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Stil* t N e ii h n r g.

Von

Ernst Traumann.

Das Auge des Wanderers, der auf der Landstrasse von Heidelberg
aus gegen Osten schreitet, wird schon aus der Ferne von einem hellen,
stattlichen Gebäude angezogen, das, zwischen dem Harlass und Ziegel-
hausen etwa dem Königstuhl gegenüberliegend, aus langer Fenster-
flucht von einem Hügel des rechten Neckarufers in das Thal hernieder-
schaut. An das rechtwinkelige Haus — mit der einen Front nach
Süden, mit der anderen nach Westen gerichtet — schliesst sich, mit
Dach und Turm es überragend und massig vorspringend, ein epheu-
bewachsenes Kirchlein an, das dem Ganzen sein freundlich-ernstes Ge-
präge giebt. Ein Bild des Friedens, ebenso reizvoll am frühen Morgen,
wenn die ersten Strahlen der Sonne über dem Flusse zittern, wie am
Abend, wenn sich die Schatten der Berge in das Thal senken. Es ist
das Stift Neuburg. Auf ihm hatte das Auge Goethe’s geruht, als er
auf der Reise in die Schweiz im Jahre 1797 von Sinsheim aus am
27. August schrieb : „Aus Heidelberg um sechs Uhr, an einem kühlen
und heiteren Morgen. Der Weg geht am linken Ufer des Neckars
hinaus zwischen Granitfelsen und Nussbäumen. Drüben liegt ein Stift
und Spital sehr anmutig.“ Der Dichter ahnte damals nicht, dass dieser
Ort einmal durch nahe Freunde, die hier seinen Geist und sein An-
denken pflegten, zu einer Wallfahrtsstätte für spätere Generationen
werden sollte.

Eine Gründung des Klosters Lorsch aus dem 12. Jahrhundert,
später ein Stift für adelige Fräulein, im 18. Jahrhundert zuerst im
Besitze der Jesuiten, dann der Lazaristen — erwarb es im Jahre 1825
der „Rath“ Fritz Schlosser aus Frankfurt. Er war, 1780 geboren, der
ältere Sohn jenes Hieronymus Peter, den Goethe ebenso wie dessen
Bruder Johann Georg — der spätere Schwager des Dichters — im
 
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