Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
500 Fort läge: Psychologische Vorträge.
binde, erhelle, je mehr sie sich von demselben entbinde und mit
der Urseele in Zusammenhang trete; dass erst mit der Trennung
der Seele von dem sie verdunkelnden Leibe ihr eigentliches Leben
beginne, gegen welches das gegenwärtige Leben nur als ein trüber
Schlaf, ja als ein Tod zu achten sei; dass alle Materie im Weltall
aus Seele entstanden , und zuletzt wieder in Seele zurückzugehen
bestimmt sei; dass kein Denken und kein Bewusstsein aus be-
wusstlosem Stoffe hervorgeben könne, sondern umgekehrt aller
bewusstlose Stoff ursprünglich aus einer völlig wachen Seele, aus
bewussten und denkenden Zuständen seinen Ursprung herleite:
würde uns heutzutage seine Lehre nicht seltsam und wunderbar vor'
kommen? »Solche wären nicht Materialisten«, sondern »Idealisten«.
Dem Idealismus ist die Materie »umgewandelte« oder »entartete«
Seele. Der Idealismus nimmt eine »unsichtbare Urmaterie« an,
welche »für sich selbst genommen Geist, Seele, Bewusstsein ist«.
Der Idealist ist daher auch Materialist; aber »gründlicher« und
»tiefer«, als der gewöhnliche. Der Hr. Verf. betrachtet die sämmt-
lichen Materialisten »als Candidaten des Idealismus, welche ihre
Lehrzeit noch nicht vollendet haben«. Die materialistische Denk-
weise ist dem Menschen »nicht natürlich«, sie ist eine »Abart des
Idealismus«, entsteht aus dem »religiösen Materialismus«, wie »im
Alterthum«. Die Hegel’sche Philosophie ist ein »im Sinken be-
griffener Idealismus«, die Fichte’sehe Wissenschaftslehre der »reinste
und ächteste Idealismus, zu welchem je ein Menschengeist sich
emporschwang« (S. 338 und 339). Der Herr Verf. versetzt sich
bei seiner Erklärung des Idealismus in die »Seele Heraklits«, nur
mit dem Unterschiede, dass ihm die ursprüngliche Seele kein »ma-
terielles Substrat« ist. Die Urseele wohnt nicht in der Materie,
sondern »in sich selbst«, im »absoluten Ich«. Nach dem Idealisten
»bedarf die Seele keines materiellen Substrates zu ihrer Existenz«,
wohl abei· die Materie einer »geistigen Unterlage«. Der Process
»des physiologischen Lebens unseres Leibes« wird dafür- als Beleg
angeführt. Der »ausgezogene Geist ist nicht mehr Materie, eben
so wenig als der aus Getreide ausgezogene Alkohol noch Stärke-
mehl ist«. Die zu Seele werdende Materie wandelt sich zurück
aus einem ausgedehnten in ein unausgedehntes Wesen. Sie erzeugt
sich die „Räume selbst, in denen ihre Gedanken schweifen“. Die
Thatsachen, welche das Verhältniss „zwischen Seelenthätigkeiten
und elektrischen Nervenströmen“ konstatiren, sprechen dafür. Die
Erhöhung der Seelenthätigkeit hat eine Abnahme in der Erzeugung
des elektrischen Stromes und eine Erhöhung dieser Erzeugung eine
Abnahme der Geistesthätigkeit zur Folge. Geist und Materie sind,
wie nach Heraklit des Feuers Tod des Meeres Geburt, Alles ver-
wandeltes Feuer ist und Alles sich in Feuer und Feuer in Alles
nmtauscht, gleich der Waare und dem Golde, „im Handelsverkehr“.
Seele und Elektricität sind »Aequivalente«, wie im Handel Geld und
Waare. So viel Seelenkraft gewonnen wird , so viel Nervenkraft
geht verloren. Dies zeigt sich auch im Wechsel des Schlafes und
 
Annotationen