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Heidelberger Zeitung — 1898 (Januar bis Juni)

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Nr. 26 - 49 (1. Februar 1898 - 28. Februar 1898)
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Es
der
der
der

gesagt. Der Besuch soll dem geäugelten Wunsche gemäß
ohne allen officielleu Empfang stattfinden.

des Bauernvereins, die nicht zugleich zum landwirthschaftlichen t
Verein gehören, schon zu Schaden gekommen seien, denn beim
landwirlhschaftltchen Verein sei die Organisation besser als ander- >
wärts. Bei ihr sei die billigste Gelegenheit, zu versichern, weil
die Reservefonds des landwirthschaftlichen Vereins theilweise zur
Zahlung von Nachschubprämien benutzt werden. Redner wünscht
eine energische Bekämpfung der Thierseuchen. Dazu gebe es
zwei Mittel. Entweder Sperre der Grenzen, die nicht immer
durchführbar ist. Das andere Mittel sei eine gleichmäßige und
eine einheitlich, straff durchgeführte Seuchenkontrole in allen
Bundesstaaten. Es sei durchaus unrichtig, daß die Mitglieder
des Bauernvereins bei Viehprämiiruugen nicht berücksichtigt
werden. Durch die Prämiirung sei die Viehzucht gehoben und
Großes erreicht worden. Ueber das Verhältnis des Bauern-
vereins und des landwirthschaftlichen Vereins müsse er sagen,
daß der landwirthschaftliche Verein keine feindliche Absicht habe,
wenn er es auch für wünschenswerther halte, daß nur ein Ver-
ein bestehe. Eine Annäherung könnte stattfinden. Wo Minister
Eisenlohr sich seine Kenntnisse geholt habe, wisse er nicht, aber
er verfüge in landwirthschaftlichen Fragen über ein hervorragen-
des Verständniß und noch nie habe er der Landwirthschaft seine
Hilfe versagt. Mit seinem Danke verbinde er den Wunsch, daß
der Minister Eisenlohr noch lange seine segensreiche Thätigkeit
ausüben möge.
Minister Eisenlohr dankt für die freundlichen Worte. Die
Fragen der Handelsverträge und Zollkredite werden in Berlin
erledigt. Was seitens der Regierung durch Sammlung von
Material für die künftigen Handelsverträge geschehen könne,
werde mit Eifer betrieben. Bezüglich der Seuchenkontrole sei er
auch für eine größere Gleichmäßigkeit. Mit der Strenge hierin
sei Baden nicht schlecht gefahren.
Abg. Pfisterer (Antis.) ist für die großen Mittel und
weist auf die Geschäftsmanipulationen des Einfuhrgeschäftes
von Rosenberg u. Kohn hin. Die Rtngbildungen und das Groß-
kapital seien es, die den Bauernstand ruinirten. Manche Bauern-
höfe stehen leer, höchstens sehe man dort einige orientalische Ge-
sichter. (Heiterkeit.) Er schildert die Noth der Schälwaldbesitzer
im Odenwald. Tröstlich sei ihm, daß die Exportfähigkeit
Oesterreich-Ungarns nicht mehr lange dauere und daß auch Ruß-
lands Export seiner Grenze entgegeneile. Von dem großen
Werth des theoretischen Landwirtyschaftsunterrichts sei er noch
nicht so überzeugt. Was nütze es, wenn man Thomasphospbat
u. s. w. anzuwenden wisse. Ackern muß man können. (Heiter-
keit.) Er schließt in der Hoffnung, daß die Regierung das Beste
für die Landwirthschaft thun werde.
