Nr. 26. HEIDELBERGER 18θθ·
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Grundlinien der philosophischen Ethik von Dr. F. X. Schmid (aus
Schwarzenberg), Professor der Philosophie an der ‘Universität
Erlangen. Wien 1868. Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- und
Universitätsbuchhändler. XII und 463 S. gr. 8.
Das obige Werk ist der dritte Theil des von dem Herrn Verf.
herausgegebenen Entwurfes eines Systemes der Philosophie auf pneu-
matologischer Grundlage. In der Vorrede (S. VI—XI) hält der
Hr. Verf. »die reine Vernunftwissenschaft« für »das höchste Gut
des Menschen«, zu welchem man nur durch »Erfahrungen und
Kämpfe« gelangen kann, er stellt sich auf die Seite derer, welche
»in der Welt nichts gelten lassen, was den dem menschlichen Geiste
überhaupt innewohnenden Gesetzen widerspricht, welche daher
Natur und Geschichte nur rein vernünftig begreifen und lieber auf
alles Begreifen verzichten, als etwas den Vernunftgesetzen Wider-
sprechendes wissen wollen«. Sein Entwicklungsprocess hat zu dem
Monotheismus geführt, welchen der »schärfste griechische Denker
Aristoteles« »ontologisch« und der »schärfste deutsche Denker
Kant« »teleologisch« »geahnt hat«. Er will weder »einen mensch-
lichen Gott«, noch eine »göttliche Welt«. Er spricht sich gegen
die »Materialisten« und gegen jene »Zwitterwesen« aus, welche
»theologisch philosophiren« und »philosophisch theologisiren«. Er
tadelt es, wenn man sich »innerhalb der Welt« in der Philosophie
hält, er will, wie Aristoteles, einen Gott »jenseits der Welt«. Mit
Unrecht nennt er den geachteten Aesthetiker Prof. Robert Zimmer-
mann in Wien einen »Syllabusphilosophen«. Dazu berechtigt ihn
der Umstand nicht, dass Zimmermann, wie er sagt, »anonym« die
Metaphysik des Verfassers so beleuchtet, dass sich dem »mit dem
Buche unbekannten Leser die Ueberzeugung aufdringen möchte,
das Buch sei nihilistisch und daher des Daseins und Lesens nicht
werth«. Bei einer Kritik bandelt es sich nicht um die Gedanken,
welche »der Leser fassen kann«, sondern lediglich um das, was
der Kritiker sagt. Ueber Absichten steht Niemand ein Urtheil zu,
und, wenn man den Satz des Verf. »Gott ist keine Existenz, son-
dern das schlechthin ruhige Sein«, »Deus non existit, sed est«,
auch bekämpfen sollte, so ist man deshalb noch lange kein »Syl-
labusphilosoph«.
In der Einleitung (S. 1—7) deutet der Hr. Verf. die Be-
deutung der praktischen Philosophie an. Sie hat ihre Begründung
in dem Verlangen des Menschengeistes nach Aufklärung über den
Zweck und die Mittel des Erdendaseins. In praktischen Dingen
LXII. Jahrg. 6. Heft. 26
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Grundlinien der philosophischen Ethik von Dr. F. X. Schmid (aus
Schwarzenberg), Professor der Philosophie an der ‘Universität
Erlangen. Wien 1868. Wilhelm Braumüller, k. k. Hof- und
Universitätsbuchhändler. XII und 463 S. gr. 8.
Das obige Werk ist der dritte Theil des von dem Herrn Verf.
herausgegebenen Entwurfes eines Systemes der Philosophie auf pneu-
matologischer Grundlage. In der Vorrede (S. VI—XI) hält der
Hr. Verf. »die reine Vernunftwissenschaft« für »das höchste Gut
des Menschen«, zu welchem man nur durch »Erfahrungen und
Kämpfe« gelangen kann, er stellt sich auf die Seite derer, welche
»in der Welt nichts gelten lassen, was den dem menschlichen Geiste
überhaupt innewohnenden Gesetzen widerspricht, welche daher
Natur und Geschichte nur rein vernünftig begreifen und lieber auf
alles Begreifen verzichten, als etwas den Vernunftgesetzen Wider-
sprechendes wissen wollen«. Sein Entwicklungsprocess hat zu dem
Monotheismus geführt, welchen der »schärfste griechische Denker
Aristoteles« »ontologisch« und der »schärfste deutsche Denker
Kant« »teleologisch« »geahnt hat«. Er will weder »einen mensch-
lichen Gott«, noch eine »göttliche Welt«. Er spricht sich gegen
die »Materialisten« und gegen jene »Zwitterwesen« aus, welche
»theologisch philosophiren« und »philosophisch theologisiren«. Er
tadelt es, wenn man sich »innerhalb der Welt« in der Philosophie
hält, er will, wie Aristoteles, einen Gott »jenseits der Welt«. Mit
Unrecht nennt er den geachteten Aesthetiker Prof. Robert Zimmer-
mann in Wien einen »Syllabusphilosophen«. Dazu berechtigt ihn
der Umstand nicht, dass Zimmermann, wie er sagt, »anonym« die
Metaphysik des Verfassers so beleuchtet, dass sich dem »mit dem
Buche unbekannten Leser die Ueberzeugung aufdringen möchte,
das Buch sei nihilistisch und daher des Daseins und Lesens nicht
werth«. Bei einer Kritik bandelt es sich nicht um die Gedanken,
welche »der Leser fassen kann«, sondern lediglich um das, was
der Kritiker sagt. Ueber Absichten steht Niemand ein Urtheil zu,
und, wenn man den Satz des Verf. »Gott ist keine Existenz, son-
dern das schlechthin ruhige Sein«, »Deus non existit, sed est«,
auch bekämpfen sollte, so ist man deshalb noch lange kein »Syl-
labusphilosoph«.
In der Einleitung (S. 1—7) deutet der Hr. Verf. die Be-
deutung der praktischen Philosophie an. Sie hat ihre Begründung
in dem Verlangen des Menschengeistes nach Aufklärung über den
Zweck und die Mittel des Erdendaseins. In praktischen Dingen
LXII. Jahrg. 6. Heft. 26