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Heidelberger Zeitung — 1898 (Januar bis Juni)

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Nr. 77 - 100 (1. April 1898 - 30. April 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42069#0408

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Die Angelegenheit ist nach Peking und St. Petersburg
gemeldet worden.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 16. April.
O Die Generalversammlung des Liederkranz, welche gestern
Abend im Vereinshause in der Bienenstraße stattfand, war von
aktiven und passiven Mitgliedern zahlreich besucht. Herr Dr.
Keller eröffnete um 9 Uhr die Versammlung, begrüßte die An-
wesenden herzlich und ertheilte sodann dem 2. Vorstande, Herrn
Sendete, das Wort zur Berichterstattung über die Thätigkeit
des Vereins im abgelaufenen Jahre; der gründlich ausgearbeitete
Bericht zeigte ein sehr klares Bild der umfassenden Thätigkeit
des Vereins. Der Rechner, Herr G. Schmidt, erstattete Bericht
über die Finanzlage des Vereins, woraus zu entnehmen war,
daß ein Vermögenszuwachs von etwa 30V0 zu verzeichnen ist.
Bei den folgenden Wahlen wurden Herr Dr. K eller als 1. und
Herr Sendete als 2. Vorstand des Vereins durch Zuruf wieder
gewählt. Durch geheime Stimmabgabe wurden die bisherigen
Mitglieder alle wiedergewählt mit Ausnahme des Herrn Reiske,
welcher eine Wiederwahl nicht mehr anzunehmen erklärte.
An seiner Stelle wurde Herr Rübsamen gewählt, der seit 2
Jahren als Obmann des Vergnügungsausschusses sich vielerlei
Verdienste um das Vereinsleben erworben hat. Auch in dem
ebengenannten Ausschuß traten mehrere Herren aus und wurden
andere strebsame Liederkränzler an deren Stelle erwählt. Herr
Kratt gedachte in warmen Worten der Thätigkeit des musika-
lichen Leiters des Vereins, Herrn Weidt, und brachte ein begeistert
aufgenommenes Hoch auf denselben aus. Gegen 12 Uhr waren
die Gegenstände der Tagesordnung erschöpft und nach Absingen
des Wahlspruches „Aufrecht und stolz" schloß der Vorsitzende die
Versammlung.
O Kunstverein. Von der Sonder-Ausstellung der 25
Aquarelle von Hermann Baumeister, Karlsruhe, sind 6 Blatt
zurückgenommen und durch 6 neue Blatt ersetzt worden. Die-
selben sind Motive aus der Umgebung von Rom, aus der
Campagna und Tivoli. Wir verweisen auf die eingehende
Besprechung' der Baumeister'schen Aquarelle in Nr. 86 vom
9. April und fügen hinzu, daß die Ausstellung allseitige An-
erkennung gefunden hat. Den vielen Freunden des hier
wohlbekannten Malers C. E. Plitt möchten wir mittheilev,
daß derselbe 4 Aquarelle seiner neuesten Richtung, Wald-
partieen aus der Umgebung von Paris, ausgestellt har, welche
als ganz vorzüglich bezeichnet werden dürfen. Herr Plitt
lebt gegenwärtig in Frankfurt, leider in sehr mißlichen Ver-
hältnissen, und es ergeht hiermit die Bitte, demselben durch
Ankauf seiner Aquarelle etwas aufzuhelfen, zumal dieselben
zu äußerst billigen Preisen abgegeben werden. Von den neu
angekommenen Oelgemälden nennen wir besonders die Genre-
bilder von Rudolf Epp „Am Herdfeuer" und von Max Scholz
„Am Nordpol" und „Bruder Gärtner", ebenso einen guten
Frauenkopf von W. v. Bongs. Gute Landschaften, Dorf-
motive, sandten Hermann Dilchler, Dieckvoß, Kielwein und
Andere. Die reizenoen 15 Blumenstücke von Ilse Müller
sind morgen zum letzten Male ausgestellt, wahrscheinlich auch
das große Gemälde „Verdientes Brod" von I. Marx hier.
Auf die ausgestellten 8 Oelgemälde von Wilhelm Feldmann
sei noch besonders hiugewiesen, ebenso auf die Collektion (54
Blatt) von Baurath Ä. Braun hier, welche alle Anerkennung
findet. Die ganz tadellose Marmorbüste von Eugen
Guillaume, Paris, „Ludwig van Beethoven", sollte sich
eigentlich als bessere Zugkraft erweisen.