Abg. Pflüger (Dem.) bezeichnet den Wunsch Geldreich's,
die Einfuhrrinde mit Zöllen zu belasten, für gefährlich. Bezüg-
lich des Weingesetzes mache er auf einen Ausweg Posadowsky's
aufmerksam, daß bei einer energischen Gesetzgebung gegen Wetn-
pantscherei auch sämmtliche Produzentenkeller in Konkrole ge-
nommen werden müssen. Die Aufhebung des Terminhandels
habe das Aufsteigen der Getreidepreise in Deutschland verlang-
samt. Für die Landwirthschaft sei genug und übergenug ge-
schaffen; ein Drittel des Grundsteuerertrags werde für sie ver-
wendet.
Abg. Schmid (natl.) dankt für die Bereitwilligkeit, mit der
die Regierung der Landwirtschaft zu Hilfe eile. Der Rückgang
des Preises für Schälriude sei vielleicht doch zu verhüten, wenn
ein etwas erhöhter Zoll auf die Einfuhr gelegt würde, ohne daß
die Gerbereien geschädigt würden. Im sog. Hinterland, also
vorzugsweise im Kreise Mosbach, habe man den lebhaften Wunsch
nach Einführung von Viehweiden, wenn möglich mit Unter-
stützung des Staates. Grundstücke, die sich dazu eignen, seien
genug vorhanden. Er freue sich, daß dieLandwirthschaftsschulen
solche allgemeine Anerkennung finden. Wenn diese immer noch
nicht so besucht sind, so liegt dies zunächst an der Dienstboten-
noth, sodann an der Absicht, die allerdings von Jahr zu Jahr
zurückgeht, daß die Opfer für den Besuch einer landwirthschaft«
lichen Schule mit dem ' erzielten Gewinne nicht im Verhältniß
stehen, für das weitere Verständniß wirke der Erfolg. Die
Statistik zeige, daß viele Schüler sich später als brauchbar in
der Landwirthschaft und im öffentlichen Leben erwiesen haben.
Die ländlichen Creditüereine würden mehr wirken können, wenn
ihnen mehr Geld von Berufsgenossenschaften zugeführt würde.
Diese Institute würden dann für einen ' gesunden Geldumsatz
sorgen und dem ländlichen Wucher entgegenarbeiten. Er halte
es für wünschenswerth, daß die Amorttsationskaffe als Geld-
ausgleichsmittel benutzt werde. Er ist dafür, daß alle Parteien
für den Stand, der die Grundlage des Staates bildet, einmülhig
alles Nöthige bewilligen.
Es sind 17 Redner vorgemerkt.
Die Verhandlung wird abgebrochen.
Nächste Sitzung: Samstag, 19. Febr. Vormittags'/, 10 Uhr.

gegen die Verallgemeinerung werde ich stets ankämpfen."
— Prof. Or. Soxhlet: Da wir nicht die Möglichkeit
haben, der Milch anznsehen, ob sie bakterienhaltig ist, sollen
wir es riskiren, den Kinder vergiftete Milch zn geben? —
„Lieber die vergiftete Milch", meint Schweninger („Oho!"
von vielen Seiten), früher habe man die Kinder zu den
Scharlachkranken hineingelegt, und man habe es fertig ge-
bracht, daß 90 Jahre lang nach den Farö.rinseln keine
Masern eingeschleppt wurden, er könne den Bazillus nicht
für einen Feind anerkennen und man solle ihn lieber als
Freund, denn als Feind nehmen.
Ein Zuhörer erinnert den Redner an die Reinlichkeit,
die er doch im Eingänge seines Vortrages selbst so sehr
betont habe. Er begreife die Sympathie, die der Herr
Geheimrath für die Bazillen habe, er schenke sie ihm.
sei doch höchst bedenklich, das Publikum, das nicht in
Lage ist, die Reinheit der Milch zu kontrolliren vor
Anwendung einer so segensreichen Erfindung, wie
Soxhlet-Apparat, zu warnen. Der Redner erklärt, er
habe ja den Rückzug schon in der Weise angetreten, daß
er individualisirt habe, er möchte aber warnen, daß man
noch weiter auf dem Wege der Angstmacherei wandle, er
glaube, daß man den Soxhlet absolut nicht perhorresziren
könne, aber praktisch dürfe man davon überzeugt sein, daß
wir den Soxhlet alle noch überleben werden.

