plan durch persönliche Uebernahme der Ver-
pflichtung zu Vorträgen vor der Mannheimer Arbeiterschaft
zu unterstützen. Am letzten Samstag nun fand in der Aula
der Universität diese Dozentenversammlung statt. Sie war
recht zahlreich besucht und bekundete durch eine Beihe
nahezu einstimmig gefasster Beschlüsse, dass sie mit grosser
Wärme auf die Sache einzugehen und dem Bildungsdrang der
Arbeiterschaft Mannheims entgegenzukommen geneigt sei. Es
wurde zunächst beschlossen, nach Mannheim mitzuteilen,
dass sie, die heute tagende Heidelberger Dozenten Versamm-
lung, grundsätzlich ihre Sympathie für das von den vereinig-
ten dortigen Arbeitervereinen vorgeschlagene Unternehmen
ausspreche. Es kreiste ferner eine Liste, in der sich sofort zahl-
reiche anwesende Herren eintrugen, um durch ihre Namens-
unterschrift ihre Bereitwilligkeit auszudrücken, sogenannte
Vortragscyklen, etwa je 6—10 Einzelvorträge, für die Sache
der Volkshochschulkurse in Mannheim zu übernehmen. Es
wurde endlich die Einsetzung eines Ausschusses beschlossen,
welcher die Angelegenheit im Einvernehmen mit den Mann-
heimer Arbeitervereinen weiter zu leiten die Aufgabe hat,
welcher aber auch allgemein, falls etwa in noch anderen
Städten als Mannheim das Bedürfnis nach Volkshochschul-
kursen rege werden würde, die zuständige Heidelberger Stelle
für Befriedigung derartiger Bildungsbedürfnisse innerhalb der
handarbeitenden Volksklassen sein soll. In den Ausschuss
wurden, unter erwünschter Berücksichtigung der einzelnen
fünf Fakultäten, folgende fünf Herren erwählt: der ordentliche
Professor Dr. Deissmann von der theologischen, der ausser-
ordentliche Professor Dr. Mittermaier von der juristischen,
der Privatdozent Dr. Brauer von der medizinischen, der
ordentliche Professor und derzeitige Prorektor der Universität
Dr. Osthoff von der philosophischen und der ausserordent-
liche Professor Dr. Salomon von der naturwissenschaftlich-
mathematischen Fakultät. Nach Schluss der Versammlung

Heidelberger Studien vor 100 Jahren.
Plauderei von Dr. B. Nachdruck verboten.
Das Leben und Treiben des deutschen Studenten in der
Vergangenheit hat stets einen mächtigen Anziehungspunkt
für kulturgeschichtliche Forschung nach verschiedenen Seiten
hin geboten.- Weniger Beachtung hat in dieser Hinsicht
die verehrungswürdige Gestalt des deutschen Professors ge-
funden, auch die Geschichte des Universitätsunterrichts, der
an jeder Hochschule eigenartig verschieden gestaltet war
und ohne Zweifel historischer Untersuchung reizvolle Stoffe
gewährt, ist nicht entsprechend erforscht und dargestellt.
Für die akademischen Bürger, die an der Wende des Jahr-
hunderts der gefeierten Buperto - Carola anzugehören sich
rühmen dürfen, wird gewiss ein Bückblick auf die Studien
an derselben Alma Mater, die nun schon fünf Jahrhundert-
wechsel in unverwelklicher Frische hat kommen und gehen
sehen, um die Wende des vorigen Jahrhunderts nicht un-
willkommen sein.
Vor mir liegt zunächst eine „Anzeige der Vorlesungen,
welche im Sommerhalbjahre vom 11. May bis zu Ende Sep-
tember 1789 auf der hohen Schule zu Heidelberg gehalten
werden.“ Ebenso vom Sommer 1797 und weiterhin vom
Winter 1805/06. Das waren ausgiebige Semester, die an die

