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Heidelberger Zeitung — 1898 (Januar bis Juni)

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Nr. 50 - 76 (1. März 1898 - 31. März 1898)
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Xr. 58.

vikusiW, dkl 8. Mär;

1898.

Politische Umschau.
Heidelberg, 8. März.
Der neue österreichische Premierminister Graf
Franz von Thun und Hohenstein ist am 2. September 1847
als Sohn des Grafen Friedrich Thun, des vormaligen
Präsidialgesandten in Frankfurt, geboren. Graf Franz
Thun schlug zuerst die militärische Karriere ein und diente
in der Armee bei den Dragonern. Im Jahre 1877 trat
er aus der Armee als Oberlieutenant in der Reserve aus.
Bei den Compromißwahlen des Jahres 1879 wurde er vom
böhmischen Feudaladel in den Reichsrath und später in den
Landtag gewählt. Er, der Sproß einer alten deutschen
Adelsfamilie, hat stets feudale und klerikale Grundsätze
mit Entschiedenheit verfochten und diese Grundsätze über
sein Deutschthum gestellt. Dadurch ist er — übrigens
auch noch verschwägert mit dem klerikalen, deutschfeindlichen
Hause des Fürsten Schwarzenberg — zu einem Gegner
des österreichischen Deutschthums geworden und zudem ein
Förderer der czechischen Sonderbestrebungen auf Errichtung
eines eigenen Königreichs Böhmen ähnlich der staatsrecht-
lichen Stellung Ungarns. In den beiden legislativen
Körperschaften vertrat er die staatsrechtlichen Forderungen
des Feudaladels und der Czechen. Dem staatsrechtlichen
Programm gab er den entschiedensten Ausdruck in seiner
Landtagsrede vom 5. October 1888, die mit den Worten
schloß: „Möge die Salbung und Krönung mit der Krone
des heiligen Wenzel die Bande noch inniger schließen, die
den geliebten Herrscher mit seinem treuen Volke verbinden."
Infolge dieser Rede wurde Graf Thun, als er ein Jahr
später, am 7. October 1889, als Nachfolger des Barons
Kraus zum Statthalter von Böhmen ernannt wurde, von
den Czechen als Krönungsstatthaltcr begrüßt. Es ist eine
Ironie der Geschichte, daß dieser „Krönungsstatthalter"
durch die Czechen selbst auf seinem Posten sehr stark be-
drängt wurde. Als die Jungczecheu gegen den Ausgleich
vom Jahre 1890 Front machten und Graf Thun den
Ausgleich, der unter seiner Mitwirkung zustande gekommen
war, im Landtage vertheidigte, ward er zum Gegenstände
der schärfsten Angriffe seitens der Jungczecheu, welche aus
den Landtags- und in der Folge aus den Reichsraths-
wahlen siegreich hervorgegangen waren. Der Krönungs-
statthalter mußte schließlich im Herbst 1893 die Ver-
hängung des Ausnahmezustandes über Prag und Um-
gebung beantragen. Unter dem Koalitionsministerium
Windischgrätz blieb Graf Thun noch Statthalter und erst
unter Badeni trat er zurück. Er und Badeni betrachteten
sich als Rivalen. Wie anzunchmen ist, wird Graf Thun
es sich zur Aufgabe machen, den 1890 durch das ganz
unerwartete Emporkommen der radikalen Jungczecheu ge-
scheiterten Ausgleichsversuch nochmals zu unternehmen.
Die Deutschen sind zu einer loyalen Verständigung bereit,
wenn sie den neuen Ministerpräsidenten auch mißtrauisch
unsehen. Ob die in letzter Zeit so sehr übermüthig ge-
wordenen Czechen heute auf einen Ausgleich eingehen, der
den Deutschen den deutschen Theil von Böhmen sichert, ist
fraglich. Jedenfalls wird Graf Thun einen starken Druck
auf sie ausüben müssen, ehe sie sich dazu verstehen werden,
von ihrer Anmaßung abzulassen. Der verfassungstreue
Grundbesitz wird das neue Ministerium unterstützen und
hat den deutsch-böhmischen Abgeordneten Dr. Bärnreither
ermächtigt, in dem Kabinet Thun das Portefeuille des
Innern zu übernehmen. Das neue Ministerium wird
wahrscheinlich schon heute fertig werden.
