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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 14.1906

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Wille, Jakob: Aus alter und neuer Zeit der Heidelberger Bibliothek: Rede zur Feier der Vollendung des neuen Bibliotheksgebäudes in der Aula der Universität am 9. Dezember 1905
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https://doi.org/10.11588/diglit.29092#0223
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Aus alter und neuer Zeit der Heidelberger Bibliothek

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lehrten Forschung auch rnit der Universität und unserer Bibliothek die
engste Fühlung hat. Ich begrüsse ihn hier in unserer Mitte und sage
ihm Dank im Namen der Universität und Bibliothek für das neue Haus,
in dem er ernst, weihevoll und schön seinen künstlerischen Gedanken
Ausdruck verliehen hat. Auch seinen beiden jungen Mitarbeitern sei
gedankt, die als Führer dieses Baues, als Teilnehmer an einer grossen
geistigen Arbeit, viel Mühen und Sorgen getragen und mit diplomatischem
Geschicke die manchmal verwickelten Fäden zwischen hier und Karls-
ruhe zu einer gliicklichen Lösung zu führen geholfen haben.

Aber nicht allein die Vollendung ihres vornehmsten Gebäudes will
die Universität feiern. Sie sieht in diesem Einzuge ihrer Bücherschätze
in das neue Heim ein bedeutsames Ereignis ihrer eigenen ereignisvollen
Geschichte. Denn die Bibliothek ist ihr wichtigstes Institut, das zu
ihrem Dasein gehört, wie das Liclit der Sonne zum Leben. „Die Librai,
sagt schon eine alte Instruktion des Pfalzgrafen Johann Casimir (1590),
ist das nötigst und fürnehmst Instrument und Werkzeug.“ Sie ist so
alt wie die hohe Schule selbst. Beide sind geweiht und geadelt durch
gemeinsame Schicksale im Laufe der Jahrhunderte. Die eine ist mit
der andern zum höchsten ßuhme emporgestiegen und wiederum hinab-
gesunken zu bedeutungslosem Dasein, fast bis zu emem Ende. Die
Heidelberger Bibliothek ist wie die Universität ein Spiegelbild der
Zeiten. Die reiche Geschichte dieses gesegneten Landes, der Wechsel
seiner politischen und kirchlichen Verhältnisse, das gesamte Geistes-
leben in all seinen reichen Formen, sie bilden zugleich Kapitelüber-
schriften in der Lebensgeschichte der Heidelberger Büchersammlungen.
Es ist ein umfangreiches Buch diese Heidelberger Bibliotheksgeschichte.
Nur ein paar lose Blätter will ich herausnehmen bei einer Feier, da
unter dem Eindrucke des Neuen zugleich auch die Vergangenheit uns
geistig nahe rückt.

Lassen wir aus dem vom Glanze moderner Leuchtkraft erfüllten
Arbeitssaale der neuen Bibliothek, wo Karl Friedrich, der Erneuerer
unserer Universität, und Grossherzog Friedrich, unser erlauchter Kector
Magnificentissimus, in einem Medaillon vereinigt, zu uns herabschauen,
unsere Gedanken mehr als ein halbes Jahrtausend zuriickschweifen, so
taucht aus fernem halbverschwommenem Hintergrunde eine engbegrenzte,
uns heute fremde Welt vor uns auf. In den engen, dumpfen, vom
Sonnenlichte, das durch niedere Fenster dringt, matt beleuchteten Zellen
der Bursen sitzen die ersten Lehrer der hohen Sclmle vor iliren Büchern,
 
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