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Pfetsch, Frank R. [Editor]; Bubner, Rüdiger [Editor]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Editor]
Heidelberger Jahrbücher: Konflikt — Berlin, Heidelberg [u.a.], 48.2004 (2005)

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2229#0210

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Die Bedeutung innerpsychischer Konflikte für die Entstehung
und Aufrechterhaltung psychischer Störungen

PETER FIEDLER

i Blick in die Geschichte:
psychoanalytische und psychodynamische Konzepte

Zur Erneuerung des klinischen Denkens und Handelns im psychiatrischen,
psychologischen und psychotherapeutischen Umgang mit psychisch gestör-
ten Menschen im 20. Jahrhundert hat als eine wesentliche Quelle die Lehre
Sigmund Freuds, die Psychoanalyse, beigetragen. In ihr wie in vielen psycho-
dynamischen Theorien seiner Nachfolger stehen die Begriffe „Unbewusstes"
und „Konflikt" für ein Verstehen psychischer Störungen sehr im Mittelpunkt.
Die seelischen Leiden der Menschen werden als Ergebnis unbewusster Kon-
flikte und als Folgen von traumatisierenden Kindheitserfahrungen aufgefasst.
Freuds Verdienst war es, die Idee des Unbewussten, die schon von Philoso-
phen wie Leibniz, Schopenhauer, Carus, von Hartmann und Nietzsche, von
Psychologen wie Herbart und Pierre Janet entwickelt worden war, vorange-
trieben und in einer Synthese formuliert zu haben, die ihm in kurzer Zeit
Berühmtheit und Popularität einbrachte.

14 Unbewusste Konflikte

Freud stellte den zu seiner Zeit dominierenden organmedizinischen Auffas-
sungen psychischer Störungen als (Geistes-)Krankheit eine ausdrücklich psy-
chologische und dialektische Auffassung gegenüber: Neurosen wurden als
das Ergebnis eines Kontrasts, eines Spannungsungleichgewichts aufgefasst,
kurz: als nicht gelöster Konflikt zwischen widersprüchlichen menschlichen
Bedürfnissen gesehen. Das gestörte Individuum erwarb damit, wenn man so
will, das Recht auf eine eigene Psyche, ein eigenes Innenleben. Diese Psyche
war nicht nur verständlich, sie war auch grundsätzlich dieselbe bei Gesunden
und Kranken: Die Konfliktdynamik des Unbewussten folgt allgemeinen Ge-
setzen. Für den Gesunden spiegelt sich das eigene Unbehagen in einer begin-
nenden psychischen Störung wider. Der Patient beginnt seinerseits, wieder
nach seiner eigenen, verständlichen Vernunft zu leben, und fordert damit das
 
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