204 Peter Fiedler
lastungen oder Stressoren eingereiht. Diese können gelegentlich zwar ihrer-
seits in innere Konflikte einmünden und bei Betroffenen deutlich traumati-
sierende Wirkungen entfalten. Innere Konflikte können jedoch auch bei Ab-
wesenheit traumatisierender oder belastender Erfahrungen zur Notwendig-
keit Anlass geben, innerpsychische Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung oder
Überwindung zu entwickeln und einzusetzen - und dabei zu Fehlentwicklun-
gen führen.
2.1 Motivationale Konflikte
Es ist nun die besondere konflikthafte Widersprüchlichkeit von Lösungsper-
spektiven, die für die Erklärung psychischer Störungen als eine wichtige
Möglichkeit angesehen werden. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff
„motivationaler Konflikt" eine zentrale Rolle (Grawe 1998). Bei motivationa-
len Konflikten handelt es sich unter anderem
(a) um Konstellationen zwischen den Bedürfnissen und Interessen eines
Menschen einerseits und den subjektiv erkannten realen Entfaltungs-
möglichkeiten andererseits (Realkonflikte), weiter
(b) um Konflikte zwischen internalisierten sozialen Ansprüchen und Nor-
men (Normkonflikte) sowie schließlich
(c) um Konflikte zwischen den eigenen Handlungsmöglichkeiten und eige-
nen oder übernommenen Idealvorstellungen über/von sich selbst, die als
Konflikte zwischen unterschiedlichen Anteilen des Selbst (Aktualselbst,
Fremdselbst, Idealselbst), gelegentlich auch als (narzisstische) An-
spruchskonflikte angesehen werden.
Da Konflikte eine Inkompatibilität motivationaler Konzepte andeuten, kön-
nen alle jene Erlebnisse konfliktverursachend sein, die Dissonanzen zwischen
der Bedürfnislage und ihrer aktuellen Verwirklichung beinhalten. In diesem
Zusammenhang bedeuten Ambivalenz oder Ambiguitätstoleranz die Fähig-
keit, innere Widersprüche zu tolerieren und damit letztlich doch zu einer
handlungsfähigen Gewichtung und Bewertung zu gelangen. Die Fähigkeit zur
Ambivalenz bzw. Ambiguitätstoleranz ist also eine Fähigkeit zur Bewältigung
motivationaler Konflikte. Intoleranz gegenüber Ambiguität oder das rigide
Verharren in Ambivalenz erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es zu bedroh-
lich erlebten emotionalen Irritationen kommt bis hin zur Handlungsunfähig-
keit und einem Hilflosigkeitserleben. Darin wird die Virulenz motivationaler
Konflikte für die Entwicklung oder Aufrechterhaltung psychischer Störungen
vermutet.
2.2 Konzeptvielfalt in der Forschung
Insgesamt hat es sich als nicht ganz einfach erwiesen, innere Konflikte in der
empirischen psychologischen Forschung nachzuweisen und einen Zugang zu
lastungen oder Stressoren eingereiht. Diese können gelegentlich zwar ihrer-
seits in innere Konflikte einmünden und bei Betroffenen deutlich traumati-
sierende Wirkungen entfalten. Innere Konflikte können jedoch auch bei Ab-
wesenheit traumatisierender oder belastender Erfahrungen zur Notwendig-
keit Anlass geben, innerpsychische Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung oder
Überwindung zu entwickeln und einzusetzen - und dabei zu Fehlentwicklun-
gen führen.
2.1 Motivationale Konflikte
Es ist nun die besondere konflikthafte Widersprüchlichkeit von Lösungsper-
spektiven, die für die Erklärung psychischer Störungen als eine wichtige
Möglichkeit angesehen werden. In diesem Zusammenhang spielt der Begriff
„motivationaler Konflikt" eine zentrale Rolle (Grawe 1998). Bei motivationa-
len Konflikten handelt es sich unter anderem
(a) um Konstellationen zwischen den Bedürfnissen und Interessen eines
Menschen einerseits und den subjektiv erkannten realen Entfaltungs-
möglichkeiten andererseits (Realkonflikte), weiter
(b) um Konflikte zwischen internalisierten sozialen Ansprüchen und Nor-
men (Normkonflikte) sowie schließlich
(c) um Konflikte zwischen den eigenen Handlungsmöglichkeiten und eige-
nen oder übernommenen Idealvorstellungen über/von sich selbst, die als
Konflikte zwischen unterschiedlichen Anteilen des Selbst (Aktualselbst,
Fremdselbst, Idealselbst), gelegentlich auch als (narzisstische) An-
spruchskonflikte angesehen werden.
Da Konflikte eine Inkompatibilität motivationaler Konzepte andeuten, kön-
nen alle jene Erlebnisse konfliktverursachend sein, die Dissonanzen zwischen
der Bedürfnislage und ihrer aktuellen Verwirklichung beinhalten. In diesem
Zusammenhang bedeuten Ambivalenz oder Ambiguitätstoleranz die Fähig-
keit, innere Widersprüche zu tolerieren und damit letztlich doch zu einer
handlungsfähigen Gewichtung und Bewertung zu gelangen. Die Fähigkeit zur
Ambivalenz bzw. Ambiguitätstoleranz ist also eine Fähigkeit zur Bewältigung
motivationaler Konflikte. Intoleranz gegenüber Ambiguität oder das rigide
Verharren in Ambivalenz erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es zu bedroh-
lich erlebten emotionalen Irritationen kommt bis hin zur Handlungsunfähig-
keit und einem Hilflosigkeitserleben. Darin wird die Virulenz motivationaler
Konflikte für die Entwicklung oder Aufrechterhaltung psychischer Störungen
vermutet.
2.2 Konzeptvielfalt in der Forschung
Insgesamt hat es sich als nicht ganz einfach erwiesen, innere Konflikte in der
empirischen psychologischen Forschung nachzuweisen und einen Zugang zu