Ihre Forderung, der amerikanische Generalkonsul in
Havanna, Lee, möge abbcrufen und die amerikanischen
Kriegsschiffe vor Cuba möchten durch Handelsschiffe ersetzt
werden, begründet die spanische Regierung mit dem
Wunsche, daß der offizielle Charakter des dortigen amerika-
nischen Unterstützungsdienstes beseitigt werde. Niemand
zweifelt daran, daß tatsächlich die Amerikaner die Auf-
ständischen in Cuba unterstützen, allein mit der direkten
Aufforderung, Amerika möchte seinen Konsul und seine
Kriegsschiffe abberufen, hat sich Spanien doch etwas weit
vorgewagt. Auf eine solche Aufforderung Spaniens hin
können die Vereinigten Staaten nicht gut zurückweichen,
ohne sich dem Vorwurf der Schwäche auszusetzen, und so
ist ein'ernster Konflikt zwischen Spanien und den
Bereinigten Staaten in große Nähe gerückt, wenn Spanien
nicht einlenkt. (Siehe Neueste Nachr.)
Aus China kommt eine Anzahl von Nachrichten, die
erkennen lassen, daß es mit der beschaulichen Ruhe im
Reiche der Mitte vorbei ist. Von allen Seiten drängen
die Mächte herzu, zupfen an China herum und stören es
w seiner conservativen Beschaulichkeit. Rußland verhandelt
über die dauernde Besetzung von Port Arthur und Talien-
Wan. Nach einer anderen Version soll es beide Plätze
bereits auf 99 Jahre in Pacht erhalten haben. Ferner
unterhandelt es wegen der Bauerlaubniß für eine von
der russisch-manschurischen Linie über Kirin—Mugdan nach
Port Arthur sich abzweigende Eisenbahn und ausschließliche
Verwendung russischer Militärinspektoren in dem Nord-
theile des Chinesischen Reiches einschließlich der Provinz
Petschili. Japan soll die Absicht an den Tag gelegt
haben, den von ihm als Pfand für die chinesische Kriegs-
Entschädigung besetzten Hafen Wei-Hai-Wei auch nach er-
folgter vollständiger Tilgung der Kriegsschuld als Aus-
stich für die anderen Mächten neuerdings von China

eingeräumten Vortheile zu behalten. Das Tsung-li-Aamen
soll daraufhin in Tokio um Aufklärung gebeten und an-
gedeutet haben, China werde der dauernden Besetzung
Wei-Hai-Weis nicht widerstehen, sich aber in diesem
Falle zur Auszahlung der Kriegsschuld nicht mehr für
verpflichtet halten. Das seltsamste aber ist, daß die Vice-
könige von Nanking und Lianghu, sowie der Gouverneur
von Hunan beschlossen haben sollen, das Iangtsethal von
Nanking aus allein zu regieren und die Autorität des
Kaisers in den Central- und westlichen Provinzen aufzu-
heben. Sie fürchten nämlich, einen beträchtlichen Theil
ihrer Einkünfte dadurch zu verlieren, daß die Likin-Abgaben
(Binnenzölle) als Garantie für die Anleihe verwendet
werden; sie glauben auch, daß infolge davon die Erhebung
des Likin unter europäische Controle kommt, was ihnen
äußerst unangenehm wäre. Wenn sich dies bestätigt, so
hat der Zerfall des chinesischen Reiches begonnen.

Deutsches Reich.
Berlin, 7. März.
— Der Centralvorstand des evangelischen Bundes
erläßt eine aus Merseburg den 28. Febr. datirte Erklärung
betreffend die bekannte Eingabe des Bundes an den Reichs-
kanzler wegen der ultramontanen Sonderfeier von Kaisers
Geburtstag in Rom. Er konstatirt, daß er nicht das
katholische Bewußtsein verletzen wollte, wie ihm fälschlich
unterstellt werde, sondern daß es sich ausschließlich um die
Ehre des evangelischen Bekenntnisses handelte. Mit Dank
erkennt er an, daß zahlreiche Preßerzcugnisse für das gute
Recht seiner Beschwerde eingetreten seien und setzt die ganze
Angelegenheit dann noch einmal auseinander, wobei er
zum Schluß kommt, daß er nur eine unabweisliche Pflicht
erfüllt habe.