Ausland
Frankreich. In einem der Briefe, die Esterhazy
an Frau v. Boulancy geschrieben hat, sagt er: „Wenn die
Preußen bis Lyon kommen, so können sie ihre Gewehre
wegwerfen, denn Gerten genügen, um die Franzosen in die
Flucht zu jagen." Esterhazy wurde von einem Mitarbeiter
des Figaro interviewt, und er leugnete die Aeußerung
nicht. Er habe kurz vorher die Fortschritte der deutschen
Armee gesehen und mit denen der französischen verglichen. —
Der Zolaprozeß, der sich nun doch mehr und mehr
zu einer Revision des Dreyfusprozesses aus-
wächst, nimmt alles Interesse in Frankreich für sich in
Anspruch, die Unterhaltung dreht sich nur um ihn und
dabei regen sich die Debattirenden, wenn sie verschiedener
Ansicht über die Schuld des Dreyfus sind, meist sehr stark
auf. Der Generalstab stellt einmal über das andere die
Vertrauensfrage, während die Vertheidigung einmal über
das andere betont, daß es hier nicht auf Vertrauen, son-
dern auf giltige Beweise ankommt, um so mehr, als Ver-
schiedenes in den Prozessen Dreyfus und Esterhazy passirt
ist, was zum größten Mißtrauen herausfordert. Für den
unbefangenen Zuschauer, namentlich einen deutschen, ist es
kaum noch zweifelhaft, daß der Generalstab einem Schwindel
zum Opfer gefallen ist.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Kammerjunker und Oberamtsrichter Udo Freiherrn von la
Roche-Starkenfels in Oberkirch und den Grundherrn
August Freiherrn von Degenfeld-Neuhaus zu Kammer-
herren, sowie den Referendär Friedrich Freiherrn von Dusch
in Heidelberg zum Hofjunker ernannt, dem Briefträger Person
in Mannheim die Erlaubniß zur Annahme und znm Tragen des
ihm verliehenen Königlich Preußischen abgemeinen Ehrenzeichens
ertheilt und den Reallehrer Franz Josef Stritt an der Höheren
Mädchenschule in Offenburg auf sein Ansuchen unter Anerkennung
seiner laugjährigen und treu geleisteten Dienste auf Schluß des
Winterhalbjahres 1897/98 in den Ruhestand versetzt.
Karlsruhe, 18. Febr. Für morgen Mittag haben
der Großherzo g und die Großh erzog in von Hessen
ihren Besuch bei den Grobherzoglichen Herrschaften an-

Aus Stadt und Land
Heidelberg, 19. Februar.
** Der König von Württemberg passirte mit dem Nacht-
schnellzug 12.50 auf der Rückreise von Bückeburg nach Stuttgart
die kiesige Station.
W Kapellmeister Zschoppe, schon seit längerer Zeit von der
Schwindsucht befallen und schwer leidend, ist heute früh halb
2 Uhr gestorben. Nachdem er bereits Mitte der 1870er
Jahre als Theaterkapellmeister unter dem damaligen Theater-
direktor Kramer hier thätig gewesen und in Folge seiner
tüchtigen Leistungen den Musikfreunden aus jener Zeit noch in
bester Erinnerung geblieben war, wurde er im Jahre 1893, als
Musikdiiektor Rosenkranz, der sich übrigens heute noch trotz des
hohen Alters von nahezu 80 Jahren bester körperlicher und
geistiger Rüstigkeit erfreut, von seiner Stellung als städtischer
Musikdirektor vorgerückter Jahre halber zurücktrat, unter einer
großen Zahl von Bewerbern als dessen Nachfolger berufe»-
Rosenkranz hatte ihn selbst dazu empfohlen. Der Verblichene
hat die auf ihn als Dirigenten gesetzten Erwartungen erfüllt.