8. Thierschntz-Sache. Wir verweisen auch an dieser Stelle
auf den am nächsten Dienstag, den 19. ds. Mts., Abends
8'/s Uhr, im Gartensaale der Harmonie stattfindenden Vortrag
des Herrn Kanzleirath Kaeflein aus Karlsruhe hin. Dieser
Herr ist schon seit einiger Zeit Vorsitzender des Karlsruher
Thierschutz-Vereins und hat sich als solcher große Ver-
dienste erworben. Für Viele, denen der Schutz der wehrlosen
Thiere am Herzen liegt, wird es nur dieses kurzen Hinweises
bedürfen, um sie zur Theilnahme an dieser voraussichtlich
interessanten Versammlung zu veranlassen.
* Das Romanfeuilleton findet der Leser im heutigen
zweiten Blatt.
lli Schöffengerichtssttznng vom 15. April. 1) Goto Schaff
hier wurde von der Anklage wegen Thierquälerei freigesprochen.
2) Robert Vogel in Ziegelbausen erhielt wegen Uebertretung
ortspol. Vorschriften eine Geldstrafe von 3 3- Joh. Ad. Sauer,
Schneider in Ludwigshafen, wegen Thätlichkeiten angeklagt, hat
sich der polizeil. Strafe unterworfen. 4) Karl Sutter und Friedr.
Fink hier erhielten wegen groben Unfugs Sutter 5 Tage Haft
und Fink einen gerichtlichen Verweis. 5) Louis Reiß, Geschäfts-
agent hier, erhielt wegen Uebertretung des Z 134a P.Str.G.B.
eine Geldstrafe von 20 6) Elisabetha Michel in Karlsruhe
wurde von der Anklage wegen Uebertretung ortspol. Vorschriften
freigesprochen. 7) Johann Fellhauer II. in Mannheim erhielt
wegen Uebertretung des § 361 R.Str.G.B. eine Geldstrafe von
10 8) Die Verhandlung gegen Valentin Stefan in Dossen-
heim wegen Beleidigung des Chr. Michels wurde vertagt.
9) Die Klage gegen Gg. Dank, Schlosser hier, wegen Beleidigung
des Gg. Unger wurde durch Vergleich erledigt. 10) Ludwig
Maier, erzb. Bauinspektor hier, erhielt wegen Beleidigung des
Architekten Franz Kuhn eine Geldstrafe von 30
— Unfall. Ein Maurer aus Spechbach, der an einem ver-
bau in Neuenheim mit Graben des Fundaments beschäftigt war,
verunglückte gestern Nachmittag dadurch, daß das Fundament
etnrutschte und den Maurer verschüttete; er erlitt dabei einen
Rippenbruch und mußte in's akad. Krankenhaus verbracht werden.
— Polizeibericht. Verhaftet wurden gestern zwei Manns-
personen wegen Bettelns und Landstreicherei.
's Mannheim, 16. April. Der Pächter des hiesigen Saal-
baues, Nottbusch, der früher den Nassauer Hof in Heidelberg
besaß, hat seine Gläubiger auf heute zu einer Besprechung wegen
eines Arrangements eingeladen. Die Passiven betragen 103000 ^L,
die Aktiven 56000
ff Mannheim, 16. April. (Strafkammer.) 1) Der 26
Jahre alte Taglöhner Peter Beng von Otterbach, der am 8.
Februar d. I. aus dem Hofe des Kohlenhändlers Gustav Hoff-
mann in Heidelberg drei leere Petroleumfässer stahl und durch
den Taglöhner Jacob Schnell verkaufen ließ, wurde mit Rück-
sicht auf seine lange Strafliste zu 1 Jahr Zuchthaus verurtheilt
und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von zwei
Jahren aberkannt. — 2) Der 20 Jahre alte Schlosser Ludwig
Rohnacher von Rohrbach war schöffengerichtlich wegen Körper-
verletzung zu 20 Mark Geldstrafe verurtheilt worden. Seine Be-
rufung gegen dieses Urtheil wurde für begründet erachtet und er
freigesprochen. — 3) Der 23 Jahre alte Steinhauer Leonhard
Stöckler von Altenbach war schöffengerichtlich zu 5 Wochen
Gefängniß verurtheilt worden, weil er bei einer Rauferei den
Taglöhner Peter Gutmann mit dem Messer verletzt hatte.