— Nach telegraphischen Nachrichten aus China ist der
Fall des deutschen Missionärs Homeyer, der bekannt-
lich landeinwärts von Canton verwundet und beraubt
worden war, nunmehr befriedigend erledigt. Die Thäter
und die der Nachlässigkeit schuldig befundenen Beamten
werden bestraft. Der Generalgouverneur hat eine bestimmte
Summe als Entschädigung angewiesen und sich auch an-
heischig gemacht, den Erwerb dreier Grundstücke zur sicheren
Unterkunft für die Missionare zu vermitteln.
— Der Reichsanzeiger meldet: Die von dem Gesandten
in Peking mit der chinesischen Regierung geführten Ver-
hau d l u n g e n find abgeschlossen. Der Vertrag,
der auch die Deutschland in Schantung gewährten Zuge-
ständnisse umfaßt, ist am 6. März von beiden Theilen
unterzeichnet worden.
— Ueber die Verwaltung von Kiaotschau sind
nunmehr durch Cabinetsordre nachstehende Bestimmungen
getroffen: An der Spitze der Militär- und Zivilverwaltung
im Kiaotschaugebiet steht ein Seeoffizier mit dem Titel
Gouverneur. Derselbe ist oberster Befehlshaber der
militärischen Besatzung im Kiaotschaugebiet und Vorgesetzter
aller in demselben angestellten Militärpersonen, sowie der
Beamten der Militär- und Zivilverwaltung. Der Gouver-
neur hat gerichtsherrliche, Disciplinar- und Urlaubsbefug-
nisse eines Marine-Stationschefs; er führt innerhalb seines
Befehlsbereichs eine Flagge, wie die des Gouverneurs von
Ostafrika. Flagge und Person des Gouverneurs erhalten
einen Salut von 13 Schuß. Der Gouverneur und die
Befehlshaber der Marine stehen in keinem Unterordnungs-
verhältniß.
Deutscher Reichstag. Berlin, 7. März. Das Hans
beginnt die erste Berathung des Gesetzentwurfs betreffend
einige Aend erungen von Bestimmungen über das
P o st w e s e n.
Staatssekretär v. Podbielski begründet die Vorlage und
führt aus, die neue Vorlage enthalte eine Reihe wichtiger Er-
leichterungen, aber alles auf einmal lasse sich nicht machen. Man
müsse schrittweise vorgehen, um das Budget nicht zu gefährden,
wenn auch später auf Vermehrung der Einnahmen gerechnet
werden dürfe. Der Reichskanzler beabsichtigt, sobald dieser Ent-
wurf Gesetz geworden ist, das Porto für Anweisungen
bis zu 5 Mk. auf 10 Pfg. h er a b zu s etz e n. Die Einbe-
ziehung der Vororie in den Ortsverkehr ist eine Nothwendigkeit.
Redner verdenke es den Pri v a tp oste n nicht, wenn sieden
Eingriff in ihre Rechte als eine Ungeheuerlichkeit darstellen;
aber der Grundgedanke, den geschlossenen Brief der Reichspost
vorzubehalten, sei doch ein gesunder. Die Privatposten seien
eben doch ein Pfahl im Fleische der Postverwaltung. Es dürfe
nicht so weiter gehen. In allen anderen Staaten seien die
Privatposteu verboten. Durch die Privatposten würden doch auch
die großen Städte vor den kleinen bevorzugt. Die Reichspost
sorge ganz anders für ihre Beamten, als die Privatposten. Die
Ausdehnung des Postverkehrs vernichte keineswegs die Existenz
Tausender. Thatsächlich handelt es sich um etwa 2000 Per-
sonen. Was die Rechtsfrage und die Entschädigungsansprüche
der Privatposteu anlangt, so sei dos Recht der letzteren kein
wohlerworbenes. In Präcedenzfällen, wie bei der Einführung
der staatlichen Unfallversicherung, habe auch keine Entschädigung
stattgefunden. Brauchbare Leute würde man vielleicht von den
Privatposten übernehmen. Den Privatanstalten blieben ja die
offenen Briefe und die Karten. Der Staatssekretär schließt mit
dem Wunsche, daß die Vorlage noch in dieser Session Gesetz
werde; sonst würden die Tarifreformen wieder auf ein Jahr
hinaus verschoben werden müssen. (Beifall.)
Abg.Dr. Hasse (nat.) beantragt Verweisung an eine 14glied-
rige Commission.
Abg. Graf Bernstorff-Lauenburg (Reichsp.) hält eine Ver-
pflichtung zur Entschädigung für Privatposten nicht für gegeben
und spricht die Bitte aus, die brauchbaren Angestellten der Privat-
post in die Reichspost zu übernehmen.