Die künstlerischen Leistungen des städtischen Orchesters fanden
auch unter seiner Leitung allseitige rühmliche Anerkennung und
lebhaften Beifall. Bedeutende Verdienste erwarb sich Zschoppe
um die Hebung der Opernaufführungen am hiesigen Stadt-
theater, an dem er die erste Kapellmeisterstelle seit seinem Hier-
sein versah. Leider zeigten sich vor einiger Zeit Zeichen der
Schwindsucht, so daß er, um Erholung zu suchen, seinen Dienst
zeitweilig unterbrechen mußte, wobei er in Kapellmeister Hilde-
brand einen tüchtigen Stellvertreter hatte; aber trotz seines
leidenden Zustandes versah er seinen Dienst so lange es ihm die
Kräfte gestalteten und mit bestem Erfolg. Leider hat nun der
Tod dem Leben des begabten Mannes ein frühes Ende gemacht-
Er erreichte ein Alter von nur etwas über 47 Jahren. 3"
freundlicher Erinnerung wird er den zahlreichen Besuchern der
städtischen Konzerte auf dem Schloß, im Stadtgarten u. s. w-'
und allen Denen, die sich an den Opernaufführungen u»t^
seiner Leitung im Theater erfreuten, bleiben.
Wiesloch, 1ö. Febr. Nach hierher gelangten Nachrichten h»/
die Eisenbahnkommission der Zweiten Kammer den Gesetzentwurf
betr. die Erbauung einer Eisenbahn von hier na«
Meckesheim unv einer solchen nach Waldangclloch-
einstimmig genehmigt. Die von verschiedenen Gemeinden (Ga»-
angelloch, Mauer und Meckesheim) eingekommenen Petitionen
um Abänderung der Z gsrichtung sind nicht berücksichtigt morde»,
vielmehr ist die im Regiernugsentwurf gekennzeichnete Richtung
als die geeignetste bezeichnet worden. Von feiten der Regierung
wurde nahegelegt, daß eine Verlängerung der Bahn (von Schap-
hausen über Gauangelloch, wie dies von letzterer Gemeinde ge-
wünscht wird), ein Scheitern des ganzen Gesetzentwurfes S»^
Folge haben werde. Bis jetzt hat nur die Gemeinde Rothenberg
den verlangten Beitrag rund abgelehnt, während Meckesheim
denselben von der Bedingung abhängig macht, daß die Bah»
daselbst in der Hauptbahn einmündet. Mauer reklamirte diest
Einmündung für sich.
Eppinger», 27. Febr. Der Bürgerausschuß hat für die S»
erbauende Eisenbahn Eppingen—Sinsheim, zu dem vom Sta»^
geforderten Geländeerwerb 34,2°/„ mit der Bedingung genehmigt,
daß die Summe von 50 000 Mark nicht überschritten werdfit
dürfe. Zur Zahlung eines Mehrbetrages machte sich laut Volk-
bote die Firma Gerber und Meißner verbindlich.
fi Mannheim, 18. Februar. In der heute abgehaltene»
Sitzung des Bürgerausschusses wurde das Projekt des Dur«',
bruchs derPlanken mit 6O.gegen 40 Stimmen abgele h»'
Verschiedene Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung. AN
Gegnerschaft richtete sich nicht gegen das Projekt an und U
sich, vielmehr wurde der Gedanke der Plankenverbreiterung
festig günstig beurtheilt, aber man scheute sich, die gefordert
Summe von 800 000 Mark auszugeben, da die Stadt gege»'
wärtig wichtigere Aufgaben zu erfüllen haben. Die Gsg»"
der heutigen Vorlage meinten zwar, man könne ja später wieösi
auf das Projekt zurückkommen, jedoch-dürfte hierfür wenig Ausstu»
Vorhandensein. Für die Vorlage stimmten die Aatiouallibecale»
und ein Theil der Freisinnigen, dagegen die Sozialdemokrate»-
die Demokraten und der Rest der Freisinnigen.