Seine Berufung wurde verworfen. -- 4) Der 22 Jahre
alte Hausknecht Franz Hermann Schild aus Offenburg ent-
wendete am 22. Februar d. I. in Heidelberg in der Milch-
kuranstalt Joh. Baur, wo er bedienstet war, seinem Stuben-
kollegen die Summe von 45 Ferner versuchte er, aber ohne
Erfolg, den Koffer eines anderen Stubenkollegen zu erbrechen.
Weiter unterschlug er seinem Dienstherrn 7 69 Der An-
geklagte ist mehrfach vorbestraft und erhielt deßhalb eine Zucht-
hausstrafe von 1 Jahr, 2 Monaten und 7 Tagen. — 5) Wegen
einer unbedeutenden Zechprellerei wurde der ebenfalls vielbestrafte
51 Jahre alte Küfer und Bierbrauer Daniel Streik von
Eschelbronn zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. — 6) Der
Restaurateur des Heidelberger Museumsgebäudes Charles
Hornecker ließ am 26. Dezember v. I. bei einer Festlichkeit
des Liederkranzes von dem offenen Wein, den er in der öffent-
lichen Wirthschaft verzapfte, in mit der Museumsetiquette ver-

sehene leere Flaschen füllen und diese als Deidesheimer und
Dürkheimer zu 1.60 und 1.20 serviren, da ihm der vom
Museum bezogene Regiewein schon um 10 Uhr ausgegangeu und
der Küfer des Museums nicht aufzufindeu war. Der Preis
dieses von Weinhändler Geiger bezogenen Weines betrug pro
Liter 45 Pfg. Die Manipulation ging in aller Oeffentlichkeit
vor sich. Das Heidelberger Schöffengericht nahm an, daß
Hornecker durch den Verkauf von 25 Flaschen falsch etiquettirtcn
minderwerthigen Weines sich einen widerrechtlichen Vermögens-
vortheil von 20 verschafft habe und verurtheilte ihn deßhalb
zu einer Geldstrafe von 100 eventuell 10 Tagen Haft. In
den Urtheilsgründen wurde ausgeführt, daß die Gäste, wenn sie
gewußt hätten, daß sie keinen Deidesheimer oder Dürkheimer
und überhaupt nicht den anerkannt guten uud preiswürdigen
Wein aus dem Museumskeller erhalten, den Wein nicht genommen
oder den verlangten Preis nicht bezahlt hätten. Auch die
Museumsgesellschaft wurde geschädigt, da ihr der, wenn auch
bescheidene Gewinn aus der Regie entging. Auf die Berufung
des Angeklagten fällte heute die Strafkammer ein frei-
sprechendes Urtheil. Das Berufungsgericht nahm an, daß
alle Thatbestandsmomente des Betrugs vorliegen, ausgenommen,
daß der Angeklagte in der Absicht handelte, Jemanden zu be-
trügen. Er habe die inkriminirte Handlung lediglich deshalb
begangen, weil er sich damals in Folge Ausgebens seines
Flaschenweines in Verlegenheit befand, aus der er sich nicht in
angemessener Weise herausziehen konnte. Der Angeklagte habe
sich somit in einer Nothlage befunden.
