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Brodersen, Kai; Wink, Michael [Editor]; Bartram, Claus R. [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: Vererbung und Milieu — Berlin [u.a.], 45.2001

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.4063#0196

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184 L'ta Gerhardt

organic evolution in its application to human character and intelligence,
and, by implication, to society, is of earlier date than The Origin ofSpecies."2
Er behauptete sogar, dass nicht Darwin, sondern er selbst, Spencer, den Ge-
danken der darwinistischen Prinzipien „Kampf ums Dasein" („Struggle for
Existence") und „Überleben des Stärkeren" („Survival of the Hittest") ur-
sprünglich entwickelt habe. Er meinte indessen: „Of course it yields me no
small satisfaction to find that these ideas which feil dead in 1850, have now
become generativ diffused."

Clou der Geschichte ist, dass Spencer recht hatte. Nicht etwa Darwin, son-
dern der Journalist und Autodidakt Spencer, in seiner Zeit ein hoch angese-
hener Autor philosophischer und soziologischer Schriften, entwarf die
Denkfiguren des Sozialdarwinismus in seinem 1850 erstmals erschienenen
Werk Social Staues; or the Conditions of Human Happiness Specified, and
the First ofThem Developed sowie in zwei Aufsätzen in der Westminster Re-
view im Jahr 1852.

Mein Beitrag skizziert die Geschichte des mit Spencer in der Soziologie
entstandenen darwinistischen Denkens über moderne Gesellschaften in drei
Abschnitten.

Der erste rekapituliert Spencers Soziologie, Plädoyer gegen den entste-
henden Sozialstaat, der als Gefahr für die Kulturfähigkeit der am höchsten
entwickelten Rasse(n) anzusehen sei.

Der zweite Abschnitt widmet sich der Diskussion in Deutschland, vor al-
lem den Debatten zum Thema „Rasse und Gesellschaft" anlässlich des Ers-
ten Deutschen Soziologentages 1910 in Frankfurt.

Der dritte Abschnitt schildert das Ende der Soziologie ä la Spencer. Tal-
cott Parsons, Exponent der auf Max Webers methodologischem Caveat be-
gründeten soziologischen Theorie, polemisierte erfolgreich in den dreißiger
Jahren gegen Spencers Positivismus. Parsons' erstes Hauptwerk The Structu-
re of Social Action, erschienen 1937, begann mit dem bedeutungsvollen Satz:
„Spencer is dead."

Spencers erstes Buch war ein Gegenentwurf zu Jeremy Benthams utilitaristi-
schem Individualismus, unter Berufung auf Thomas Malthus' politische
Ökonomie der Bevölkerungsentwicklung. Malthus hatte 1798 Aufsehen erregt
mit seinem anonymen Essay on the Principles of Population--, dieser Essay und

Herbert Spencer, The Principles ofEthks, Vol. 1 (ursprünglich 1879). Neudruck der Neuauf-
lage von 1892, in der Ausgabe von 1904. Osnabrück: Otto Zeller 1966, p. vii-, dort auch die
weiteren Zitatstellen dieses Absatzes.
 
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