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Herfarth, Christian [Hrsg.]; Bartsch, Helmut [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Gesundheit — Berlin, Heidelberg, New York, 50.2006 [erschienen] 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.3464#0179

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170 Siegfried Hagl und Brigitte Osswald

Therapie und Diagnostik am Patienten experimenteller Absicherung, um Risi-
ken zu erkennen und minimieren sowie den Gewinn gegenüber den aktuellen
Standardverfahren quantifizieren zu können."

Das Umfeld der Herzchirurgie hat sich über die Jahrzehnte erheblich gewan-
delt. Wenn in den frühen Jahren ein Problem unmittelbar im Experiment auf-
gegriffen und optimiert wurde, konnte dies in der Regel durch eine enge An-
bindung der herzchirurgischen Forschung an die Klinik erfolgen. Allein das
Experiment stellt heute ein zeit- und kostenintensives Verfahren dar. Die im-
mer knapper werdenden Ressourcen, die zunehmende Verlagerung der Ent-
wicklung in Forschungsabteilungen der Industrie und nicht zuletzt der meist
zeitlich begrenzte Raum für Forschung haben eine große Zahl von Verfahren
hervorgebracht, die zunächst mit nicht gesicherten positiven Ergebnissen und
viel Enthusiasmus in der Fachwelt, vorzeitig auch in der Öffentlichkeit präsen-
tiert, später nach klinischer Anwendung praktisch keine Bedeutung besitzen.
Als Beispiel für ein Verfahren, das unkontrolliert vor Abwarten von mittel- bis
langfristigen Behandlungsergebnissen Absatz fand, ist die Laser-Myokardre-
vaskularisation. Eine fundierte theoretische Basis für die Induktion von Ge-
fäßneubildungen durch Applikation von Laserstrahlen fehlte vollständig. Den-
noch reichten wenige positive Kurzzeitberichte mit wenigen heterogenen Pa-
tienten aus, um die Innovation trotz erheblicher Kosten spezielle Lasergeräte
in vielen Kliniken einzuführen. Erst nach und nach zeigte sich im Langzeit-
verlauf günstigstenfalls kein Unterschied zu der alleinigen Myokardrevasku-
larisation; später wurde sogar über vermehrt adverse Effekte im Sinne einer
vermehrten Narbenbildung und Verlust vitalen Myokards festgestellt. Heu-
te spielt dieses Verfahren in der Therapie der ischämischen Herzerkrankung
praktisch keine Rolle mehr. Neben dem medizinischen ist der der Forschungs-
gemeinschaft entstandene Schaden durch nicht mehr verwendbare, spezielle
Laser-Applikationssysteme erheblich.

Ähnlich verhält es sich mit dem Einsatz des „Roboters" bzw. des Telema-
nipulators, der heute nur noch geringe klinische Bedeutung im herzchirur-
gischen Bereich besitzt. Eine adäquate präklinische, vielleicht auch kontrol-
lierte klinische Prüfung, die die Limitation der Technik aufzeigt, hätte bereits
frühzeitig die enormen Kosten deutlich reduzieren können. Wie bereits unter
dem Themenkomplex der chirurgischen Therapie der Herzinsuffizienz bei-
spielhaft angesprochen, zählen auch vorschnell eingeführte innovative Ver-
fahren wie Myosplint, das Kunststoffnetz, die Batista-Operation und die Kar-
diomyoplastik bzw. Aortomyoplastik zu Entwicklungen, die heute praktisch
verlassen sind. Auch wenn es in den heutigen Zeiten oftmals schwierig ist, ge-
lingt eine Weiterentwicklung am besten im Umfeld einer präzisen klinischen
Anforderung mit entsprechender physiologisch, anatomisch fundierter theore-
tischer Grundlage; bewährt hat sich die Zusammenarbeit mit Ingenieuren aus
biotechnischen Fachgebieten, um die technische Umsetzung unter optimaler
 
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