A Kork, 16. April. Die Heil- und Pflegeanstalt
für epileptische Kinder, diese elendesten unter den Kranken,
hat während ihres nun 5jährigen Bestehens manchen Erfolg, aller-
dings auch manche Herde Erfahrung zu verzeichnen. Anfangs
waren es, der Absicht der Gründer entsprechend, nur Kinder,
welche dort liebevolle Pflege und ärztliche Behandlung fanden;
davon konnten bis jetzt 34 als geheilt oder doch wesentlich als
gebessert, entlassen werden. Eine größere Zahl aber mußte be-
halten werden, da sich ihr Zustand nicht oder doch nur in ge-
ringem Maße gebessert hatte und gar manche elternlos sind oder
so arme Eltern haben, die unmöglich für weitere Pflege und Be-
obachtung hätten sorgen können. Durch diese humane Rücksicht-
nahme, die eigentlich dem ursprünglichen Zweck der Anstalt zu-
widerläuft, blieben aber allmählich nur schwer Epileptische, zum
Theil Bildungsuufähige zurück, sodaß zur Zeit ein Viertel
der 49 Kranken zu Letzteren und die Hälfte zu Ersteren zu
zählen sind, während früher nur einige Bildungsunfähige sich
vorfanden. In der Weiterfolge wird sich das Verhältniß noch
ungünstiger gestalten, wenn die über 16jährigen nicht schonungs-
los fortgeschickt werden. Das kann aber unmöglich geschehen
und so hat sich der jüngst versammelte Aufsichtsrath dazu ent-
schlossen, die EWeiterung der Anstalt vorzuuehmen, um auch
künftig der gestellten Aufgabe, epileptische Kinder zu
pflegen uud zu heilen, gerecht werden zu können, ohne diejenigen,
die schon längere Zeit hier waren, aber keine Heilung oder so
ersprießliche Besserung fanden, schonungslos entfernen und ihrem
traurigen Schicksal überlassen zu müssen. Dieses gewiß von allen
Menschenfreunden zu billigende Vorhaben kostet aber viel Geld
und ohne die reichliche Unterstützung der Anstalt, die ja ganz aus
privaten Mitteln unterhalten wird und dem ganzen Lande
ihre Dienste anbietet, wird es nicht möglich sein. Durch vor-
stehende Zeilen möchten recht viele Freunde der Anstalt und ins-
besondere die Mitglieder der Nickelvereine zu thatkräftiger Unter-
stützung veranlaßt werden. Die armen Kranken verdienen nicht
nur unser Mitleid, sondern auch unsere Hilfe.
Rastatt, 15. April. Herr Bürgermeister Hardung hat laut
Bad. Beob. seinen Rücktritt dem Bezirksamt angezeigt. Herr
Hardung hat sein Amt erst voriges Jahr angetreten.
Kandern, 14. April. Bei heutiger Versteigerung der hiesigen
Apotheke erwarb solche zum Preise von 147000 Mark Herr
Franz Rodrian aus Heidelberg.
Konstanz. 14. April. Im Jahre 1861 schenkte Altstadtrath
Franz Lott der Stadt ein Juchart Neben im oberen Raiteberg
mit der Bestimmung, daß alljährlich zu Ostern der älteste
Bürger der Stadt drei Liter besten Weines aus dem
Spitalkeller bekomme. Diese Stiftung kam Heuer, nachdem Pri-
vatier Keppler todt ist, dem Wagner Peter Martin zugut, der,
86 Jahre alt, im Pfründnerhaus lebt. Derselbe erhielt drei
Flaschen feinen Ruländer, die dem alten Mann wohl munden
werden.
Vom Bodensee, 12. April. Die Konstanzer Zeitung schreibt:
Die Acetylen b e leuch tun g macht hier allenthalben gute
Fortschritte. Sie ist gewiß das Licht der Zukunft, einmal
wegen ihres prächtigen Lichtes, dann wegen ihrer Billigkeit
und ganz besondes wegen der ungemein einfachen Art der
Herstellung des Acetylens. Es empfiehlt sich diese Beleuch-
tung besonders für kleinere Fabriken, Gasthäuser, Anstalten,
auch zur billigen Staßenbeleuchtung. Das Gas ist ebenso
ungefährlich oder geiährlich, wie das Leuchtgas. Glänzende
Acetylenbeleuchtung sahen wir im Gasthaus zum „Adler"
in Hagenau; auch im „Wilden Mann" in Meersburg brennt
das Gas zu voller Zufriedenheit der Gäste. Wie wir hören,
soll auch das Seminar in Meersburg diese Art der Beleuch-
tung bekommen.
— (Dienstnachrichten.) Aus dem Bereiche der
Großh. Zollverwaltung. Roman Horn in Heidelberg
wurde die Stelle eines Grenzaufsehers in Biethingen übertragen.