bildete sich der Ausschuss sofort unter dem Vorsitz des Pro-
rektors Herrn Professor Osthoff, beschloss, sich den Titel
„Ausschuss für Volkshochschulkurse der Universität Heidel-
berg“ beizulegen, und ergänzte sich, da ihm von der Gene-
ralversammlung das Eecht der Kooptation erteilt worden war,
durch den ausserordentlichen Professor der Philosophie Herrn
Dr. Hensel. Unsere Hochschule hat durch dieses Vorgehen
der grossen Mehrzahl ihrer Dozentenschaft in erfreulicher
Weise bekundet, dass sie, die Zeichen der Zeit verstehend,
von einem frischen Zuge modernen Denkens durchweht ist,
dass sie, die alte Buperto-Carola, doch zugleich die ewig
junge zu sein als ihre Aufgabe erkennt.
Heidelbergs Hochschule im .nächsten Staatshaus-
halt. In dem ausserordentlichen Staatshaushalt für 1900
auf 1901 ist als erste Bäte für den Neubau einer Universi-
tätsbibliothek der Betrag von 250 000 Mk. vorgesehen. Der-
selbe enthält ferner die Anforderung einer ersten Bäte von
100 000 Mk. für Erweiterung der hiesigen Frauenklinik; die
Gesamtkosten dieser Erweiterung sind auf 166 500 Mk. ver-
anschlagt. Für grössere bauliche Veränderungen in den Ge-
bäuden der chirurgischen Klinik dahier werden als zweite
Bäte des zu 161000 Mk. angenommenen Gesamtaufwandes
61000 Mk., für grössere bauliche Herstellungen und Ver-
besserungen an Heidelberger Universitätsgebäuden 60000 Mk.,
für den Anschluss der klinischen Anstalten, sowie verschie-
dener anderer Universitäts-Institute an das städtische Elek-
trizitätswerk 35 000 Mk. und für bauliche Veränderungen
in der hiesigen Irrenklinik 25000 Mk. verlangt.
Deutsche Schillerstiftung. Zum Vorort des badischen
Zweigvereins der deutschen Schillerstiftung ist Heidelberg
gewählt worden, wo der Vorstand aus den Herren Direktor
Dr. Thor b ecke, Direktor Dr. Bö ekel, Professor Sütter-
lin und Bankdirektor Krastel besteht. Aus der Begeiste-
rung der grossen Schillerfeier des Jahres 1859 geboren, hat
sich die Schillerstiftung aus bescheidenen Anfängen zu einem
stattlichen Bau entwickelt. Zweck und Streben derselben ist
es, namhaften deutschen Schriftstellern oder deren Hinter-
bliebenen den Kampf um die Existenz zu erleichtern, ihnen
in Fällen der Not beizustehen und ihrem Wirken auch äussere
Zeichen der Anerkennung zu teil werden zu lassen. Die letzte
Jahresversammlung in Karlsruhe gab ein erfreuliches Bild
von dem Stand und der Wirksamkeit des Vereins, der in
dem Kampf gegen Not und Elend für die Vertreter unseres
Schrifttums schon so Hervorragendes geleistet hat, und ge-

Leistungsfähigkeit von Lehrern und Lernenden, zumal während
der ununterbrochenen heissen Zeit, nicht geringe Anforde-
rungen stellten. Die Ferien waren nur kurz bemessen:
knapp 4 Wochen im Herbste, wo das neue Semester bereits
Ende Oktober wiederbegann, und kaum ebenso viel um Ostern.
Die Vorlesungen begannen früh morgens um 7 ühr (im
Winter um 8 Uhr) und dauerten bis 12 Uhr; nachmittags
2 Uhr wurden sie fortgesetzt und endeten oft erst am Abend
um 8 Uhr.
Fakultäten im alten Sinn gab es damals nicht mehr,
und unsere jetzige Organisation bestand noch nicht. Die
Anzeige der Vorlesungen erfolgt einfach nach inhaltlich be-
zeichneten Gruppen: Gottesgelehrtheit; exegetische Vorle-
sungen über das alte und über das neue Testament; Bechts-
gelehrtheit; Arzneigelehrtheit; Weltweisheit; Mathematik;
Geschichtskunde; staatswirtschaftliche Wissenschaften (Vor-
bereitungswissenschaften und Staatswirtschaft); ausländische
lebende Sprachen; freie Künste. Die Universitäten stellten
damals in der That noch die “universitas litterarum“ dar, die
ihnen ja heute im Zeitalter der mächtig emporstrebenden
technischen Hochschulen bekanntlich nicht mehr im vollen
Umfang erhalten geblieben ist. Da haben neben Thematen
höchster Gelehrsamkeit auch Fragen fürs praktische Leben
ihren Platz, so die Landwirtschaft, die Forstwissenschaft, die
 
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