Schiller: Die lyrischen Versmasse des Ilorae.
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wenn unecht, auch auf des Lysias Namen gefälscht sein könne.
Nach seiner Ansicht liegt die Entscheidung über die Frage der
Aechtheit zunächst in dem Stil und in Abweichungen, welche eben
in diesem von der sonstigen Redeweise des Lysias bemerkbar sind ;
der Verf. verweist in dieser Beziehung insbesondere auf den Olym-
piakos, welche Parallele wohl nicht abzuweisen sei und spricht
sich dann in folgender Weise aus: »Soll ich nun mein Gefühl aus-
sprechen, so kommt es mir bei einem solchen Zusammenhalten vor,
als ob ich aus der reinsten und klarsten Atmosphäre in eine dumpfe
und trübe versetzt würde; im Olympiakos einen geschmackvollen
und klassischen Redner, im Epitaphios einen mit dem eitelsten
Flitter sich putzenden Sophisten hörte. Und wenn sich dieses
Gefühl, wie ich glaube, begründen lässt, so ist damit über die Un-
ächtheit der Rede unumstösslich entschieden. Dem Charakter des
Lysias widerstreitend ist erstlich die Ueberfülle der Ausführung.
Die Magerkeit auch in der Behandlung, wie sie gerade im Olym-
piakos und in der Staatsrede sichtbar ist, fehlt hier durch die
ganze Rede, indem ein jeder Gedanke nicht wie dort nur einmal
nackt hingestellt, sondern vielfach variirt und ausgesponnen wird.«
— Zweitens ist der Ausdruck häufig der Art, dass er dem Lysias
nicht zugetraut werden kann.« u. s. w. Diess und Anderes führt
den Verf. zu dei' Ueberzeugung, dass der Epitaphios einen ziem-
lich unbedeutenden Sophisten und nicht den Lysias zum Verfasser
hat (S. 439). Es kann hier, wo wir blos einen· Bericht über ein
Werk abzustatten haben, das durch den Inhalt seiner Forschung
allerdings die Aufmerksamkeit aller Freunde der griechischen Bered-
samkeit auzusprechen vermag, nicht der Ort sein, in eine nähere
Prüfung dieses Ergebnisses einzugehen, was uns noch nicht in
dieser Weise gesichert erscheint, zumal bei dem gänzlichen Mangel
aller äusseren Beweise; wir wollten nur an einem Beispiel zeigen,
wie keine der Fragen, die bei einer näheren Betrachtung der Reden
des Lysias uns entgegentreten, hier bei Seite gelassen ist. Anderes
der Art lassen wir hier unberührt; denn ein Jeder, der mit Ly-
sias sich näher beschäftigt, wird auf die hier gegebene Darstellung,
die in Alles Einzelne eingeht, zu verweisen sein. — Die äussere
Ausstattung des Ganzen kann nur als eine vorzügliche bezeichnet
werden.
Die lyrische 7i \ersmasse des Horaz. [Horatius.] Nach
den' Ergebnissen der neueren Metrik für den Schulqebrauch
dar gestellt vo7i Hermann S chiller, Professor am Lyceum
zu Carlsruhe. Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teubner.
1869. 32 8. 8.
Der Verfasser dieser Schrift hat, wie wir im Vorwort lesen,
seit Jahren es versucht, die Resultate der Westphal’schen Metrik
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wenn unecht, auch auf des Lysias Namen gefälscht sein könne.
Nach seiner Ansicht liegt die Entscheidung über die Frage der
Aechtheit zunächst in dem Stil und in Abweichungen, welche eben
in diesem von der sonstigen Redeweise des Lysias bemerkbar sind ;
der Verf. verweist in dieser Beziehung insbesondere auf den Olym-
piakos, welche Parallele wohl nicht abzuweisen sei und spricht
sich dann in folgender Weise aus: »Soll ich nun mein Gefühl aus-
sprechen, so kommt es mir bei einem solchen Zusammenhalten vor,
als ob ich aus der reinsten und klarsten Atmosphäre in eine dumpfe
und trübe versetzt würde; im Olympiakos einen geschmackvollen
und klassischen Redner, im Epitaphios einen mit dem eitelsten
Flitter sich putzenden Sophisten hörte. Und wenn sich dieses
Gefühl, wie ich glaube, begründen lässt, so ist damit über die Un-
ächtheit der Rede unumstösslich entschieden. Dem Charakter des
Lysias widerstreitend ist erstlich die Ueberfülle der Ausführung.
Die Magerkeit auch in der Behandlung, wie sie gerade im Olym-
piakos und in der Staatsrede sichtbar ist, fehlt hier durch die
ganze Rede, indem ein jeder Gedanke nicht wie dort nur einmal
nackt hingestellt, sondern vielfach variirt und ausgesponnen wird.«
— Zweitens ist der Ausdruck häufig der Art, dass er dem Lysias
nicht zugetraut werden kann.« u. s. w. Diess und Anderes führt
den Verf. zu dei' Ueberzeugung, dass der Epitaphios einen ziem-
lich unbedeutenden Sophisten und nicht den Lysias zum Verfasser
hat (S. 439). Es kann hier, wo wir blos einen· Bericht über ein
Werk abzustatten haben, das durch den Inhalt seiner Forschung
allerdings die Aufmerksamkeit aller Freunde der griechischen Bered-
samkeit auzusprechen vermag, nicht der Ort sein, in eine nähere
Prüfung dieses Ergebnisses einzugehen, was uns noch nicht in
dieser Weise gesichert erscheint, zumal bei dem gänzlichen Mangel
aller äusseren Beweise; wir wollten nur an einem Beispiel zeigen,
wie keine der Fragen, die bei einer näheren Betrachtung der Reden
des Lysias uns entgegentreten, hier bei Seite gelassen ist. Anderes
der Art lassen wir hier unberührt; denn ein Jeder, der mit Ly-
sias sich näher beschäftigt, wird auf die hier gegebene Darstellung,
die in Alles Einzelne eingeht, zu verweisen sein. — Die äussere
Ausstattung des Ganzen kann nur als eine vorzügliche bezeichnet
werden.
Die lyrische 7i \ersmasse des Horaz. [Horatius.] Nach
den' Ergebnissen der neueren Metrik für den Schulqebrauch
dar gestellt vo7i Hermann S chiller, Professor am Lyceum
zu Carlsruhe. Leipzig. Druck und Verlag von B. G. Teubner.
1869. 32 8. 8.
Der Verfasser dieser Schrift hat, wie wir im Vorwort lesen,
seit Jahren es versucht, die Resultate der Westphal’schen Metrik