— Aus dem Bereiche des Schulwesens. Die Stelle
als „erster Lehrer (Oberlehrer)" hat einzunehmeu an der Volks-
schule in Ziegelhauseu: Franz Schäffner, Hauptlehrer. —
Versetzt wurden: Friedrich Braun, Unterlehrer, von Nimburg
nach Untergimpern, A. Sinsheim, Jakob Feuerstein, Schul-
verwalter, von Neunkirchen nach Sandhaufen, A. Heidelberg,
Otto Küfer, Unterlehrer, von Untergimpern nach Kirchardt,
Amts Sinsheim, Otto Taufenbach, Schulkandidat, als
Unterlehrer nach Gauangelloch, Amts Heidelberg. — Aus
dem Bereiche der Großh. badischen Staats-
eisenbahnen. Versetzt wurden die Expeditionsgehtlfen:
Armin Kalbe in Eberbach nach Willingen, Ludwig Sch wem er
in Heidelberg nach Muggensturm, Eduard Schmitt in Meckes-
heim nach Pforzheim; die Kanzleigehilfen: Ignaz Trap old in
Heidelberg nach Karlsruhe, Karl Kirsch bet der Zentralverwal-
tung, nach Heidelberg; der Zeichengehilfe: Georg Hetting er
in Karlsruhe nach Eppingeu; der Schaffner: Ludwig Stauden-
gaier in Waldshut nach Heidelberg.

Kleine Zeitung.
— Wiesbaden, 15. April. Der geschäftsführende Ausschuß
des Kongresses für innere Medizin beschloß gestern, als nächsten
Kongreßort Karlsbad vorzuschlagen. Die Wahl dieses Ortes soll
eine Demonstration für die nationale Zusammengehörigkeit der
deutschen und österreichischen Kongreßmitglieder bedeuten.
— München, 15. April. Der hiesige Hofkapellmeister Strauß
wurde nach der Augsb. Abendztg. auf 10 Jahre nach Berlin
engagirt.
— Berlin, 14. April. In den Berl. Neuesten Nachr. liest
man, daß im Befinden des zu Weimar in der Pflege seiner
Schwester, Frau Elisabeth Foerster-Ntetzsche, lebenden geistes-
kranken Philosophen Friedrich Nietzsche in letzter Zeit eine
kleine Besserung eingetreten sei. Er lasse sich französische Ro-
mane vorlesen und folge dem Gange der Handlung mit ge-
spanntem Interesse. Auch mache er sich viel Bewegung, sodaß
die Aerzte eine günstige Wendung in seiner Krankheit
nicht für ausgeschlossen hielten. Nietzsche ist 53
Jahre alt.
— Berlin, 14. April. Eine heute morgen in der Hasenhatde
aufgefundene Leiche ist als die des 20jährigen Dienstmädchens
Eltse Günther festgestellt worden. Es handelt sich zweifel-
los um einen Lustmord. Von dem Mörder hat man bisher

keine sichere Spur. Das Polizeipräsidium hat auf seine Ent-
deckung eine Belohnung von 1000 Mk. gesetzt.
— Aus der Lüneburger Haide, 13. April. Zur besseren Er-
schließung der K i es e lg uhrl age r: (Infusorienerde) in den
Kreisen Celle und Uelzen hat jetzt die Grube „Wiechel" eine
Kleinbahn durch die Haide bis an die Landstraße Hermanns-
burg-Unterlüß legen lassen und wird nun die Infusorienerde, die
früher in einfachen Handkarren auf den sandigen tzaidewegen ge-
fördert werden mußte, mittelst Dampfkraft herausgcholt und rn
Kipplowren fortgeschafft. Die Kieselguhrlager steigen fortwährend
im Preise, man fordert jetzt 7000 pro Morgen und da einer
der Hofbesitzer dieses Striches 200 Morgen abbaufähiger Kiesel-
guhr besitzt, so hat diese kostbare Haideerde für ihn einen Werth
von 1400000 In Auermühle, Kreis Uelzen, ist kürzlich ein
neues Kiesguhrlager aufgefunden worden.
— Marseille, 13. April. Dem K ö n i g der B el g i e r, der
mit dem Schnellzug nach Paris abreiste, wurde am hiesigen
Bahnhof eine lederne Reisetasche mit Kleidungsstücken, Juwelen
und Ordenszeichen gestohlen.
— London, 12. April. Nach einer Meldung des Bureau
Dalziel ist in Heathfield in Kent eine Petroleumquelle
entdeckt worden, deren Oel ausgezeichnete Brenneigenschaften
haben soll.
