Über die Entstehung des germanischen
Y erfassungslebens.
Von
Ed. Heyck.
(Nach einem im historisch-philosophischen Vereine zu Heidelberg gehaltenen
Vortrage).
Das Nachfolgende unternimmt es, das gegenseitige Altersverhältnis
der politischen oder Yerfassungskörper der Germanen (Stämme, Völker-
schaft, Gau, Hundertschaft, Sippe, Familie) zu behandeln. Als das Er-
gebnis einer — hier nur verkürzt wiederzugebenden — Untersuchung
über diese Anciennitätsfrage und überhaupt über Entstehung und Wesen
jener Bildungen stellte sich heraus, dass die kleineren, engeren ver-
fassungsgeschichtlichen Organisationen die älteren sind, und die umfassen-
deren erst aus ihnen herzuleiten, dass insbesondere von „Stämmen“ im
Sinne von Gruppen gemeinsamer Abstammung und quasi racenmässiger
uralter Geschlossenheit die Bede nicht sein darf, dass man sie vielmehr
als Bündnisse aus den schon vorher vorhandenen nächst kleineren Ein-
heiten, den Völkerschaften aufzufassen hat. Die meiste Beachtung als
„Stämme“ haben immer die Ingväonen, Istväonen und Herminonen wegen
ihres scheinbar besonders ehrwürdigen Aussehens gefunden.
Keineswegs spricht jedes einschlägige Werk eine ausdrückliche An-
erkennung der Stammtheorie aus, aber die meisten, die das umgehen,
operieren doch mit ihr, und die gelegentlichen mehr oder minder be-
deutsamen Einwände gegen die Stammtheorie. sind doch wieder verhallt.
Der heutige Stand der Meinungen prägt sich am präzisesten in folgen-
der Zusammenfassung aus: „Die Westgermanen .... gliederten sich
nach Massgabe ihrer Abstammung in die Gruppen der Ingväonen, Istvä-
onen und Herminonen. Eine rechtliche oder politische Bedeutung hatte
diese ethnogonische Einteilung in historischer Zeit nicht mehr“ (Richard
Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 9). Was noch nie recht unter-
nommen worden, ist eine Untersuchung, die systematisch alle verschiedenen
Y erfassungslebens.
Von
Ed. Heyck.
(Nach einem im historisch-philosophischen Vereine zu Heidelberg gehaltenen
Vortrage).
Das Nachfolgende unternimmt es, das gegenseitige Altersverhältnis
der politischen oder Yerfassungskörper der Germanen (Stämme, Völker-
schaft, Gau, Hundertschaft, Sippe, Familie) zu behandeln. Als das Er-
gebnis einer — hier nur verkürzt wiederzugebenden — Untersuchung
über diese Anciennitätsfrage und überhaupt über Entstehung und Wesen
jener Bildungen stellte sich heraus, dass die kleineren, engeren ver-
fassungsgeschichtlichen Organisationen die älteren sind, und die umfassen-
deren erst aus ihnen herzuleiten, dass insbesondere von „Stämmen“ im
Sinne von Gruppen gemeinsamer Abstammung und quasi racenmässiger
uralter Geschlossenheit die Bede nicht sein darf, dass man sie vielmehr
als Bündnisse aus den schon vorher vorhandenen nächst kleineren Ein-
heiten, den Völkerschaften aufzufassen hat. Die meiste Beachtung als
„Stämme“ haben immer die Ingväonen, Istväonen und Herminonen wegen
ihres scheinbar besonders ehrwürdigen Aussehens gefunden.
Keineswegs spricht jedes einschlägige Werk eine ausdrückliche An-
erkennung der Stammtheorie aus, aber die meisten, die das umgehen,
operieren doch mit ihr, und die gelegentlichen mehr oder minder be-
deutsamen Einwände gegen die Stammtheorie. sind doch wieder verhallt.
Der heutige Stand der Meinungen prägt sich am präzisesten in folgen-
der Zusammenfassung aus: „Die Westgermanen .... gliederten sich
nach Massgabe ihrer Abstammung in die Gruppen der Ingväonen, Istvä-
onen und Herminonen. Eine rechtliche oder politische Bedeutung hatte
diese ethnogonische Einteilung in historischer Zeit nicht mehr“ (Richard
Schröder, Deutsche Rechtsgeschichte, S. 9). Was noch nie recht unter-
nommen worden, ist eine Untersuchung, die systematisch alle verschiedenen