Abg. Rintelen (Centr.) bemerkt, er sei mit der Ausdehnung
des Postregals nicht einverstanden. Die Coneurrenz sei sehr ge-

sund. Redner schlägt die Verweisung der Vorlage an die Post-
dampfercommission vor.
Staatssekretär v. Podbielski wiederholt, daß der Reichs-
kanzler bereit sei. nach Inkrafttreten der Vorlage die Postanweisungs-
gebühren herabzusetzen.
Abg. Fischbeck (fteis. Vp.) tritt für die Privatposten ein-
Art. 2 der Vorlage sei für seine Partei unannehmbar.
Abg. Rintelen (Centr.): Seine Partei nähme die Vorlage
an. Die Frage einer Entschädigung aus Billigkeit könne offen
bleiben.
Abg. Wurm (Soc.): Die sozialdemokratische Partei sei mit
der Ausdehnung des Postregals grundsätzlich einverstanden.
Staatssekretär v. Podbielski erklärt auf eine Bemerkung
des Vorredners, er halte es für seine vornehmste Pflicht, besonders
das Briefgeheimniß zu überwachen.
Abg. Dr Lieber (Ctr.): Der Staatssecretär werde niemals
einen Reichstag finden, der die Ausdehnung des Regals ohne
Entschädigung zngeben werde. Die Angestellten der Privatposten
müßten ausreichend entschädigt werden.
Abg. Dr. Barth (freis. Ver.) lehnt Art. 2 ab. Die Gesell-
schaften und ihre Angestellten bedürften der Entschädigung.
Abg. Zimmermann (Antis.): Die Vorlage, so wie sie vor-
liege, sei unannehmbar.
Abg. Dr. v. Buchka (kons-): Die Rechte der Privatposten
seien wohl erworben. Nach seiner Meinung sei ihre Entschädigung
nothwendig.
Morgen 2 Uhr Weiterberathung.
Schluß 4°/« Uhr.
Baden, ffAusBaden, 7. März. Gestern fand inKarls-
ruheder Parteitag der Freisinnigen Badens statt.
Von den 14 Reichstagswahlkretsen hatten nur 9 Kreise Vertreter
eutfandt. Den Vorsitz führte Herr Kaufmann Emil Magenau
von Mannheim. Den Jahresbericht erstattete Herr Rechtsanwalt
Dr. Friedrich Weill-Karlsruhe, während Hr. Reichstagsabgeord-
neter Kopsch aus Berlin, welcher als Vertreter des geschäfts-
führenden Ausschusses der deutschen freisinnigen Volkspartei er-
schienen war, über die Thätigkeit der freisinnigen Volkspartei im
Reichstage referirte, die allerdings fast ausschließlich aus öder
Neinsagerei besteht. Am Schluffe seines Referats gab sich Hr.
Kopsch sehr zuversichtlich in Bezug auf den Ausfall der nächsten
Reichstagswahlen. Er meinte, daß das Vertrauen in die frei-
sinnige Volkspartei wieder allenthalben in der Zunahme be-
griffen sei, so daß die kommenden Reichstagswahlen ein anderes
Bild ergeben würden als diejenigen im Jahre 1993. Hr. Kopsch
ist also entweder ein beneidenswerther Optimist oder ein Schön-
färber ersten Ranges. Den Bericht über die Thätigkeit der
Freisinnigen im badischen Landtage erstattete Hr. Markus Pflü-
ger, welcher dabei die für unsere Landwirthe interessante An-
schauung entwickelte, daß im badischen Landtage das agrarische
Element zu stark vertreten sei. Die Landwirthe können aus
dieser Bemerkung ersehen, welche geringen Sympathien ihnen die
Freisinnigen im Grunde ihres Herzens entgegenbringen. Ein-
gehend wnrde die Frage der freisinnigen Gemeindepolitik be-
handelt und schließlich eine Kommission eingesetzt, welche sich mit
der Gemeindebesteuerung und der Revision der Städteordnung
beschäftigen soll. Bezüglich der Reichstagswahlen ist mit den
Demokraten ein Abkommen wegen Aufstellung gemeinsamer Kan-
didaturen abgeschlossen worden, und zwar sollen nach den bis-
herigen Abmachungen in Mannheim und Karlsruhe demo-
kratische, und in Pforzheim sowie Lörrach freisinnige Bewerber
ausgestellt werden. Auch für Heidelberg ist eine freisinnige Zähl-
kandidatur in Aussicht genommen.