Vermischtes.
— (R o t h e r S ch n e e.) Es wurde s. Zt. mitgetheilt.i daß
am 7. März auf dem Köuigstuhl rother bezw. gelber Schnee
gefallen sei. Weitere Nachforschungen haben, wie die Franks. Ztg-
mittheilt, ergeben, daß das Verbreitungsgebiet dieser Erscheinung
ein sehr großes gewesen ist. Der südlichste Punkt, an dem sw
beobachtet wurde, ist die Gegend zwischen Tarvis und Breth in
Süd-Kärnten. Dort lag der rothe Schnee 8 am hoch. Weiter
wurden Beobachtungen im Engadin gemacht, wo ein Schneesturin
aus Nordost den gelben Schneefall brachte. Am Main in Hanav
ging ein heftiger gelb gefärbter Regen nieder und färbte sännm-
liche Fensterscheiben gelb (Döring, Meyer). In Vogelsberg iN
fast allen Dörfern wurde bei einem Schneesturm aus nördlicher
Richtung die Gegend mit gelbem Schnee bedeckt (Wiegand). Am
Südhang des Winterberges, im Kreise Biedenkopf, wurde eben-
falls der Schneefall beobachtet, am 8. und 9. März lag iN
ca. 500 m Höhe überall gelber Schnee (Eckhardt). Aus deN
Harz liegen mehrere Nachrichten über den Schneefall vor: aus
Harzburg, Braunlage, Torfhaus, Oderbrück uud Zellerfeld. Die
gelbe Schneedecke wurde von Harzburg bis hinter Braunlage
über 30 km weit verfolgt (Otto). Am Torfhaus lag der gelN
Schnee strichweise in einer Breite von 17° km (Wendt). Aus
diesen Nachrichten geht hervor, daß die Erscheinung über weite
Länder hin beobachtet wurde. Bis jetzt läßt sich der gelbe
Schneefall auf einem großen Bogen von rund 900 km Länge
verfolgen. Es sind glücklicherweise von drei Orten Proben der
den Schnee färbenden Substanz vorhanden, aus Heidelberg-
Braunlage (Peters) und Zellerfeld (Just). Im Engadin find
ebenfalls Proben genommen worden. Auch ist Hoffnung vor-
handen, noch aus Kärnten von der Substanz zu erhalten. Es
ist also zu hoffen, daß die vergleichende Untersuchung den Ursprung
des gelben Staubes wird scharf kestimmeu können.
— Durch den deutschen Kronprinzen wurden zuw
Osterfeste die Doppelposten im Königlichen Schlosse zu Homburg
reich mit Ostereiern beschenkt. Der Kronprinz — wohl
wissend, daß Milttärposten keine Geschenke annehmen dürfen
plazirte die hübsch ausgestatteten Eier sichtbar in der Nähe dec
Soldaten mit dem Hinweise, diese bei der Ablösung an sich Zn
nehmen, welchem Anerbieten natürlich auch freudig Folge ge-
leistet wurde.
— (Bedenklich.) Direktor einer Lebensversicherung: „Be-
vor ich Ihnen die Versicherungssumme anszahle, müssen Sie nur
einen TodtenscheinIhres Mannes beibringen." — Witlwe: „Mit
Vergnügen, Herr Direktor!"

Theater- und Kunst-NachrLchren.
Mannheim. (Großh. Hof- u. Nationaltheater.) Die JutendeM
theilt mit: Wegen Heiserkeit des Herrn Krug kann die fiw
Sonntag angekündigte Vorstellung „Die Hugenotten" nicht sta»-
sinden. Daiür gelangt die Oper „Der Freischütz" zur Das°
stelluug- Infolge Unpäßlichkeit des Fräulein Wittels muß dw
für Montag, den 18. April, angesetzte Erstaufführung des Dranm-
„Einsame Menschen" verschoben werden. , ,
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) Im Hoftheater in Karlsruhe'
Sonntag, 17. April: „Lohengrin." Montag, 18. April: „OrpPNf,
und Eurydike." Dienstag, 19. April: „Im weißen Rössel.
Donnerstag, 21. April: „Coriolan," Freitag, 22. April:
und Zimmermann." Samstag, 23. April: „Julius Cäsar."
