I. DIE ANTIQUARISCHEN WERKE ZUR NUMISMATIK
Die Beschäftigung mit Münzbildern beginnt im
14. Jahrhundert parallel mit der Erschließung an-
tiker Texte. So fügt Giovanni Mansionario in sei-
ner Historia imperialis (um 1320) Zeichnungen mit
Profilansichten römischer Kaiserporträts bei,1 und
das Interesse Francesco Petrarcas (1304-1374) an
den Münzen galt besonders diesen Porträt-
darstellungen der Kaiser, denn die Münzen boten
den leichtesten Zugang zu deren Ikonographie: Sie
ließen sich einigermaßen sicher datieren und er-
möglichten, da stets der Name der abgebildeten
Person verzeichnet war, eine sichere Identifikation
des Dargestellten. Daher schickte Petrarca einige
Kaisermünzen an Karl IV., um ihm anhand der
Kaiserbildnisse auf den Münzen Ratschläge für
seinen Regierungsstil zu erteilen.2 Die Münzen gal-
ten als exemplum virtutis bzw. magistra vitae.
Petrarca benutzte sie aber auch schon als histori-
sche Dokumente, wenn er feststellt, daß der
Augusta-Titel der Kaiserin Faustina sowohl in der
Historia augusta als auch auf Goldmünzen über-
liefert ist und die Münzlegenden ihrer Tochter,
Faustina d. J., länger sind.3 Es kam vermehrt der
Wunsch auf, die Bildnisse der römischen Herr-
scher und anderer berühmter Persönlichkeiten
möglichst im Original zu besitzen, gleichsam als
Bildnisgalerie aus Metall. Deshalb nahm das
Interesse an Münzen zu, was sich während des 16.
Jahrhunderts in einer Reihe von Veröffent-
lichungen niederschlug,4 die sich in drei Typen ein-
teilen lassen:5 die metrologischen Studien, die
Bildnisvitenbücher und die wissenschaftlich-klas-
sifizierenden Werke des dritten Typus.
Die zunächst zu nennenden metrologischen
Studien widmen sich, nur auf philologischer
Grundlage, der Erforschung der antiken Maß-,
Gewichts- und Wertverhältnisse und der Wert-
bestimmung antiken Geldes in Relation zum da-
maligen. Weiterhin befassen sie sich mit dem
Beginn der Münzprägung und dem Gebrauch der
Münzen und legen damit die Grundlage für die
weiteren numismatischen Studien.6 Die bekann-
teste Publikation ist das 1514 verfaßte fünfbändige
Werk des Doktors der Medizin Guillaume Bude
(tätig 1514-1553) De ässe etpartibus. Darin hat er
die für die numismatischen Untersuchungen rele-
vanten Textquellen umfassend erschlossen. Die zu
diesem Typus zählenden Werke enthalten u. a. auf-
grund ihrer Forschungsrichtung keine Ab-
bildungen und werden daher hier nicht erörtert.
1. Die Bildnisvitenbilcher
Die ikonographischen Münzwerke, auch
Kaiserreihen- oder Bildnisvitenbücher genannt,
stellen den zweiten Typus dar. Die Porträts in die-
sen Werken haben zwei Funktionen: Zum einen
verkörpern sie die virtus Romana - daher werden
zu den Münzporträts meist kurze biographische
Anmerkungen gegeben, denn die Dargestellten
galten als exempla virtutis7 -, zum anderen vertre-
ten sie die einzelnen Epochen der Ereignis-
geschichte, d. h. das einzelne Porträt illustrierte die
res gestae des dargestellten Kaisers. Die Aneinan-
derreihung solcher Porträts verwies auf den Gang
der Ereignisgeschichte. Die Ausprägung dieses
Typus geschieht im 14. Jahrhundert in Italien. Die
Tradition der Kaiserreihen auf Grundlage antiker
Münzen läßt sich auf Petrarcas De viris illustnbus
zurückführen.8 Die Averse antiker Münzen die-
nen hier als Illustration von Charakterbe-
schreibungen, die sich an dem Viten-Schema
Suetons orientieren (Abb. 1). Diese Publikationen
zielten auf ein breitgefächertes Publikum aus
Antiquaren, Künstlern, Gelehrten und humani-
stisch interessierten Laien.9
Das erste gedruckte Werk dieses Typus sind die
1517 erschienenen Illustrium imagines impera-
torum et illustrium virorum vultus ex antiquis nu-
mismatibus expressis (Abb. 2) des römischen
Antiquars Andrea Fulvio (1470-1527), die vor-
bildlich wurden für diesen Literaturzweig der
Renaissance.10 Die Münzaverse mit den Kaiser-
bildern sind in sehr groben Holzschnitten und in
einheitlicher Größe wiedergegeben, die Legenden
häufig ungenau.11 Die Porträts sind als Medaillons
in eine Aussparung der Texttafel eingelassen, die
von Ornamentik gerahmt wird; mitunter flankie-
ren Putti die Texttafeln oder stützen sie, oder de-
korative Motive wie Grotesken, Blattmasken,
Greifen und Löwenmasken umgeben den Text.
