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IV» RÖMISCHE VEDUTEN IN ANTIQUARISCHEN WERKEN

Druckgraphische Wiedergaben identifizierbarer
antiker architektonischer Monumente finden sich
noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts sehr selten.1
Als Hintergrundstaffage von religiösen und my-
thologischen Szenen dagegen erscheinen sie, zu-
meist phantastisch rekonstruiert, häufiger.2 In bei-
den Fällen waren weder topographische noch ar-
chäologische Genauigkeit von Interesse, und die
Erstellung der Druckvorlage war nicht an das
Studium und die Kenntnis der reproduzierten
Monumente gebunden. Der über die markante
Form zitierbare symbolische Gehalt, der den an-
tiken Monumenten zugeschrieben wurde, sowie
die damit verbundene Nobilitierung der darge-
stellten Szene war von größerer Bedeutung als die
genaue Darstellung der architektonischen
Struktur.3 Nach dem »sacco di Roma« im Jahr
1527 entwickelte sich ein neuer Kunst- bzw.
Gewerbezweig:4 die Stiche mit Abbildungen
Roms5 für Romreisende. Die Illustrationen in
Marlianos Urbis Romae topographia gehören da-
nach zu den ersten Versuchen, antike Bildwerke
im Druck darzustellen.6 Es handelt sich dabei
aber nicht um Rom-Veduten, sondern um
Abbildungen einiger hervorragender architekto-
nischer und statuarischer Monumente, wie z. B.
des Septimius-Severus-Bogens oder des Laokoon,
die aber nicht in einem Bezug zum Text stehen.
Möglicherweise jedoch haben diese Abbildungen
die großen Druckwerke zu antiken Statuen und
Monumenten angeregt, denn Marliano hatte
Kontakt mit dem Kupferstecher und Verleger
Antonio Salamanca (um 1500-1562), der als er-
ster systematisch Stiche mit Abbildungen römi-
scher Altertümer zu veröffentlichen begann.7 Seit
Mitte der dreißiger Jahre vertrieb dieser Stiche
des Kupferstechers und Erfinders des Repro-
duktionsstiches Marcantonio Raimondi8 (um
1480-1530/34), und zwar hauptsächlich Darstel-
lungen von antiken Skulpturen.9 Sein Name er-
scheint seit 1538 häufiger auf Stichen, wie bei-
spielsweise auf Ansichten der Porta Maggiore,
des Pantheons oder des Kolosseums.10 Etwa zu
dieser Zeit kam auch der Verleger und Drucker
Antoine Lafrery (1512-1577) nach Rom, dessen
erste Stiche aus dem Jahr 1544 überliefert sind

(Abb. 65). Deren Themen - Historia sacra, klas-
sische Mythologie und die Altertümer Roms -
wiesen bereits deutlich die Richtung auf, die er
seinem Verlag schließlich gab.11 Seine Ansicht der
Trajanssäule zur damaligen Zeit ist der Nachstich
einer Darstellung, die schon zuvor in dem Verlag
von Salamanca erschienen war, wie auch eine
nicht unerhebliche Anzahl seiner weiteren, zwi-
schen 1544 und 1553 erschienenen Drucke.12
Lafrery hatte großen Erfolg mit seinen Drucken,
u. a. wohl auch, weil er auf die Einheitlichkeit des
Formats und der Ausführung achtete. Durch die-
sen Erfolg angespornt, erschienen jetzt auch
Stiche nach Zeichnungen, die er neu anfertigen
ließ.13 Aus dieser Zeit sind keine Stiche aus
Salamancas Verlag bekannt,14 so daß vermutet
worden ist, er habe in einem Konkurrenzkampf
mit Lafrery gestanden und sei unterlegen.15 Aus
diesem Grund habe er dann mit Lafrery einen
Vertrag geschlossen, der jedem der beiden ge-
stattete, Druckplatten des anderen zu benutzen.
Als Salamanca 1562 starb, wurde der Verlag von
seinem Sohn Francesco weitergeführt, was
Lafrery 1563 veranlaßte, den zehn Jahre zuvor
geschlossenen Vertrag zu lösen.16 Zu dieser Zeit
war schon Enea Vico für Lafrery tätig,17 eventu-
ell auch schon Etienne Du Perac, mit dem er 1577
einen Romplan publizierte. Ferner übernahm
Lafrery eine Reihe von Stichen, die nach
Zeichnungen von Pirro Ligorio entstanden sind.18
Bis 1573 war Lafrery sehr bemüht, die Serie
seiner archäologischen Abbildungen durch eigene
Stiche zu erweitern.19 Ab Mitte der sechziger
Jahre begann Lafrery, die wichtigsten Drucke un-
terschiedlichster Art in einem Band unter dem
Titel Speculum Romanae magnificentiae2Q zu-
sammenzufassen, einem gedruckten Pantheon der
antiken Kunst. Eine erste Edition soll nur die von
ihm signierten Stiche enthalten haben.21 In einer
Verkaufsliste von Lafrerys Druckerei aus dem
Jahre 157322 sind mehr als 500 Blätter, 19 Bücher
und zahlreiche Drucksammlungen enthalten. In
der Einleitung erklärt Lafrery, daß die vollstän-
dige Liste unterteilt sei in die Sachgebiete
Geographie, Altertümer, Künstlerphantasien,
Altes und Neues Testament, Porträts und Medail-

Römische Veduten in antiquarischen Werken 79
 
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