Im Theater in Baden: Mittwoch, 20. April: „Sappho."

Handet und Berkehr.
Mannheim, 15. April. (Aktien.) Rheinische CreditbaN
140.50 G. Rheinische Hypothekenbank 170.50 G. Oberrheinisch^
Bank 127.— G. Heidelberger Aktienbrauerei 140.— B. Schrot"'
sche Brauerei-Aktien 142.— G. Portland-Cementwerk Heidelberg
172.50 G. Mannheimer Bank 135.20 B. Badische AnM»'
und Sodafabrik 440.— B. Westerregel Alkali-Werke StaE
190.— B. Verein deutscher Oelfabriken 107.— G. Waghäusl?
Zuckerfabrik 50.20 G. Mannheimer Zuckerraffinerie 112.-^
Mannheimer Aktienbrauerei 176.50 G. Eichbaum - Bravere.
177.— G. Braueref zum Storchen 109.50 G. Bayr. Brauet
Schwarz 109.50 G. Brauerei Sinner 250.— B. 248.— G. Bnf-
Brauerei Stamm 82.- B., dto. Vorzugs 138.— B. Ganter-
Brauerei Freiburg 123.— G. .,
Frankfurt, 15. April. Effektensocietät. 67. Uhr Abends-
Oesterr. Lredckaktien 3007»— 7, b. Disconto-Kommandit 197.60 '
Nationalbank für Deutschland 145.60 b. Berliner Handels'
gesellschaft 160.30 B. 20 G. Darmstädter Bank 159.30 b. tSS.W
b. cpt. Deutsche Bank 197.50 b. Banque Ottomane 106.70 w-
60 G. Badische Bank 121.20 b. G- Oesterr.-Uvgar. Staatsbnd
2947« b. Lombarden 647. b. G. 'Northern 59.50—70 b. Sp-E
45 Proz. Türken C. 24.45 b- 47,proz. Argentinier äußere 50"
65.50 etw. b. G. 6proz. Mexikaner 95—5.20 b., 3proz. dst:
23.80—90 b. Schuckert 255.10 B. 255 G. Bad. ZuckerfE.
50 b. G. Gelsenkirchen 178.50 b. Harpener 178.80 B. 70
Hibernia 188.40 B. 30 G. Bochumer 208 40 b. G. AllE
Lokal- u. Straßenbahn 218.25 b. Gotthard-Aktien 146.90
147.10 b. Schweizer Central 137.10-50 b. G. Schweizer Nor°U
99.90—100.20 b. Schweizer Union 74.10 b. Jura-Simplon 81-
b. G. 5proz. Italiener 92 b. ult.
67«—67g Uhr: Nothern 59.80.
Bei ruhigem Verkehr erfuhren die Kurse fast allgemeine w"
festigung, namentlich waren Montanwerthe gebessert. ,
Berlin, 15. April. Heidelberger Straßen- und BergbÄ
gesellschaft 159.25 G.
Wiesloch, 15. April. Der heutige Schweinemarkt w
mit 24 Stück Milchschweinen beschickt. Preis für das PN
28 bis 30
Eberbach, 14. April. Dem heute dahier abgehaltenen Schwel »
markt wurden zugeführt: 62 Ferkel und 30 Läufer; verra N
wurden 20 Stück Ferkel, das Stück zu 13 sowie 8 St
Läufer, das Stück zu 20
Heidelberg, 16. April. (Marktpreise.) Heu per Cent
6.20 bis 6.40, Korn-Stroh per Ctr. 3.— bis 3.20, E,
5.00 bis 0.00, Kartoffel per Centuer 3.80 bis 4.—, Z« L
kartoffeln per Ctr. 5 - bis 5.20, per Pfd. 5 bis 6
in Ballen 1.15 bis 1.20, in Pfund 1.25 bis 1.30, SpE"
per Pfund 2.—, Zwiebeln per Pfund 10 bis 18 KN°
lauch 30 bis 35 Bohnen per Pfund 2.—, Gelbru
6 bis 7 Rosenkohl 30 bis 35 Schwarzwurzeln 25 .
40 Eier per Stück 5 bis 7 per Hundert 4.80 bis o.
Nüsse per Hundert 40 bis 50 Spfnat per Pfund, 10
 
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