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Ein neuer juristischer Papyrus der Heidelberger Universitätsbibliothek 157

iure desiderat. Die Gruppe ssit96) (Z. 3) vermag ich nur als [cejssit
‘zuteil wurde’ zu verstehen. Schwierigkeit macht der Nachsatz von
supplend ... (Z. 3) bis quartam (Z. 4). Wie es eben hei Paulus hiess
quarta impletur, so entsprechend gewöhnlich qucirta suppletur vgl. z. B.
Dig. XXXVIII 2. 44 § 1 legato ei servo, per quem suppleretur debita
ei portio, Dig. XXXVII 14. 21 § 1 id quod deest ad supplendam
debitam portionem . . . quaeri potest, Dig. XXXV 2. 94 respondit . . .
(filirnn) ea quae ei data sunt accepturam, si modo ea quartam suppleant
etc. Die analoge Aulfassung unserer Papyrusverse erweist sich, da wir
keinesfalls eine oblique Bede haben, durch den sichern Akkusativ quartam
in Z. 4 als ausgeschlossen. Er nötigt vielmehr zu der, soweit ich sehe,
sonst nicht nachweisbaren Verbindung: supplere in quartam. So dachte
Prof. Gradenwitz früher an supplend[a] sunftjin] quartam. Aber weder
dies noch sein zweiter Vorschlag supplend[o] succ[edit \ in] quartam will
zu den überlieferten Spuren passen. Die letzten Buchstaben in Z. 3
scheinen vid zu sein, wodurch man auf die merkwürdige Wendung ge-
führt würde: supplend[u]s vid [etur / in] quartam. Von dem u zwischen
d und s im ersten Wort sollte man trotz des hier klaffenden Loches
Beste zu finden erwarten.

Z. 4—9. Die äusserlich ohne Interpunktion folgende zweite Hälfte
des Bruchstücks enthält die Bestimmung, ins Becht auf die Quart rücke
statt des nicht mehr lebenden Sohnes Enkel oder Urenkel ein. Zu
diesem, wie die Ausführungen von Prof. Gradenwitz lehren, keineswegs
selbstverständlichen und bedeutungslosen Satz sähe man demgemäss auch
gern einen logisch scharf absetzenden Übergang, vielleicht ein si vero97)
oder ein quod si.98) Die Anknüpfung geschieht aber einfach mit sive:
‘oder wenn der Sohn tot ist etc.’") Zum Überblick über den ganzen
Passus müssen wir vor allem das Gerüst seines Baues festlegen. Ich
finde bloss eine Möglichkeit. Nach der voraufgeschickten konditionalen
Angabe (sive Z. 4f.) kommt der Hauptsatz mit cedet (Z. 5), ‘wird zu-
teil, fällt zu’ (vgl. Z. 3) als verbuni finitum und quarta (Z. 7) als nach-
gestelltem Subjekt. Appositionen schliesst sich daran danda (Z. 7), um
mit seinem Adverbialausdruck pro portione (Z. 8) und dessen relativem
Anhängsel quam —- tenet (Z. 8f.) die Übertragung der Quart auf die
Nachkommen genauer zu regulieren. Nun zum Einzelnen. Genug zu
denken giebt uns gleich der einleitende Bedingungssatz von sive (Z. 4)
bis fi.lios (Z. 5), dessen Inhalt sein muss: ‘wenn der Sohn nicht mehr
lebt’. Wie hatte das der Jurist ausgedrückt? Das nach dem Früheren
durch seine Mehrzahl befremdende Akkusativobjekt filios (Z. 5) gestattet

NEUE HEIDELB. JAHRBUECHER XII. i i
 
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