ff Mannheim, 18. Febr. (Strafkammer.) 1) Der
löhuer Josef Ernst von Rauenthal hatte bei dem Landw»«
Mathias Hauser in Neuenheim, bei dem er früher gearbens
haste, eine Reisetasche mit Kleidungsstücken stehen lassen »!fi
außerdem Wochenlohn im Betrage von 4 50 von HE,
zu fordern. Ein Bekannter Ernst's, der 38Jahre alte Taglöh»,
Johann Eh mann aus Rinschheim, dem dieser Sachverh»!
bekannt war, schrieb nun von Sinsheim aus eine Postkarte »»
einen Brief an Hauser, worin er unter Mißbrauch des Nai»e»
des Ernst um Zusendung von Kleidern und Geld an die Adst»
eines gewissen Hagenbucher in Sinsheim ersuchte. Frau H»»si
schickte auch das Verlangte, und Ehinann behielt es für M
Wiederholt wegen Betrugs vorbestraft, erhielt Ehmann heute e>»
Gefängnißstrafe von 8 Monaten. — 2) Der 28 Jahre »»
Agent Anton Hönig von Heidelberg, der sich mit der Beherberg»»-
von Kellnerinnen abgab, wurde wegen Kuppelei zu einer E-j
fängmßstrafc von 4 Wochen verurtheilt. Die mitangeklagte E»,
frau wurde freigesprochen. — 3) Der Bierbrauer Georg Hr
vom Kümmelbacher Hof bestimmte im Mai 1896 den ME
fabrikanten Heinrich Kling von Schriesheim durch die A»g»»°'
seine Frau sei gut dafür, 200 Doppelzentner Malz zu liefet'
Nur durch diese Versicherung ließ sich Kling, der mit Heinz
i schlimme Erfahrungen gemacht hatte und wußte, daß dersst
' vergantet und der Kümmelbacher Hof von dessen vermöge»»^
Frau ersteigert war, bewegen, das Malz zu liefern. Da nur »
Hälfte der Waare bezahlt wurde, so klagte Kling gegen »»»
Heinz, wurde aber abgewicsen, nachdem Frau Heinz eidlich '
' Abrede gestellt hatte, ihren Mann zu dem Kaufe ermächtigt -

man im Wesentlichen der Negierung, die Lehrer in das Land l
schickte, um die wissenschaftliche Ausbildung der Landwirthe zu i
fördern. Wenn man nur dies Eine betrachte, so könne man er- I
Messen, wieviel für die Landwirthschaft geschehen ist- Redner I
wünscht, daß die Ackerbauschule Hochburg mit der landwirth- !
schaftlichen Winterschule iu Verbindung gebracht werde und zwar
in der Weise, daß gute, aber unbemittelte Schüler der Winter- >
schule aus Staatskosten zu Lehrkursen in Hochburg zugelassen
werden. Ferner hält er eine Erweiterung der Rebschulen für
sehr nöthig. Er unterstütze auch die Anregung, solche Gemeinden,
die Creosotirungsanstalten Anrichten wollen, zu unterstützen. Das
Reichsweinsesetz habe jeden Schutz für die reelle Weinfabrikation
versagt. Es müssen andere Wege als in dem Gesetz eingeschlagen
werden. Er ist auch dafür, daß mit der Errichtung von Kredit-
genossenschaften mit Vorsicht weiter gegangen werde.