Antiquarische Werke zur Numismatik 19
Die Beschäftigung mit Münzbildern beginnt im
14. Jahrhundert parallel mit der Erschließung an-
tiker Texte. So fügt Giovanni Mansionario in sei-
ner Historia imperialis (um 1320) Zeichnungen mit
Profilansichten römischer Kaiserporträts bei,1 und
das Interesse Francesco Petrarcas (1304-1374) an
den Münzen galt besonders diesen Porträt-
darstellungen der Kaiser, denn die Münzen boten
den leichtesten Zugang zu deren Ikonographie: Sie
ließen sich einigermaßen sicher datieren und er-
möglichten, da stets der Name der abgebildeten
Person verzeichnet war, eine sichere Identifikation
des Dargestellten. Daher schickte Petrarca einige
Kaisermünzen an Karl IV., um ihm anhand der
Kaiserbildnisse auf den Münzen Ratschläge für
seinen Regierungsstil zu erteilen.2 Die Münzen gal-
ten als exemplum virtutis bzw. magistra vitae.
Petrarca benutzte sie aber auch schon als histori-
sche Dokumente, wenn er feststellt, daß der
Augusta-Titel der Kaiserin Faustina sowohl in der
Historia augusta als auch auf Goldmünzen über-
liefert ist und die Münzlegenden ihrer Tochter,
Faustina d. J., länger sind.3 Es kam vermehrt der
Wunsch auf, die Bildnisse der römischen Herr-
scher und anderer berühmter Persönlichkeiten
möglichst im Original zu besitzen, gleichsam als
Bildnisgalerie aus Metall. Deshalb nahm das
Interesse an Münzen zu, was sich während des 16.
Jahrhunderts in einer Reihe von Veröffent-
lichungen niederschlug,4 die sich in drei Typen ein-
teilen lassen:5 die metrologischen Studien, die
Bildnisvitenbücher und die wissenschaftlich-klas-
sifizierenden Werke des dritten Typus.
Die zunächst zu nennenden metrologischen
Studien widmen sich, nur auf philologischer
Grundlage, der Erforschung der antiken Maß-,
Gewichts- und Wertverhältnisse und der Wert-
bestimmung antiken Geldes in Relation zum da-
maligen. Weiterhin befassen sie sich mit dem
Beginn der Münzprägung und dem Gebrauch der
Münzen und legen damit die Grundlage für die
weiteren numismatischen Studien.6 Die bekann-
teste Publikation ist das 1514 verfaßte fünfbändige
Werk des Doktors der Medizin Guillaume Bude
(tätig 1514-1553) De ässe etpartibus. Darin hat er
die für die numismatischen Untersuchungen rele-
vanten Textquellen umfassend erschlossen. Die zu
diesem Typus zählenden Werke enthalten u. a. auf-
grund ihrer Forschungsrichtung keine Ab-
bildungen und werden daher hier nicht erörtert.
1. Die Bildnisvitenbilcher
Die ikonographischen Münzwerke, auch
Kaiserreihen- oder Bildnisvitenbücher genannt,
stellen den zweiten Typus dar. Die Porträts in die-
sen Werken haben zwei Funktionen: Zum einen
verkörpern sie die virtus Romana - daher werden
zu den Münzporträts meist kurze biographische
Anmerkungen gegeben, denn die Dargestellten
galten als exempla virtutis7 -, zum anderen vertre-
ten sie die einzelnen Epochen der Ereignis-
geschichte, d. h. das einzelne Porträt illustrierte die
res gestae des dargestellten Kaisers. Die Aneinan-
derreihung solcher Porträts verwies auf den Gang
der Ereignisgeschichte. Die Ausprägung dieses
Typus geschieht im 14. Jahrhundert in Italien. Die
Tradition der Kaiserreihen auf Grundlage antiker
Münzen läßt sich auf Petrarcas De viris illustnbus
zurückführen.8 Die Averse antiker Münzen die-
nen hier als Illustration von Charakterbe-
schreibungen, die sich an dem Viten-Schema
Suetons orientieren (Abb. 1). Diese Publikationen
zielten auf ein breitgefächertes Publikum aus
Antiquaren, Künstlern, Gelehrten und humani-
stisch interessierten Laien.9
Das erste gedruckte Werk dieses Typus sind die
1517 erschienenen Illustrium imagines impera-
torum et illustrium virorum vultus ex antiquis nu-
mismatibus expressis (Abb. 2) des römischen
Antiquars Andrea Fulvio (1470-1527), die vor-
bildlich wurden für diesen Literaturzweig der
Renaissance.10 Die Münzaverse mit den Kaiser-
bildern sind in sehr groben Holzschnitten und in
einheitlicher Größe wiedergegeben, die Legenden
häufig ungenau.11 Die Porträts sind als Medaillons
in eine Aussparung der Texttafel eingelassen, die
von Ornamentik gerahmt wird; mitunter flankie-
ren Putti die Texttafeln oder stützen sie, oder de-
korative Motive wie Grotesken, Blattmasken,
Greifen und Löwenmasken umgeben den Text.
Antiquarische Werke zur Numismatik 19