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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 3.1893

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Heyck, Eduard: Zur Entstehungsgeschichte des germanischen Verfassungslebens, [2]: die Hundertschaft älter als der Staat
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https://doi.org/10.11588/diglit.29064#0244
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Ed. Heyck.

und Versammlung“ (Das deutsche Genossenschaftsrecht, Berlin 1868, I.
41 f.). Die Antwort auf die er sich bescheidet, lautet dann freilich:
„Dies Alles lässt sich mit Sicherheit nicht beantworten“, insbesondere
lässt er die obige Alternative „vor oder nach der Bildung von Völker-
schaften“ offen. Dagegen hebt schon wiederum er einige Eigenschaften
der Hundertschaft hervor, ohne die unsere Ausführungen nicht bestehen
könnten: „Sicher jedenfalls ist, dass, als sie uns in der Geschichte
zuerst begegnen [die Hundertschaften nämlich], sie eigene Genossen-
schaften sind, welche aus sich selbst, nicht aus dem Willen
und der Anordnung einer höheren Gesamtheit ihre Exi-
stenz, ihre Verbindung, ihren Frieden und ihr Recht schöpfen. Für die
gemeinsamen Angelegenheiten der ganzen Völkerschaft freilich erscheinen
sie nur als abhängige Glieder des Gesammtkörpers“ (1. c. 42). „Für
ihren Kreis schafft und wahrt sich die Hundertschaft selber ihr Recht.
Ueber alle nur sie und nicht das ganze Volk betreffenden Angelegen-
heiten verhandelt sie vollkommen selbständig“ (1. c.).

Das Verhältnis dieses und des Aufsatzes im vorigen Heft gegen-
über Gierkes berühmtem Buche ist, um den freundlichen und ahnungs-
vollen Leser darüber nicht im Unklaren zu lassen, das, (lass ich nächst
Winkelmanns in dessen Vorlesungen niedergelegten Anschauungen, nächst
Waitz’ Verfassungsgeschichte und anderen zusammenfassenden Werken
auch dem „Genossenschaftsrecht“ die erste Einführung in die Geschichte
des Verfassungslebens, als es in früheren Jahren auf diese ankam, zu ver-
danken habe. Diese beiden Versuche in den Heidelb. Jalrrb. gehen von den
Quellen und der Betrachtung der unmittelbar erkennbaren Zustände aus
und zwar waren bei den Versuchen, in diese tiefer einzudringen und von ihnen
her zeitlich nach rückwärts hinaufzugelangen, am unmittelbarsten die
Brunnerschen Auffassungen und Feststellungen anregend und leitend ge-
wesen. Erst am Ende hatte ich mich zu überzeugen, dass ich auf
diesen Wegen am nächsten wieder an die in knapper Form hingestellten
bedeutsamen Sätze in Gierkes ersten Paragraphen hinangelangt war. Vor
allem war es die schöpferische Macht des „germanischen Assoziations-
geistes“ und dessen Kraft, „nicht von oben belebte, sondern von innen
heraus thätige Genossenschaften in unübersehbarer Reichhaltigkeit zu er-
schaffen“ (Gierke S. 3), deren selbständigere und überzeugtere Erkenntnis
nun auch bei den hier vorgelegten Versuchen zum alleinigen Schlüssel für die
Auffassung der ältesten germanischen Verfassungsbildungen geworden war.

Kundige Leser werden die Art billigen, wie dieser Versuch seine
Belege bringt. Es handelt sich ja um die Beschäftigung mit einer Pe-
 
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