Bettine von Arnim und ihr Briefwechsel mit Pauline Steinhäuser
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mal zu der Arbeit führen, hielt sich mit den Händen an dem Gerüste,
auf dem das Modell aufgebaut war, und betrachtete es, langsam herum-
gehend, von allen Seiten.“1) Und als die ruhelose Frau zur letzten Buhe
einging, stand neben dem Monumente noch ihr Sarg, bevor er in die
Familiengruft nach Wiepersdorf übergeführt wurde, und des Dichters
Statue hielt bei ihr Totenwacht.
Modell und Entwürfe, die auf der Berliner Goetheausstellung von
1861 zu sehen waren, sind heute fast verschollen; von der Familie von
Arnim mit dem übrigen Nachlasse sorgsam gehütet, sind sie nur Wenigen
zugänglich geworden. Eine selbständige Würdigung ist heute darum
nicht leicht möglich : wir sind auf das Urteil von Bettinens Zeitgenossen
angewiesen, und dieses lautete verschieden. Der abfälligen Kritik Bauchs
ist oben gedacht worden; sie verdient, wenngleich unverkennbar persön-
liche Momente dabei eine Bolle spielen, unstreitig Beachtung. Allein
auch das Zeugnis eines Künstlers wie Steinhäuser fällt schwer ins Ge-
wicht; wir wissen, wie hoch dieser die künstlerische Bedeutung der
Kompositionen eingeschätzt und wie glänzend er durch die That Bauchs
Ansicht von der Unausführbarkeit der Arnim’schen Goetheskizze wider-
legt hat. Und ihm zur Seite steht ein Mann von so ausgeprägt feinem
Verständnis in künstlerischen Dingen, wie Hermann Grimm. Wie die-
sem „unter so vielem, was zu Goethes monumentaler Verherrlichung
versucht worden ist“, Bettinens Entwurf der Statue allein die Verkörpe-
rung dessen zu enthalten schien, „was Goethe in der zweiten Hälfte
seines Lebens seiner Zeit war“, so war er auch entzückt von der Ge-
samtwirkung des grossen Monumentalentwurfes und den Detailzeichnungen
für die Basreliefs, die er aus eigener Anschauung kannte. „Die Aus-
führung des Werkes in die rechten Hände gelegt, — meinte er, —
würde ein Denkmal entstehen lassen, wie es für Goethe nicht würdiger,
schöner und grossartiger erdacht werden könnte.“ 2)
Man wird es mit ihm darum wohl beklagen dürfen, dass es Bettinen
versagt geblieben ist, ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt zu sehen. Sie
nahm ihre Hoffnungen mit ins Grab. „Um Goethes Monument hab ich
ein Märtyrthum erlitten, und hätte wohl verdient, dass eine Hand aus
den Wolken mir die Palme dafür reiche“— in diesen Worten, die sie
einst an den König richtete, spiegelt sich all ihr Verlangen und Ent-
sagen, die ganze Leidensgeschichte ihres inhaltreichen Lebens, soweit sie
mit jener Frage zusammenhängt, in beweglicher Weise wieder.
1) H. Grimm, Goetliejahrbuch 1, 15.
2) Katalog der Berliner Goetheausstellung, S. 5.
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mal zu der Arbeit führen, hielt sich mit den Händen an dem Gerüste,
auf dem das Modell aufgebaut war, und betrachtete es, langsam herum-
gehend, von allen Seiten.“1) Und als die ruhelose Frau zur letzten Buhe
einging, stand neben dem Monumente noch ihr Sarg, bevor er in die
Familiengruft nach Wiepersdorf übergeführt wurde, und des Dichters
Statue hielt bei ihr Totenwacht.
Modell und Entwürfe, die auf der Berliner Goetheausstellung von
1861 zu sehen waren, sind heute fast verschollen; von der Familie von
Arnim mit dem übrigen Nachlasse sorgsam gehütet, sind sie nur Wenigen
zugänglich geworden. Eine selbständige Würdigung ist heute darum
nicht leicht möglich : wir sind auf das Urteil von Bettinens Zeitgenossen
angewiesen, und dieses lautete verschieden. Der abfälligen Kritik Bauchs
ist oben gedacht worden; sie verdient, wenngleich unverkennbar persön-
liche Momente dabei eine Bolle spielen, unstreitig Beachtung. Allein
auch das Zeugnis eines Künstlers wie Steinhäuser fällt schwer ins Ge-
wicht; wir wissen, wie hoch dieser die künstlerische Bedeutung der
Kompositionen eingeschätzt und wie glänzend er durch die That Bauchs
Ansicht von der Unausführbarkeit der Arnim’schen Goetheskizze wider-
legt hat. Und ihm zur Seite steht ein Mann von so ausgeprägt feinem
Verständnis in künstlerischen Dingen, wie Hermann Grimm. Wie die-
sem „unter so vielem, was zu Goethes monumentaler Verherrlichung
versucht worden ist“, Bettinens Entwurf der Statue allein die Verkörpe-
rung dessen zu enthalten schien, „was Goethe in der zweiten Hälfte
seines Lebens seiner Zeit war“, so war er auch entzückt von der Ge-
samtwirkung des grossen Monumentalentwurfes und den Detailzeichnungen
für die Basreliefs, die er aus eigener Anschauung kannte. „Die Aus-
führung des Werkes in die rechten Hände gelegt, — meinte er, —
würde ein Denkmal entstehen lassen, wie es für Goethe nicht würdiger,
schöner und grossartiger erdacht werden könnte.“ 2)
Man wird es mit ihm darum wohl beklagen dürfen, dass es Bettinen
versagt geblieben ist, ihren sehnlichsten Wunsch erfüllt zu sehen. Sie
nahm ihre Hoffnungen mit ins Grab. „Um Goethes Monument hab ich
ein Märtyrthum erlitten, und hätte wohl verdient, dass eine Hand aus
den Wolken mir die Palme dafür reiche“— in diesen Worten, die sie
einst an den König richtete, spiegelt sich all ihr Verlangen und Ent-
sagen, die ganze Leidensgeschichte ihres inhaltreichen Lebens, soweit sie
mit jener Frage zusammenhängt, in beweglicher Weise wieder.
1) H. Grimm, Goetliejahrbuch 1, 15.
2) Katalog der Berliner Goetheausstellung, S. 5.