Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
meinsam mit Baldassare Castiglione um 151913 ei-
nen »Brief« an den Papst geschrieben hat,14 worin
er dieses erläutert. Es war vorgesehen, einen topo-
graphischen Gesamtplan des antiken Rom nach den
14 Regionen von Publius Victor zu entwerfen und
zeichnerische Rekonstruktionen von sämtlichen ar-
chitektonischen Monumenten in Grund- und
Aufriß aufzunehmen. Dazu wurden Ausgrabungen
unternommen und die Ruinen mit den Berichten in
den antiken literarischen Quellen verglichen.15
Weiterhin enthielt der Brief Anregungen zur
Bewahrung der antiken Denkmäler und erwähnt be-
reits vorhandene Vorstudien, auf die sich das Projekt
stützt.16 Mit dem Tod Raffaels und Leo X. 1521
wurde das Vorhaben aufgegeben. Andrea Fulvio
konnte dabei aber Vorarbeiten für seinen Romführer
leisten; sein Text beruht auf gemeinsam mit Raffael
unternommenen Forschungen im Rahmen dieses
Projektes, wie er in der Widmung an Clemens VII.
schreibt.17 Das Werk erschien schließlich 1527 un-
ter dem Titel Antiquitates urbis.
Fulvio strebt nach Klarheit und Übersichtlich-
keit: Nach einer kurzen Einleitung über die
Gründung Roms zählt er, abweichend von den
Mirabilia, die Tore und Straßen der Stadt auf und
fügt eine Zusammenfassung des Publius Victor zu-
geschriebenen Werkes über die 14 Regionen Roms
hinzu. Im zweiten Buch behandelt er die sieben
Hügel Roms und den Vatikan, das dritte beschäftigt
sich mit den Tiberbrücken, den Aquädukten,
Thermen, Kloaken und den Foren. Das vierte Buch
handelt von den Triumphbögen, Theatern, Zirkus-
anlagen, Portiken und einigen herausragenden
Monumenten; das fünfte schließlich zählt die Tempel
sowie antike und frühchristliche Basiliken auf. An
diesem Schema orientierten sich in mehr oder min-
der abgewandelter Form alle zukünftigen Rombe-
schreibungen. Die Monumente werden von Fulvio
lokalisiert und beschrieben, aber - wohl aus techni-
schen Gründen18 - noch nicht abgebildet. Die
Beschreibungen verbinden Nachrichten aus den an-
tiken Quellen mit zeitgenössischen Überlegungen
über den Zustand der Bauwerke. So entsteht ein an-
schauliches Bild der antiken Monumente. Die
Beschreibung etwa des Tempels des Jupiter Optimus
Maximus beruht auf Livius, Plutarch und Tacitus
und auch auf Münzdarstellungen,19 aber noch nicht
auf Ausgrabungen.

Zwei Monate nach der Veröffentlichung von
Fulvios Antiquitates, im April 1527, erschien des
Marco Fabio Calvo (um 1450-1527) Darstellung
Antiquae urbis Romae cum regionibus simulachrum.
Wie Fulvio hat Calvo ebenfalls am Projekt Raffaels
mitgewirkt. Sein Werk, dessen erste Auflage fast voll-
ständig der Plünderung beim »sacco di Roma« zum
Opfer gefallen ist, dürfte wohl unabhängig von
Raffaels Unternehmen entstanden sein und keinen
Eindruck von diesem überliefern.20 Es enthält 24
Holzstiche und nur einen kurzen Text, seine Pläne
zeigen die urbane Entwicklung der antiken Stadt.21
Calvos »Roma quadrata« des Romulus war rhom-
bisch, von Mauern umgeben, vier Regionen umfas-
send, nämlich Esquilin, Palatin, Aventin und Kapitol.
Er bildet hier die antiken Historiker »buchstaben-
genau« ab. Die nachfolgende Karte (Abb. 38), die
die Stadt zur Zeit des Servius Tullius, des sechsten
Königs von Rom, zeigt, ist oktogonal, was den acht
Regionen entsprechen soll. Darin sind alle sieben
Hügel Roms einbezogen. Zwei Stadttore tragen fik-
tive Namen: Porta Quirinalis und Porta Tarpeia.
Ein grober Fehler ist der Umbilicus Urbis in Form
einer Triumphsäule, der wohl nach einem Münzbild
rekonstruiert wurde. Das wirkliche Monument -
ein zylindrisch geformter Ziegelbau -, das den geo-
metrischen Mittelpunkt der Stadt Rom markierte,
wat* nördlich der Rostra auf dem Forum Romanum
errichtet worden, und zwar im letzten Viertel des
zweiten vorchristlichen Jahrhunderts.22
Die Stadt unter Augustus (Abb. 39) stellt Calvo
als Kreis dar, in 16 gleich große Segmente - die 16
Regionen - unterteilt. Er fügt zwei fiktive Regionen
hinzu, nämlich die Vaticana und den Campus
Martins Maior. Im Zentrum steht das Miliarium
Aureum, 20 v. Chr. von Augustus auf dem Forum
Romanum errichtet, das den Beginn aller Straßen
des Reiches bezeichnete. Seine endgültige Form er-
reicht Rom bei Calvo zur Zeit Plinius des Alteren
mit 34 Toren (Abb. 40). Wie schon in den vorher-
gehenden Karten wird eine Reihe von Monumenten
nach kaiserzeitlichen Münzen dargestellt, z. B. die
Domus Aurea, das Templum Apollinis auf dem
Palatin, Trajans Hafen in Ostia oder das Kolosseum.
Der erste Teil des Simulachrum schließt mit einem
Blick aus der Vogelperspektive auf den Palatin.
Danach folgen einzelne Darstellungen der 14
Regionen nach der Publius Victor zugewiesenen
Antiquarische Werke zur Topographie 53
 
Annotationen