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Rink: Eskimoiske Eventyr og Sagn.
wenn man in den Gegenden, wo Franklin umgekommen ist, neue
errichten wollte. Besonders jedoch sind die Grönländer der Herrn-
huter Mission in das tiefste Elend und die starrste Trägheit ver-
sunken und nehmen von Jahr zu Jahr bedeutend ab.« Die Woh-
nungen dieser armen Menschen nennt Rink schreckliche Löcher,
die keine Feder so zu schildern vermag, dass der Fremde sich
davon eine Vorstellung machen könne. Die Bevölkerung des däni-
schen Grönland schlug Egede bei seiner Ankunft auf circa 30,000
Seelen an. War diese Angabe auch vielleicht etwas zu hoch ge-
griffen, so hat sich doch jedenfalls die Bevölkerung seitdem sicht-
bar vermindert; sie bestand im Jahr 1863 aus 9461 Seelen. Dies
das Ergebniss der Anwesenheit der Europäer in dem eigentlichen
Grönland. Viel Schlimmeres noch wird von andern Gegenden jener
nördlichen Regionen berichtet. Die von jenen bewirkte Armuth
und Sterblichkeit hat die eskimoische Bevölkerung in der Gegend
der Davis- und Cumberlandstrasse von ein bis zweitausend Seelen
auf einige Hundert heruntergebracht. All’ diese Angaben entneh-
men wir der sehr lehrreichen Einleitung des vorliegenden Buches,
welche aber ausserdem auch noch viele andere auf die Eskimos
bezügliche Nachrichten über Land, Klima, Religion, Lebensweise,
Sitten und Gebräuche u. s. w. enthält, die aber um so eher Über-
gängen werden können, da neuere deutsche Werke über Grönland
dieselben Gegenstände ausführlich darlegen, wir selbst aber uns
nun besonders dem eigentlichen Hauptinhalt des vorliegenden Buches
zur Besprechung zuwenden müssen d. h. den Märchen und Sagen.
Es versteht sich aber von selbst, dass sich eben die Natur, die
religiösen Ideen und die Lebensweise der Eskimos in allen diesen
Erzählungen auf das deutlichste abspiegeln. Die unerbittliche Noth-
wendigkeit nämlich, die jeden einzelnen zwingt, sich in den von
den Vätern überlieferten körperlichen Fertigkeiten möglichst aus-
zubilden und so eine Art allgemeiner und lebenslänglicher Wehr-
pflicht für die Gesellschaft zu leisten , findet einen Ersatz in dem
dadurch erworbenen Ansehen und der unbegränzten Freiheit in
anderer Beziehung. Der auf diese Weise entstehende Wetteifer und
die daraus hervorgehenden Reibungen liefern nun den Stoff zu einem
grossen Theile jener Erzählungen. Andererseits wird darin häufig
der bereits erwähnte, Schwachen jeder Art verliehene Schutz und
Beistand geschildert, und wo letzterer in seiner natürlichen Kraft
nicht hinrcicht, da ruft die Sage gern die übernatürlichen Kräfte
und Mächte zu Hilfe.
(Schluss folgt.)
Rink: Eskimoiske Eventyr og Sagn.
wenn man in den Gegenden, wo Franklin umgekommen ist, neue
errichten wollte. Besonders jedoch sind die Grönländer der Herrn-
huter Mission in das tiefste Elend und die starrste Trägheit ver-
sunken und nehmen von Jahr zu Jahr bedeutend ab.« Die Woh-
nungen dieser armen Menschen nennt Rink schreckliche Löcher,
die keine Feder so zu schildern vermag, dass der Fremde sich
davon eine Vorstellung machen könne. Die Bevölkerung des däni-
schen Grönland schlug Egede bei seiner Ankunft auf circa 30,000
Seelen an. War diese Angabe auch vielleicht etwas zu hoch ge-
griffen, so hat sich doch jedenfalls die Bevölkerung seitdem sicht-
bar vermindert; sie bestand im Jahr 1863 aus 9461 Seelen. Dies
das Ergebniss der Anwesenheit der Europäer in dem eigentlichen
Grönland. Viel Schlimmeres noch wird von andern Gegenden jener
nördlichen Regionen berichtet. Die von jenen bewirkte Armuth
und Sterblichkeit hat die eskimoische Bevölkerung in der Gegend
der Davis- und Cumberlandstrasse von ein bis zweitausend Seelen
auf einige Hundert heruntergebracht. All’ diese Angaben entneh-
men wir der sehr lehrreichen Einleitung des vorliegenden Buches,
welche aber ausserdem auch noch viele andere auf die Eskimos
bezügliche Nachrichten über Land, Klima, Religion, Lebensweise,
Sitten und Gebräuche u. s. w. enthält, die aber um so eher Über-
gängen werden können, da neuere deutsche Werke über Grönland
dieselben Gegenstände ausführlich darlegen, wir selbst aber uns
nun besonders dem eigentlichen Hauptinhalt des vorliegenden Buches
zur Besprechung zuwenden müssen d. h. den Märchen und Sagen.
Es versteht sich aber von selbst, dass sich eben die Natur, die
religiösen Ideen und die Lebensweise der Eskimos in allen diesen
Erzählungen auf das deutlichste abspiegeln. Die unerbittliche Noth-
wendigkeit nämlich, die jeden einzelnen zwingt, sich in den von
den Vätern überlieferten körperlichen Fertigkeiten möglichst aus-
zubilden und so eine Art allgemeiner und lebenslänglicher Wehr-
pflicht für die Gesellschaft zu leisten , findet einen Ersatz in dem
dadurch erworbenen Ansehen und der unbegränzten Freiheit in
anderer Beziehung. Der auf diese Weise entstehende Wetteifer und
die daraus hervorgehenden Reibungen liefern nun den Stoff zu einem
grossen Theile jener Erzählungen. Andererseits wird darin häufig
der bereits erwähnte, Schwachen jeder Art verliehene Schutz und
Beistand geschildert, und wo letzterer in seiner natürlichen Kraft
nicht hinrcicht, da ruft die Sage gern die übernatürlichen Kräfte
und Mächte zu Hilfe.
(Schluss folgt.)