Badischer Landtag. L. 0. Karlsruhe, 7. März.
49. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer.
Präsident Gönner eröffnet um 4'/. Uhr die
Sitzung.
Der Entwurf betr. die Realberechtigung wird auf
Antrag des Abg. Fieser und unter Unterstützung des Abg. Blatt-
mann einer Kommission von 7 Mitgliedern überwiesen, in welche
die Abgg. Venedey, Armbruster, Breitner, Reichardt, Straub,
Leimbach und Keller gewählt werden.
Abg. M a m p el (Antis.) berichtet über das Gesuch des
früheren Eisenbahnassistenten Andreas Heimburger in Freiburg
um Gewährung eines Ruhegehaltes. Der Gesuchsteller ist
unbotmäßig gegen seine Behörde gewesen und daher unter Ver-
lust seiner Pensionsansprüche aus dem Dienst entlassen worden.
Er gibt zu, Formfehler gemacht zu haben, aber er findet seine
Verstöße nicht so groß, daß man ihm hätte die Ansprüche auf
Ruhegebalt entziehen können. Im Wesentlichen wird ihm zum
Vorwurf gemacht, daß er dem Dienste ohne Urlaub fernblieb
Die Kommission beantragt Uebergang zur Tagesordnung.
Der Kommissionsantrag wird angenommen.
Abg. Kramer (Zoz.) berichtet über das Gesuch der
Wittwe des Schutzmanns Karl Ludwig Schuler in Heidel-
berg um Erhöhung ihres Wittwengehalts. Der Kommissions-
antrag auf Uebergang zur Tagesordnung wird angenommen.
Zugleich wird die Regierung ersucht, auf dem Gnadenwege eine
Unterstützung zu gewähren.
Abg. Werr (Centr.) berichtet über die Bitt e der geprüften
Kaminfegergehilfen, worin nm Vermehrung der Kehr-
bezirke, raschere Besetzung der Meisterstellen, den Ausschluß von
Bewerbern, die bereits in anderen Berufen thätig waren, einen
mindestens 8jährigen Beschäftigungsnachweis der Prüfungs-
kandidaten und Einschränkung des Lehrlingswesens ersucht wird.
Die Kommission beantragt: Hohe 2. Kammer wolle die
Petition der Kaminfegergehilfen der Großherzoglichen Regierung
1. empfehlend überweisen, soweit dieselben 1. Errichtung weiterer
Kehrbezirke verlangen (Ziff. 1 der Petition), und 2. wünschen,
daß solche Gehilfen, welche eine Zeit lang aus dem Kamiu-
fegergewerbe ausgetreten waren und einen anderen Beruf er-
griffen hatten, bei Bewerbung um erledigte Meisterstellen nur
nach Maßgabe der im Kaminfegergewerbe zugebrachten Dienst-
jahre berücksichtigt werden (Ziff. 3 der Petition), 2. zur Kenntniß-
nahme überweisen, soweit dieselben 3. rascheres Ausschreiben der
erledigten Stellen (Ziff. 2 der Petition), 4. Festsetzung einer
angemessenen Zeit praktischer Thätigkeit vor Zulassung zur
Prüfung (Ziff. 4 der Petition) und 5. Abänderung der Kamin-
fegerorduuug dahin verlangen, daß in einem Kehlbezirke nicht
mehr Lehr inge zugelassen werden dürfen, als selbständige, den
Kamiufegerdienst ausübende Personen (Meister oder Gehilfen)
vorhanden sind (Punkt 5 der Petition).
Abg. Birke nm ah er (Centr.): Er könne dem Vorichlag
auf Vermehrung der Kehrbeztrke nur unter der Voraussetzung
zustimmen, daß die jetzigen Inhaber der Kehrbezirke nicht ge-
schädigt werden. .
Abg. Fieser (nat.-lib.) kann für seine Person aus den
Thatsachen des Berichts nicht zu einer empfehlenden Ueber-
wetsung kommen. In formeller Hinsicht scheine ihm bereits ein
Hinderungsgrund vorzuliegen. Die Petition solle in Bezug auf
Ziffer 1 empfehlend überwiesen werden. Wenn er den Sinn des
Antrags richtig verstehe, so wolle man sich grundsätzlich für eine
 
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