Minister Eisenlohr erklärt, es müsse in Aussicht genommen
werden, die Hochburg endgilttg in die Staatsverwaltung einzu-
beziehen. Die Reblausgefahr werde von der Regierung mit
ernstester Aufmerksamkeit verfolgt. Die Einführung einer Kunst-
weinsteuer sei sehr schwer. Vor Allem leiste Preußen Widerstand,
das noch keine Weinsteuer erhebe und eine solche auch nicht gerne
Anrichten wolle. Vielleicht aber eigne sich der Kunstwein für die
Lokalbesteuerung. Gegen die Errichtung der Landeskreditkffse
habe der Finanzminister Bedenken. Aber es sei in Aussicht ge-
nommen, einen Kreditkassenverband zu begründen. Es müsse
vor Allem darnach getrachtet werden, den Personalkredit wieder
zu stärken. Möglicherweise werde die Amortisationskasse Vor-
schüsse an die Kreditkassen leisten. Die guten Erfahrungen, welche
die Obstabsatzgenossenschaft iu Bühl erzielt habe, müßten ein
Fingerzeig sein, was noch geschehen könne. Wo sich solche Ge-
nossenschaften bilden wollen, fei die Regierung gerne zur Unter-
stützung bereit.
Abg. Gießler (Centr.) ist für ein Zusammenwirken der
Staats- und Selbsthilfe. Er ist auch dafür, daß die Militär-
behörde auf die Landwirthschaft Rücksicht nehme. Im Vorjahre
seien die Reservetruppen in der Zett der Ernte einberufen wor-
den. Die Regierung möge dahin wirken, daß die Reservisten
möglich Ende April und Mitte Mai einberufen werden. Redner
verbreitet sich dann über eine Anzahl landwirthschaftlicher Fragen,
nimmt den Bauernverein in Schutz, wobei er dem Minister Eisen-
lohr Schneidtgkeit vorwirft, selbst aber einen sehr scharfen Ton
anschlägt. ,
Minister Eisenlohr: Gießler habe seinen Ton merkwürdig
gesteigert und ihm Illoyalität vorgeworfen. Vielleicht könne er
diesen Vorwurf zurückgeben, denn er habe der Versicherung
Schüler's von seiner freundlichen Gesinnung gegen den land«
wirthschaftlichen Verein Glauben geschenkt und nur in den unteren
Schichten Politik festgestellt: ebenso habe er dem Redakteur die
Patriaangelegenheit zur Last gelegt. Gießler sei sogar als An-
walt der Krone Bayerns aufgetreten und habe ihm vorgeworfeu,
als habe er sich nicht geziemend ausgedrückt. Er wolle den Abg.
Gießler bitten, seine Studien etwas zu vertiefen. Er werde
dann finden, daß das Jmmobiliarversicherungswesen ein bayeri-
sches Re;ervatrecht sei. (Gießler, Wacker: „berühmt"). Minister
Eisenlohr spricht weiter. (Chor des Centrums: Berühmt.) Mini-
ster Eisenlohr: Nun dann: „Nicht berühmt!" (Wacker: Dadurch
wird es besser!) Gießler habe einen Blick auf die angeblichen
Parteilichen Urtheile der Prämiirungskommission geworfen. Er
bitte, in diesen Aussprüchen recht vorsichtig zu sein. Ein Theil
der Vtehbesitzer, die nichtprämiirteu, sind immer unzufrieden, die
anderen zufrieden. Wenn er nachweisen könne, daß unrichtige
Mittel zur Prämiirung angewendet worden seien, so seien sie zu
verwerfen. Ob sie aber angewendet wurden, fei zweifelhaft. Was
die Reservistenübungen anlauge, so verfahre das Generalkommando
sehr loyal. Es frage jedes Mal beim Ministerium über etwa
bestehende Wünsche an. Die Antwort sei sehr schwer, do die
verschiedenen Gegenden verschiedene Wünsche haben. Er habe
gehört, daß der Bauernverein beim Generalkommando vorstellig
geworden ist. Hätte er sich an das Ministerium gewendet, so
hätten seine Wünsche auch Berücksichtigung gefunden. Er fühle
sich unbetheiligt an der Schärfe des Tones. In landwirthschaft-
lichen Fragen tönne er mit dem Bauernverein einig sein und
bleiben.
