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Brodersen, Kai; Wink, Michael [Hrsg.]; Bartram, Claus R. [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Vererbung und Milieu — Berlin [u.a.], 45.2001

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https://doi.org/10.11588/diglit.4063#0343

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Homo religiosus oder künstliche Unsterblichkeit?

Vererbung und Anlage
in der neueren europäischen Religionsgeschichte

VON GREGOR AHN

Kurzzusammenfassung

Ausgehend von einer frühchristlichen Interpretationsfigur hat
sich bis in die neuere europäische Religionsgeschichte eine Tradi-
tionslinie gehalten, nach der alle Menschen über eine zumindest
rudimentäre Gotteserkenntnis, eine allgemeine religiöse Veran-
lagung verfügen. Über den Topos des homo religiosus hat dieses
binnenreligiöse Konzept auch die wissenschaftliche Beschäfti-
gung mit Religionen lange Zeit dominiert. In Neureligiösen Be-
wegungen finden sich dagegen zunehmend naturwissenschaftlich
begründete, aber religiös konnotierte Modelle von Vererbung,
nach denen mit Hilfe von Molekularbiologie und Nano-Techno-
logie Synthesen zwischen Mensch und Computer herstellbar sei-
en oder die Persönlichkeit von Menschen in perfekt geklonte Re-
duplikationen übertragen werden könne und somit die Hoffnung
auf Unsterblichkeit biotechnisch erfüllbar sei.

1. Fiktionales Spiel: der Traum vom menschlichen Quantencomputer

In seinem 1998 erschienenen Science-Fiction-Roman „The Second Angel"'
hat der bereits mehrfach mit Literaturpreisen ausgezeichnete britische Er-
folgsautor Philip Kerr2 (* 1956) ein düsteres Szenario der Weltentwicklung
im 21. Jahrhundert gezeichnet: Ein tückischer Virus namens P" hat beinahe
die gesamte Weltbevölkerung befallen. Heilbar ist diese zum Tode führende
Krankheit nur durch einen kompletten Blutaustausch, so dass nicht mit dem
Virus kontaminiertes Blut inzwischen eine ebenso wertvolle wie knappe Le-

Die deutsche Übersetzung erschien 2000 unter dem Titel „Der zweite Engel"
Zur Biographie vgl. auch http://wvw.philipkerr.co.uk/main_frame.htm.
 
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