Präsident Gönner erklärt, den Ausdruck „illoyal" rügen zu
müssen, falls er subjektiv gemeint sei.
Abg. Gießler erklärt, er habe den Ausdruck in objektivem
Sinne gebraucht.
Abg. Mampel (Antis.I wünscht, daß die Regierung im
Bundesrath auf höhere Zölle hinwirke. Mit den kleinen Mitteln
fei wenig geholfen. Vor allem möge der heimische Tabak besser
geschützt werden. Für Neckargemünd beantragt er eine land-
wirthschaftliche Winterschule. Auch möge man höhere Staatszu-
fchüffe für die Viehversicherung gewähren.
Abg. Blattmann (Ctr.) plädirt für Wässerungsgenossen-
fchaften und deren Unterstützung durch die Regierung. (Es bilden
sich Gruppen im Saal, die mehrfach durch Heiterkeitsausbrüche
den Redner schwer verständlich machen.)
Abg. Klein (nat.-lib.): Wenn es auch noch eine Reihe von
Jahren dauere, bis die Handelsvertragsfrage aktuell werde, so
fei es doch nöthig, schon jetzt darüber zu sprechen. Die Land-
witrthe theilen sich in zwei Gruppen- Die einen wollen den
au onomen Tarif, die anderen die Handelsverträge. Die badische
Landwirthschaft steht auf dem letzteren Standpunkt; ein auto-
nomer Tarif würde den Zollkrieg in Permanenz erklären. Als
Anhänger der Verträge halten sie es für nöthig, daß die Han-
delsverträge schon jetzt vorbereitet werden. Die Statistik über
die Menge des erbauten Getreides und die Preise müssen fleißig
und gründlich durchgeprüft und die landwirthschaftlichen Interessen-
vertretungen müssen gehört werden, damit das erforderliche
Material für die Beurtheilung vorliege. Es sei erfreulich, daß
man im Gegensatz zn früher ein ersprießliches System zur Er-
zielung guter Handelsverträge in dem Zusammenwirken aller
Produktivstände erblicke. Es sei zweifellos, daß die Mitglieder
Mensch anders sei, daß es selbst Kinder geben könne,
die mit Soxhlet ernährt werden könnten (Zwischenrufe
„müssen"), aber Derjenige, der unzubereitete Kuhmilch
vertrage, sei ihm lieber als Der, der mit Soxhlet auf-
gezogen werde.
Proffessor Or. Soxhlet erwidert, daß wohl manche
Gebirgsbewohner einen tüchtigen „Puffer" ertragen könnten.
Bei großer Kindersterblichkeit ans dem Lande komme es
freilich vor, daß auch von dem mit Mehlpapp und saurem
Schnuller Aufgezogenen viele „durchkommen", diese würden
dann die besten Bergführer. Wenn aber die Kinder sicher
erhalten werden sollten, so sei die Sache anders gelagert.
Die Ernährung des Kindes beruhe in erster Linie darauf,
daß es eine bakterienfreie Milch bekomme, und es sei
vorerst zu verhüten, daß die mit Exkrementen rc. verun-
reinigte Milch Bakterien erziehe, — „Erziehen könne, aber
nicht müsse", meint vr. Schweninger. „Wir würden",
sagt er, „mit Soxhlet doch keine bessere Generation er-
zielen. Wenn es nur lauter vergiftete Milch gäbe, ließe
er sich die Sache gefallen, aber daß Alle mit Soxhlet ar-
beiten müßten, das, meint er, wäre denn doch kolossal.
Wenn Sie den Magen nicht mehr kämpfen, nicht mehr
arbeiten lassen wollen, wenn Sie ihn nur schützen wollen,
dann haben Sie keine Menschen mehr. Ich glaube, daß
wir sagen müssen, wir müssen auch hier individualisiren,
- wenn Sie Jndividualisirung zugeben, so bin ich zufrieden,
 
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